Sehr geehrter Herr Aiwanger,
einerseits schade, dass Sie die Chance nicht genutzt haben, am Donnerstag während der Sitzung des Zwischenausschusses im Landtag die noch offenen Fragen rund um das antisemitische Flugblatt aufzuklären, das vor 36 Jahren in Ihrer Schultasche gefunden wurde und aktuell die politische Debatte in Bayern beschäftigt.
Andererseits tat die nachdenkliche Stille auch ganz gut. Mit Ihren ersten lautstarken Reaktionen nach Bekanntwerden der Entscheidung von Ministerpräsident Markus Söder, sie nicht zu entlassen, haben Sie mich und viele andere nämlich stark irritiert. Von einer "Schmutzkampagne" haben Sie bei öffentlichen Auftritten gesprochen, von einer parteipolitisch motivierten "Hexenjagd". Man habe Sie "persönlich und politisch" fertigmachen wollen.
Ihr Wehklagen gipfelte im Vorwurf, Ihre politischen Mitbewerber hätten die Shoah, die Vernichtung der europäischen Juden, gegen Sie instrumentalisiert. So entstand nicht nur bei mir der Eindruck, Sie sehen eher sich als Opfer statt die Millionen von Nazi-Deutschland verfolgten und ermordeten Menschen. Von Demut und Reue jedenfalls, wie sie Söder gefordert hatte, keine Spur.
Ihre Zurückhaltung jetzt im Landtag war hoffentlich nicht nur taktisch motiviert. Vielleicht haben Sie ja mittlerweile verstanden, wo das Problem liegt. Ich würde es mir wünschen - im Interesse unserer Demokratie.
Wie steht der erwachsene Aiwanger zur vermeintlichen Jugendsünde?
Aus meiner Sicht ist es nämlich nicht so sehr entscheidend, welche geschichtsvergessenen Geschmacklosigkeiten Hubert Aiwanger als Teenager verbreitet hat. Ich möchte wissen, wie der erwachsene Hubert Aiwanger, wie allen voran der stellvertretende Ministerpräsident von Bayern, zu der vermeintlichen Jugendsünde steht.
Bei der Beantwortung dieser Frage haben Sie sich nicht mit Ruhm bekleckert. Hätten Sie gleich nach der ersten Konfrontation mit den Recherchen der Kolleginnen und Kollegen von der Süddeutschen Zeitung die ganze Wahrheit auf den Tisch gelegt, hätte es womöglich überhaupt keine Berichterstattung gegeben.
Wider besseres Wissen zunächst mal alle Vorwürfe pauschal abzustreiten, ist im Krisenfall niemals eine gute Strategie. So haben Sie Ihre Glaubwürdigkeit schwer beschädigt.
Dass Sie weiter in Amt und Würden bleiben dürfen, haben Sie allein den taktischen Überlegungen von Markus Söder und der CSU zu verdanken. Die Freien Wähler sind einfach ein geschmeidigerer Koalitionspartner als SPD, Grüne und FDP, die die Ampel-Regierung auf Bundesebene bilden und als Feindbild im Landtagswahlkampf herhalten müssen.
Aiwanger ist im Landtag nicht mit Antisemitismus oder Rassismus aufgefallen
Dieser Tage hat mir ein lang gedienter Landtagskorrespondent berichtet, Sie hätten seit 2008, als Sie mit Ihren Freien Wählern erstmals in den Landtag einzogen, die politische Debatte mit einigen Wahrheiten, aber auch mit manchem Unsinn belebt. Antisemitische oder rassistische Ausfälle seien allerdings nicht darunter gewesen. Erfahrungen, die für Sie sprechen.
Dennoch haben Sie zuletzt auch Anlass zur Sorge gegeben, es mit der Abgrenzung zu rechten Narrativen nicht ganz so ernst zu meinen, falls ein paar zusätzliche Wählerstimmen herausspringen könnten. Dieser Satz im Juni auf der Demo gegen das umstrittene Heizungsgesetz in Erding, die schweigende Mehrheit müsse sich die Demokratie zurückholen, der hat bei mir die Alarmglocken klingeln lassen.
Das war und ist der Sprech der Demokratie-Verächter. Warum Sie so eine Formulierung um jeden Preis auch im Nachhinein rechtfertigen, habe ich nicht verstanden. Bis heute nicht. Dass die Landtagspresse Sie danach unter besondere Beobachtung genommen hat, darf Sie nicht überraschen. Das ist der Job der Kolleginnen und Kollegen.
Sehr geehrter Herr Aiwanger, auch diesmal mag es so sein, dass Sie mit Ihrer Jammerei über die Links-Grünen und ihre angeblichen Helfershelfer, mit Ihrem Stilisieren als Opfer bei Ihren Anhängerinnen und Anhängern ganz gut ankommen. Die neuesten für die Freien Wähler guten Umfrageergebnisse sprechen dafür. Dass da die Versuchung groß ist, diesem Impuls zu folgen, kann ich sogar ein bisschen nachvollziehen. Und dennoch hoffe ich, dass ihr Schweigen in der Landtagsdebatte ein ernstgemeintes Signal der Zurückhaltung, vielleicht sogar von Demut ist.
Für den heutigen Samstag haben Sie sich bei uns in Unterfranken angekündigt, auf dem Dorfplatz in Wustviel im Steigerwald. Ich werde kommen, um Ihnen zuzuhören.
Beste Grüße aus Würzburg
Michael Czygan, Redakteur
Hier nachzulesen
Fall Aiwanger: Historiker Michael Wolffsohn im Interview (augsburger-allgemeine.de)
Wie weit sind eigentlich die Untersuchungen bzgl des Lehrers?
Welcher Lehrer bewahrt Unterlagen von seinen Schülern auf?
Welcher bewahrt rechtsextremistische Pamphlets auf und warum überhaupt?
Was hat er für eine Gesinnung?
Wie wird generell die Herausgabe von Schülerunterlagen eingeordnet?
Ist das ein Dienstvergehen oder fällt das jetzt unter einem besonderen öffentlichen Interesse oder unter Verdachtsjournalismus?
Ein großer Teil der Bevölkerung findet doch gerade das Verhalten des Lehrers für indiskutabel bzw schon Verstoß gegen seine Schutzpflicht gegen Schutzbefohlenen!
Es könnte ein bewährter Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung sein.
Ich bin gespannt, ob gegen dieser Person ein Disziplinarverfahren angestrebt wird.
Herr Czygan bitte halten Sie uns auf dem Laufenden.
Genau. Nichts anderes war es auch.
zu Ihrem heutigen Samstagsbrief antwortete ich Ihnen bereits.
Eine Bitte von mir -und ich hoffe, Ihre Redaktion streicht diese nicht wieder raus- , Fertigen Sie doch bitteschön mal einen Samstagsbrief zum Verhalten der Frau Faeser, welche im Verdacht steht, Ihren ehemaligen Mitarbeiter, Herrn Schönbohm, intriganterweise aus dessen Amt gedrängt zu haben, mit Hilfe eines Mediums, in diesem Fall Fernsehen!
Dankeschön
Sie sollten in die Politik gehen, da gehört das zum Standardrepertiore, wenn man keine Argumente hat. Immer schön versuchen, das Thema zu wechseln. "Ja, aber die anderen ...". Eigenes Fehlverhalten wird nicht legitim oder besser, weil andere auch was falsch machen.
Heute geht der Samstagsbrief um Aiwanger. Also bleiben wir doch beim Thema, oder?
Über Faeser reden wir dann ein andermal...
Ich lenke nicht ab, sondern kritisiere Herrn Czygan und bitte ihn, auch mal den großen Skandal den Frau Faeser verursacht, als Samstagsbrief zu bemühen.
Ob das möglich ist, weiß ich nicht