Am 15. Dezember 1973 wurde mit einem Festakt das Staatskonservatorium Würzburg zur Hochschule für Musik erhoben. Kultusminister Hans Maier hielt eine der Festreden und setzte sich anschließend an die Orgel, um eigenhändig den Solopart in Georg Friedrich Händels Orgelkonzert F-Dur zu spielen. Nun feiert die Hochschule ab dem 7. Mai ihr 50-jähriges Bestehen mit einer Jubiläumsfestwoche, an deren Beginn wieder ein Festakt steht. Dass dabei ein Minister als Musiker in Erscheinung treten könnte, ist allerdings mehr als unwahrscheinlich.
Was in den fünf Jahrzehnten passiert ist, hat Christoph Henzel recherchiert. Henzel ist Professor für Historische Musikwissenschaft und hat sich durch Jahresberichte, Vorlesungsverzeichnisse, Konzertprogramme und Hochschulmitteilungen gearbeitet. Das war nicht immer einfach, weil vieles nicht systematisch aufgehoben, manches gar durch "unkontrollierte Aufräumaktionen" vernichtet wurde, wie Henzel in einem Beitrag zur Festschrift schreibt, die im November erscheint.
Er hat dennoch eine Fülle von Daten, Ereignissen, Entwicklungen dokumentieren können. Letzten Ausschlag für die Erhebung zur Hochschule gab die Wiedereinführung des Musikstudiums für das Lehramt an Gymnasien. Damit war eine Erweiterung des Lehrauftrags verbunden, wie Wolfgang Osthoff vom Musikwissenschaftlichen Institut der Universität damals beim Festakt skizzierte: weg vom "zielorientierten Training" am Instrument hin zur "selbständigen spielenden und nachdenkenden Problemlösung".
Von der Nachwuchsschmiede zur wissenschaftlichen Institution
Anders gesagt: Die Hochschule entwickelte sich von der Orchester-Nachwuchsschmiede zu einer immer stärker auch wissenschaftlich ausgerichteten Institution. Der Anfang war allerdings holprig. Zunächst führte nur der Direktor, Hanns Reinartz, den Titel Professor. Die anderen 23 verbeamteten Lehrenden waren Studiendirektoren, Oberstudienräte oder Studienräte. Erst allmählich konnte das Ministerium bewegt werden, weitere Professuren einzurichten - die Hochschulgründung war ausgerechnet in das Jahr des Ölpreisschocks und der darauffolgenden Haushaltskrise gefallen.
Neun Jahre später verfügte das Haus über 42 Professuren, wobei es besonders darauf ankam, sogenannte C4-Professuren anzubieten, um renommierte Künstlerinnen und Künstler als Lehrende zu gewinnen. Unter den prominenten Namen über die Jahrzehnte sind die Sängerinnen Ingeborg Hallstein, Charlotte Lehmann oder Cheryl Studer, der Komponist Bertold Hummel, die Pianisten Bernd Glemser, Arne Torger, Norman Shetler und Gerold Huber, der Geiger Grigori Schislin oder der Cellist Julius Berger.
Christoph Wünsch, seit 23 Jahren Professor an der Hochschule und seit 2017 deren Präsident, fasst die Entwicklung vor allem mit einem Begriff zusammen: Ausweitung. Heute sind es rund 60 Professorinnen und Professoren und deutlich über 600 Studierende gegenüber 277 im ersten Jahr nach der Aufwertung zur Hochschule.
Studiengänge in den Bereichen Pädagogik, Theorie, Historische Instrumente, Jazz oder elektronische Komposition kamen hinzu – und das Promotionsrecht. Zum Gebäude in der Hofstallstraße mit dem großen Konzertsaal kamen die Standorte Bibrastraße mit dem Theater (1997) und – im Zuge der Integration des bis dato städtischen Hermann-Zilcher-Konservatoriums ab 2001 – Residenzplatz hinzu. Derzeit wird zudem die Turnhalle der ehemaligen Mozartschule für die Zwecke der Hochschule umgebaut.
Nach Jahrzehnten des Wachstums ist jetzt erstmal Schluss
Weiter wachsen soll die Hochschule nach dem Willen des Kunstministeriums nicht, sagt Wünsch. "Damit sind wir einverstanden. Wir haben eine gute Balance gefunden, wir sehen, dass unsere Studierenden alle in unterschiedlichsten Berufen unterkommen." Unter den Absolventinnen und Absolventen sind zahllose Orchestermusiker, viele Konzertmeister, Kirchenmusiker und etliche prominente Namen: die Sängerin Diana Damrau, der Dirigent Thomas Hengelbrock oder der Jazzpianist Michael Wollny, um nur diese drei zu nennen.
Die Hochschule ist einerseits international vernetzt - ein Drittel der Studierenden kommt aus dem Ausland -, andererseits im Kulturleben von Stadt und Region verankert. Sinfoniekonzerte, Opernproduktionen, Konzertabende der Instrumentalklassen, Reihen für Alte und Neue Musik oder Formate wie "Musik publik" gehören längst zur musikalischen Grundausstattung Würzburgs. Das mittägliche Kurzkonzert "Musik publik", 2003 ins Leben gerufen, ist übrigens so erfolgreich, dass in diesen Wochen die 1000. Ausgabe ansteht.