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Winterhausen
Samstagsbrief: Ihre Dorfbäckerei in Winterhausen muss weiterleben, Andreas Rother!
Mit einer großen Aktion haben sich Bürgerinnen und Bürger in Winterhausen für den Erhalt ihrer Dorfbäckerei eingesetzt. Warum unser Autor das richtig und wichtig findet.
Andreas Rother will seine Dorfbäckerei in Winterhausen (Lkr. Würzburg) aus Kostengründen schließen. Jetzt gab es deshalb eine Benefizaktion im Ort.
Foto: Fabian Gebert | Andreas Rother will seine Dorfbäckerei in Winterhausen (Lkr. Würzburg) aus Kostengründen schließen. Jetzt gab es deshalb eine Benefizaktion im Ort.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:36 Uhr

Lieber Herr Rother,

es muss ein tolles Gefühl für Sie sein, dass die Menschen in Ihrem Winterhausen so fulminant hinter Ihnen stehen. Das jedenfalls lässt sich aus der Solidaritätsaktion für Ihre Dorfbäckerei schließen, die vor einer Woche über den Ort im Kreis Würzburg hinaus für Aufsehen gesorgt hat. Eine tolle Sache.

Blasmusik spielt vor Ihrem Geschäft, mehrere Hundert Menschen kommen auch aus Nachbarorten, um ein Zeichen gegen die vielleicht unausweichliche Schließung Ihrer Bäckerei zu setzen – so viel Zuspruch macht Mut.

Das ist wichtig in diesen heiklen Zeiten. Denn hinter der Solidaritätsaktion in Winterhausen steckt etwas Grundsätzliches. Es geht um einen ehrenwerten Beruf, um das Handwerk, um das Leben auf dem Land und schlichtweg um unser Essen. Ihre Bäckerei ist bekannt dafür, dass dort die Backwaren Handarbeit sind. 

"Ich kann nicht mehr wirtschaftlich arbeiten, ich verbrenne im Moment jeden Tag richtig Geld": Das haben Sie, Herr Rother, gesagt. Ihre brisante Lage kennen andere Dorfbäcker auch: Erdrückend sind die Energie- und Rohstoffpreise, erdrückend ist die Konkurrenz der vielen Filialbäckereien und der Aufbackstationen der Discounter. Und dann noch ein Job mit Arbeitszeiten, die nun wirklich nicht prickelnd sind.

Das Problem: Mehl und Strom um ein Vielfaches teurer geworden

Wenige Ortschaften weiter, mainaufwärts im Landkreis Würzburg, hat zum Beispiel Ihr Kollege Günther Stephan zuletzt die Lage der Branche verdeutlicht: Seine Bäckerei in Frickenhausen muss mit der Verdopplung des Mehlpreises klarkommen. Dazu hat er Abschlagszahlungen beim Strom von bald 1750 statt bisher 700 Euro.

Das wird Ihnen nicht anders gehen, Herr Rother. Klar ist auch, dass Sie Ihre Kosten nicht eins zu eins weitergeben können. 10 Euro fürs Brot oder 90 Cent statt bislang 45 Cent fürs Brötchen, das macht die Kundschaft nicht mit.

Winterhausen und andere Orte: Infrastruktur auf dem Land wird immer dünner

Die Bäckereien auf dem Land sterben aus, Gastwirtschaften, Metzgereien und Tante-Emma-Läden ebenfalls. Auch Winterhausen hat an Infrastruktur verloren. Bei Ihnen nebenan hat vor Monaten die Sparkasse dichtgemacht, wenige hundert Meter weiter die Volksbank. Und: Früher gab es mitten in Winterhausen mal eine Metzgerei. Ebenfalls verschwunden.

Nicht anders sieht es im kaum kleineren Nachbarort Goßmannsdorf aus: Zwei Bäckereien, eine Metzgerei, ein Schuhmacher, ein Gemischtwarenladen, zwei Bankfilialen und drei Gasthäuser – alles vor nicht allzu langer Zeit sukzessive verschwunden. Das ist das Schicksal vieler Dörfer in der Region. Leider.

Wie wäre es mit einer Genossenschaft für die Bäckerei?

Nostalgie hilft freilich nicht weiter. Wenn wirtschaftliche Zwänge zum Handeln zwingen, dann ist das der Lauf der Dinge. Dann muss ein Unternehmer Unternehmer sein und nicht der Wohlfahrtsverband. Wenn aber wie jetzt in Winterhausen viele Menschen auf die Straße gehen, um für den Verbleib Ihrer Dorfbäckerei einzustehen, dann bekommt das jenseits der Kostenkalkulation ein anderes Gewicht.

Vor Ihrer Bäckerei wurde nicht nur gesellig in die Trompeten geblasen, sondern auch an die Zukunft gedacht. Wie wäre es, die Zuneigung Ihrer Kundschaft in einer Genossenschaft für den Weiterbetrieb zu bündeln? Diese Idee machte beim Solidaritätstreffen vergangene Woche in Winterhausen die Runde. Die Genossenschaft betreibt den Laden, Sie arbeiten dort als angestellter Chef: Wie wär's, Herr Rother?

Die Idee erinnert an manche Dorfläden in Mainfranken, hinter denen mitunter solche Genossenschaften stehen und die sehr wertvoll für die Infrastruktur auf dem Land sein können. Solche Konstellationen machen den aktuellen Kostendruck nicht geringer, aber sie verteilen ihn auf mehr Schultern. Nebenbei: Die Menschen in Winterhausen können dann beweisen, wie ernst sie es letztendlich mit ihrer Soli-Aktion vor einigen Tagen gemeint haben. 

Ein Kapital für den ganze Ort - und fürs Dorfleben

Herr Rother, vor fünf Jahren übernahmen Sie die damals schon vor der endgültigen Schließung stehende "Bäckerei Fuchs" in Winterhausen, in der Sie bis dahin als Angestellter gearbeitet hatten. Sie haben damit ein wichtiges Stück Dorfleben gerettet. Das ist ein Kapital, das in keiner Ihrer Bilanzen auftaucht. Aber es ist ein Kapital für den Ort. Eines, das ein Zeichen setzt.

Lassen Sie sich also mit diesen Zeilen bei Ihrer Ehre und Ihrem Ehrgeiz packen. Machen Sie weiter. Irgendwie. Schließlich sagten Sie vor fünf Jahren beim Start in die Selbstständigkeit: "Warum weggehen, wenn ich hier alles habe?" Geben Sie dieser Liebeserklärung an Beruf und Region neuen Schwung. Gut möglich, dass Sie damit andere Dorfbäcker anstecken. Es wäre jedenfalls zu wünschen.

Mit hoffnungsvollen Grüßen,

Jürgen Haug-Peichl, Redakteur

Persönliche Post: der Samstagsbrief

Jedes Wochenende lesen Sie unseren "Samstagsbrief". Was das ist? Ein offener Brief, den eine Redakteurin oder ein Redakteur unserer Zeitung an eine reale Person schreibt – und tatsächlich auch verschickt. An eine Person des öffentlichen Lebens, die zuletzt Schlagzeilen machte. An jemanden, dem wir etwas zu sagen haben. An einen Menschen aus der Region, der bewegt hat und bewegt. Vielleicht auch mal an eine Institution oder an ein Unternehmen. Oder ausnahmsweise an eine fiktive Figur.
Persönlich, direkt und pointiert formuliert soll der "Samstagsbrief" sein. Mal emotional, mal scharfzüngig, mal mit deutlichen Worten, mal launig – und immer mit Freude an der Kontroverse. Der "Samstagsbrief" ist unsere Einladung zur Debatte und zum Austausch. Im Idealfall bekommen wir von der Adressatin oder dem Adressaten Post zurück. Die Antwort finden Sie dann bei allen "Samstagsbriefen" hier. Und vielleicht bietet sie auch Anlass für weitere Berichterstattung.
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  • aljoscha.labeille@vcd-bayern.de
    Danke für diesen Brief! Sie haben völlig Recht, die Infrastruktur in vielen Dörfern stirbt aus. Die beiden erwähnten Beispiele Winterhausen und Goßmannsdorf zeigen das deutlich. Goßmannsdorf sieht aus wie eine verlassene Geisterstadt aus einem drittklassigen Film: Überall lässt sich noch erahnen was da vor wenigen Jahren noch war -- Gastronomie, Geschäfte, eine Schule. Alles zu. Was es bräuchte wären aber halt auch Bürgermeister, die sich um die Innentwicklung kümmern, nicht nur auf das nächste Industriegebiet mit Discounter an der Ausfallstrasse schielen und die auch mal über die Gemeindegrenze hinaus denken (dem Winterhäuser Bgm. kann man das nicht vorwerfen, dem Goßmannsdorfer=Ochsenfurter aber sehr wohl). Da muss ein Umdenken in der Politik stattfinden. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, können auch Dorfläden und -bäcker wieder wirtschaftlich arbeiten.
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  • christian@kreatil.de
    @mpmonika: Stichwort "Gute Lebensmittel" -Was genau ist denn an den Brötchen aus Winterhausen, objektiv betrachtet, besser als an Brötchen vom Discounter?
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  • mpmonika
    Sie schmecken
    Sie wurden nicht weit transportiert , nicht eingefroren,
    nicht mit Mehlmitteln versetzt, nicht zwischen verpackt
    Und man muss nicht von Winterhausen mit dem Auto zum Discounter und zurück fahren!
    Außerdem ist es ein Lebensgefühl zum Bäcker zu gehen und Bienenstich zu kaufen!
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  • christian@kreatil.de
    @mpmonika:
    Dass man von Winterhausen erst mit dem Auto fahren muss, ist ein Argument. Auch das Kauferlebnis im Bäckerladen kann der Discounter nicht ersetzen.

    Jedoch: Die Brötchen vom Discounter schmecken zum Teil erstaunlich gut. Im Vergleich zu Brötchen aus der Traditionsbäckerei, je nachdem, sogar besser. Und wer garantiert mir denn, dass in der Fertigmischung, die der Dorfbäcker benutzt, nicht auch Zusatzstoffe enthalten sind?

    Bleibt noch der Umweltschutz: Discounter-Backwaren werden tiefgefroren, transportiert und vor Ort wieder aufgebacken. Das kostet alles Energie. Andererseits ist die Bäckerei im Dorf sicher auch kein Null-Energie-Betrieb. Man müsste das mal ordentlich gegenrechnen.
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  • mpmonika
    Wenn wir noch lange hin und her rechnen, gibt es die Bäcker und Metzger nicht mehr…..
    Und die kommen dann auch nicht wieder.
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  • christian@kreatil.de
    Ich persönlich werde diesen Läden keine Träne hinterher weinen. Ich kaufe schon seit Jahren Backwaren in Bio-Qualität im Supermarkt. Und Fleisch kommt für mich aus Gründen der Ethik und des Klimaschutzes sowieso nicht in Frage.
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  • robert.erhard@gmx.de
    Das tut mir aber leid! Sie wissen nicht, was Ihnen entgeht!

    Ach ja, wieviel Klima schützen Sie, indem Sie kein Fleisch essen? Welcher Ideologie folgen Sie?
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  • christian@kreatil.de
    @Mic_Ro: Ich ziehe die Schlussfolgerungen für mein persönliches Konsumverhalten aus den besten Erkenntnissen der Wissenschaft, die zurzeit verfügbar sind. In der Wissenschaft gibt es keine absoluten Wahrheiten! Trotzdem verlassen wir uns täglich tausendfach auf ihre Erkenntnisse. Zu diesen gehört, dass CO2- und Methan-Emissionen aus der Fleischproduktion maßgeblich zur Erderwärmung beitragen. Manche Studien sagen, es sind 50 Prozent, vorsichtige Studien gehen von einem Anteil in Höhe von 15 Prozent aus. Siehe https://www.swr3.de/aktuell/fake-news-check/ist-fleisch-essen-schlecht-klima-100.html
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  • TessaKraemer@t-online.de
    Auf dem Land braucht es einfach neue Konzepte sonst wird sich das Sterben kleiner Geschäfte nicht verhindern lassen. Aber es geht, das beweisen einige.
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  • al-holler@t-online.de
    Alles Recht und schön - und sogar löblich, der Genossenschaftsgedanke. Aber wenns zum Treffen kommt, rennen bzw. fahren doch wieder zu viele zu den Großen und kaufen ihre Brötchen im Plastiksack....
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  • Maryan
    Alle "Ehre" dem Bäckerhandwerk, vor allem auf dem Lande. Aber sind nicht Filialbäckereien auch "Bäckerhandwerk"?
    Ich finde das schon befremdlich wenn man diese mit dem Discounter unter einen Dach stellt. Der kleine Unterschied ist, dass Großbäckereien 90 Leute und weit darüberhinaus beschäftigen, dagegen die Landbäckereien mit ihrem Personal überschaubar sind und unterm Strich wohl auch mehr übrig haben. Die großen Würzburger Bäckereien mit Filialen bilden genauso im Bäckerhandwerk aus, wie die Landbäckereien, die sitzen sogar in der Berufschule im gleichen Zimmer. Diese im Zusammenhang mit Discountern zu erwähnen, finde ich sehr befremdlich und stellt diese Betriebe in eine Ecke, wo sie nicht hingehören! Auch sie sind Handwerk, halt mit moderneren Abläufen.
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  • stefan.behringer@web.de
    Und wie genau soll eine Genossenschaft den Laden wirtschaftlich betreiben?
    Was ist dann günstiger?
    Oder sollen die Genossen drauf zahlen?
    Dann können Sie die Brötchen auch gleich für 90 Cent kaufen. Wenn Sie außergewöhnlich gut schmecken, wäre das doch in Ordnung.
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  • robert.erhard@gmx.de
    "Machen Sie weiter. Irgendwie."

    Egal ob sie sich selbst ruinieren oder ruiniert werden?
    Egal ob Sie die Abschläge zahlen können oder nicht?
    Völlig egal ob sie Insolvenz anmelden müssten oder nicht!
    Egal ob sie selbst über die Runden kommen oder nicht....

    Wie dämlich ist so eine Aufforderung, wenn es wirtschaftlich nicht mehr geht!
    Wer schenkt ihm das Geld für Strom oder Mehl?
    Die Genossen wollen auch einer Return of Investment!
    So schön es wäre, so tragisch oder leidvoll; wenn er jeden Tag Geld verbrennt wird ihm jeder logisch denkender Mensch sagen: mach zu!
    Oder wie ein Habeck vielleicht mach mal ein bisschen Zu aber nicht Insolvenz und auf Dauer...

    Es gehört neben Empathie auch wirtschaftlicher Sachverstand in einen Samstagsbrief...
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  • alfred-breunig@gmx.de
    Volle Zustimmung Mic-Ro! "Machen Sie weiter, irgendwie." Eine Aufforderung, die die Lage des Herrn Rother völlig verkennt.
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  • al-holler@t-online.de
    nanana, Sie werden dem Chefreporter f. Wirtschaft der MainPost doch nicht ernsthaft den wirtschaftlichen Sachverstand absprechen wollen?!
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  • mpmonika
    Lieber Herr Haug-Peichl,
    danke für Ihren Samstagsbrief!
    Ja wir alle sollten uns an unserer Ehre packen und für gute Lebensmittel gutes Geld ausgeben - und bevor das Jammern wieder los geht: es IST bei vielen Geld dafür da!
    Eine Klamotte weniger und es reicht sehr lange für den Mehrpreis von gutem Essen.

    Und hoffentlich findet sich ein an seiner Ehre gepackter Organisator oder mehrere, für die Genossenschaft!
    Wenn ja, bitte berichten, dann bin ich auf jeden Fall dabei.

    Also gehen wir heute gut einkaufen in Winterhausen und anderswo grinsen
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  • al-holler@t-online.de
    na ja, wenn ich mir die Billigklamotten so anschaue, die -z. b. auch von den discountern und anderen billigheimern -so auf den Markt geworden werden kommen sie da nicht weit......
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  • mpmonika
    Das Billig-Denken ist doch die Ursache vieler Probleme….
    Und irgendwann haben wir in der Breite nur noch Billigware mit allen Konsequenzen:
    Verpackte Brötchen
    Verpacktes Brot mit Konservierungs und Schimmelmittel
    Bei Wurst das Gleiche.
    Und wenige Einkäufer bestimmen was wir essen dürfen!
    Schöne neue Welt….
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