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Bad Neustadt
Samstagsbrief: Sie müssen doch nicht mit 67 in Rente, Herr Landrat Habermann - und das ist auch gut so!
Die Altersgrenze für hauptamtliche Kommunalpolitiker in Bayern soll fallen. Höchste Zeit, meint unser Autor. Für den Rhöner Landrat könnte das Folgen haben.
Thomas Habermann ist seit 2003 Landrat des Rhön-Grabfeld-Kreises. Bei der nächsten Wahl wäre der CSU-Politiker 69 Jahre alt – und könnte nach dem jüngsten Beschluss des bayerischen Kabinetts noch einmal antreten.
Foto: Daniel Peter | Thomas Habermann ist seit 2003 Landrat des Rhön-Grabfeld-Kreises. Bei der nächsten Wahl wäre der CSU-Politiker 69 Jahre alt – und könnte nach dem jüngsten Beschluss des bayerischen Kabinetts noch einmal antreten.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 15.07.2024 11:25 Uhr

Sehr geehrter Herr Landrat Habermann,

wahrscheinlich sind Sie überrascht, dass Sie heute Post bekommen – wo Sie das Thema, dessentwegen ich Ihnen schreibe, doch eigentlich gar nichts mehr angeht.

Wenn das nächste Mal im Landkreis Rhön-Grabfeld gewählt wird, sind Sie 69. Und Sie haben erst dieser Tage erklärt, dass Sie nicht noch einmal kandidieren werden. Neu ist, dass Sie nach dem jüngsten Beschluss des bayerischen Kabinetts noch einmal kandidieren dürften. Bislang war ja mit 67 Schluss, so wollte es das Kommunalwahlrecht.

Aber mal ehrlich, Herr Habermann, war diese Obergrenze je sinnvoll?

Konrad Adenauer wurde mit 73 Jahren Kanzler – und blieb es bis 87. Mit Pragmatismus und Weitsicht verhalf er Deutschland nach dem verlorenen Krieg zu Frieden und Freiheit. US-Präsident Joe Biden ist gerade 80 geworden und steht einer Weltmacht vor – ein Greis, und doch macht dieser alte Mann in diesen Tagen große Politik. Dass er im nächsten Jahr noch einmal zur Wahl antritt, gilt mittlerweile als sicher.

Ein flottes Zitat, ein launiges Bonmot – dafür ist der Rhöner Landrat Thomas Habermann immer zu haben.
Foto: Stefan Kritzer | Ein flottes Zitat, ein launiges Bonmot – dafür ist der Rhöner Landrat Thomas Habermann immer zu haben.

Wie finden Sie vor diesem Hintergrund, dass man in Bayern Politikerinnen und Politiker auf dem Land bislang mit 67 in Rente schickte, ob sie denn wollten oder nicht?

Man sagte mir, Sie seien ein Schelm und im Zweifel um keinen Spruch verlegen. Legendär Ihre Wutrede während der Corona-Pandemie auf das Versagen des Staates, gipfelnd in den Sätzen: "Wir stehen in den Impfzentren bereit und müssen Däumchen drehen. Aber die Minister besuchen eine Talksendung nach der anderen, um eine Show abzuziehen. Wenn ich Kanzler wäre, würde ich meinen Ministern solche hochbezahlten Shows verbieten."

Ach, Herr Habermann, ich wünschte, wir hätten heute mehr Politiker, die Klartext sprechen und sich nicht hinter irgendwelchen Floskeln und Phrasen verstecken. Den Kollegen der "Süddeutschen Zeitung", auch das wurde mir zugetragen, sollen Sie regelmäßig als Sparringspartner dienen, wenn die gerade mal wieder ein flottes Landrat-Zitat oder ein launiges Bonmot brauchen. Wer sagt mir also, dass Ihre Ankündigung, 2026 als Landrat aufzuhören, nicht ein bisschen Koketterie war?

Wer 67 oder älter war, wurde im Zweifel in den Landtag abgeschoben 

Ich habe Sie gegoogelt, wie man das heute so macht, wenn man mehr über jemanden erfahren will. Zu Ihrem 60. Geburtstag sagten Sie, Sie fühlten sich wie Ende 30. Zu Ihrem 65. sagten Sie, Sie fühlten sich wie ein Endvierziger. Fit genug also, um noch einmal eine Amtszeit draufzupacken.

Vielleicht standen Sie ja sogar Pate für den Beschluss der Staatsregierung, die Altersgrenze jetzt aufzuheben? Ich habe nie verstanden, warum man nebenamtlichen Bürgermeistern zutraut, bis über 80 im Amt zu bleiben, und bei hauptamtlichen mit 67 Schluss sein soll, nur weil sie vor dem Gesetz als Beamte gelten. Aber wenn ich Sie richtig verstanden habe, sehen Sie es ähnlich. Sie gehen sogar noch einen Schritt weiter: Wer mit 67 als Landrat oder Oberbürgermeister ausscheidet, könne danach immer noch in den Landtag. Als komme es dort nicht so sehr darauf an.

Wissen Sie, Herr Habermann, ich mag Leute, die sich und Ihre Fähigkeiten richtig einschätzen und die wissen, wann es Zeit ist zu gehen. Diesen Zeitpunkt sollten sie aber schon selbst bestimmen und sich nicht von einer längst überholten Altersgrenze diktieren lassen. In einer Demokratie regelt sich das doch ohnehin von selbst. Wenn die Menschen jemanden nicht mehr wollen, können sie ihr Kreuzchen anderswo machen.

Ein Bürgermeister, eine Landrätin wird schließlich nicht für Leistungen gewählt, die hinter ihnen liegen, sondern für das, was man sich in der Zukunft von ihnen erhofft. Zugleich – korrigieren Sie mich – wird es auf dem Land immer schwieriger, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zu finden. Selbst hauptamtliche, die es in Bayern schon in Kommunen mit 5000 oder gar nur 1000 Einwohnern gibt.

Für den Fußballtrainer Otto Rehhagel gab es kein Alt und Jung

Ein berühmter Fußballtrainer – ich glaube, es war Otto Rehhagel – sagte in seiner kauzigen Art einmal, auf dem Fußballplatz gebe es keine alten und jungen Spieler. Es gebe nur gute und schlechte. So ist es in den Rathäusern und Landratsämtern auch.

Alter ist ohnehin relativ. Es gibt 70-Jährige, die im Kopf agiler, beweglicher und letztlich jünger sind als andere mit 30. Alter sollte nicht das entscheidende Kriterium sein, sondern der Biss und der Schmiss, der Elan und das Können. Also, Herr Habermann, vielleicht überlegen Sie es sich ja doch noch einmal. Für die Jagd und fürs Wurstmachen bleibt Ihnen auch so genug Zeit. Vielleicht hängen Sie ja noch eine Periode dran. Was tun sonst mit all den Rentenjahren?

Mit herzlichen Grüßen

Eike Lenz, Redakteur

Persönliche Post: der Samstagsbrief

Jedes Wochenende lesen Sie unseren "Samstagsbrief". Das ist ein offener Brief, den eine Redakteurin oder ein Redakteur unserer Zeitung an eine reale Person schreibt – und tatsächlich auch verschickt. An eine Person des öffentlichen Lebens, die zuletzt Schlagzeilen machte. An jemanden, dem wir etwas zu sagen haben. An einen Menschen aus der Region, der bewegt hat und bewegt. Vielleicht auch mal an eine Institution oder an ein Unternehmen. Oder ausnahmsweise an eine fiktive Figur. Persönlich, direkt und pointiert formuliert soll der "Samstagsbrief" sein. Mal emotional, mal scharfzüngig, mal mit deutlichen Worten, mal launig – und immer mit Freude an der Kontroverse. Der "Samstagsbrief" ist unsere Einladung zur Debatte und zum Austausch. Im Idealfall bekommen wir von der Adressatin oder dem Adressaten Post zurück. Die Antwort finden Sie dann bei allen "Samstagsbriefen" hier. Und vielleicht bietet sie auch Anlass für weitere Berichterstattung.
Quelle: MP
 
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  • G. H.
    Hallo Thomas. Mach einfach weiter. Wenn Du so alt wirst wie Dein Vater hast Du immer noch 30 Jahre!
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  • G. Z.
    Er hat versprochen, dass zeitnah in wenigen Jahren -letztes Jahr waren es fünf- das Grabfeld mit Trinkwasser aus Oberfranken versorgt wird. Keiner weiß wie es bezahlt werden soll und eine konkrete Bauplanung gibt es auch nicht. Aber es gibt das Versprechen: zeitnah in vier? Das "rote" Trinkwasser aus dem nahen Thüringen will er nicht. Halb so weit weg, halb so aufwendig und die halben Kosten: wäre also schneller zu machen. Will er aber nicht. Kandidieren, würde man sehen, dass das ein "Versprecher" war. Jeden Sommer, wenn es kein Wasser im Grabfeld gibt und sich die Leute ihr Wasser wieder privat mit Tanklastzug aus Thüringen kommen lassen, würde man ihm das vorhalten. Vom ersten Tag seiner Wiederwahl, bis zum letzten Tag. Hört er auf, dann waren es die anderen. Der Nachfolger hat halt nix fertig gebracht. Dabei müsst er jetzt die Weichen stellen. Vertane Zeit. Vielleicht sollte er jetzt schon zurücktreten. Midlife crisis beim gefühlten Endvierziger oder Koketterie eines Politprofis!?
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  • H. E.
    Was wollen Sie auf den Brief mit Ihrer Antwort aussagen?
    Ihre Themen sind ein Abarbeiten...
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  • G. Z.
    @ Mic_Ro - "Themen sind am Abarbeiten?": Tja ich seh wie das Trinkwasserthema im Grabfeld abgearbeitet wird: nach dem letzten Bericht über die Kreistagsberatungen ist kein Cent im Kreistagshaushalt für die Trinkwasserproblematik im Kreistag vorgesehen...vielleicht unter "ferner liefen" oder die MP hats nicht erwähnt?
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  • P. S.
    Ich würde mich freuen, wenn Herr Habermann noch lange Landrat im Landkreis Rhön-Grabfeld bleibt.

    Denn wenn alle Bürgermeister, Landräte, Landtags- und Bundestagsabgeordneten und Ministerpräsidenten ihr Am so ausüben würden wie Thomas Habermann, dann wäre schon viel gewonnen in Deutschland.

    Der selbstherrliche Sonnenkönig Markus Söder sollte bei seinen "Parteifreund "Thomas Habermann mal ein Jahr lang in die Schule gehen und sich nicht immer selbst als den "Allwissenden" darstellen und nur auf die Politiker der anderen Parteien "draufhauen" .
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  • H. E.
    Lieber Herr Sauer, ihre Tiraden sind Zeichen eines begrenzten Wortschatzes. Aber es ist sehr interessant, wie sie sich als CSU-Hasser immer wieder abarbeiten. Leider werden sie damit aber nie Erfolg haben.
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  • C. J.
    Auf eigenen Wunsch hin entfernt.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Herr Habermann, nehmen Sie sich lieber Zeit für ihre Enkelkinder. Machen Sie es sich im Garten gemütlich. Schauen Sie sich die Welt an. Kümmern Sie sich um Ihre Liebsten. Machen Sie die schönen Dinge, die Sie bisher nicht tun konnten. Genießen Sie die Zeit, die Ihnen bleibt. Machen Sie bloß nicht den Fehler, und schuften Sie bis zum umfallen. Lassen Sie lieber die Jungen ran. Das ist das Klügste was man tun kann, wenn man lange Jahre im Hamsterrad funktioniert hat.
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