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Würzburg
Keine Angst vor der Gegenwart: Das Studio für Neue Musik will sich unter neuer Leitung neues Publikum erschließen
Hochschulpräsident Christoph Wünsch hat nach 20 Jahren die Leitung der traditionsreichen Konzertreihe an die Kollegen Andreas Mildner und Jürgen Ruck übergeben.
Das Würzburger Studio für Neue Musik befasst sich seit 1958 mit den Klängen der Gegenwart. Nach 20 Jahren hat Christoph Wünsch (rechts) nun die Leitung an (von links) Jürgen Ruck und Andreas Mildner übergeben.
Foto: Thomas Obermeier | Das Würzburger Studio für Neue Musik befasst sich seit 1958 mit den Klängen der Gegenwart. Nach 20 Jahren hat Christoph Wünsch (rechts) nun die Leitung an (von links) Jürgen Ruck und Andreas Mildner übergeben.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:54 Uhr

Es gibt in Bayern nur zwei davon: Studios für Neue Musik. Eines in München und eines in Würzburg. Gemeint ist damit nicht eine Räumlichkeit, sondern eine Idee ebenso wie eine Veranstaltungsreihe. Das Würzburger Studio für Neue Musik versucht seit 1958, dem Publikum die Musik der Gegenwart näherzubringen. Inzwischen also Klänge des 20. und 21. Jahrhunderts.

Seit fast 20 Jahren leitete zuletzt der Pianist und Komponist Christoph Wünsch, seit 2017 Präsident der Hochschule für Musik, die Konzertreihe. Vorgänger waren unter anderem die Komponisten Bertold Hummel, Klaus Hinrich Stahmer oder Ulrich Schultheiß. Nun hat ein Stabwechsel stattgefunden: Künftig werden der Harfenist Andreas Mildner und der Gitarrist Jürgen Ruck das Studio betreuen – beide sind ebenfalls Professoren der Hochschule und überdies ausgewiesene Experten in Sachen Neue Musik.

Den inneren Kreis der Hochschule verlässt die Reihe schon seit einiger Zeit immer wieder

Das Studio ist grundsätzlich eine Einrichtung des Tonkünstlerverbands, über die Jahrzehnte hat sich aber eine enge Kooperation mit der Musikhochschule entwickelt – sowohl, was Personal, Know-how als auch die Nutzung von Räumen anbelangt. Den inneren Kreis der Hochschule verlässt die traditionsreiche Reihe schon seit einiger Zeit immer wieder und bespielt in Würzburg Orte wie das Museum im Kulturspeicher, das Siebold-Museum oder das Bürgerbräugelände. Schließlich sind sich alle Beteiligten bewusst, dass Neue Musik raus muss aus der Expertenblase.

Angeboten werden etwa sechs Konzerte pro Jahr, auch in Verbindung mit Meisterkursen, Workshops (auch für Schüler) und Konzerteinführungen, häufig durch die Komponisten selbst. Es werden  bedeutende Künstlerinnen und Künstler vorgestellt, Jubiläen von Komponisten des 20. und 21. Jahrhunderts gewürdigt und neuartige Konzepte und Instrumente präsentiert, etwa der Transducer-Flügel von Steingräber, der akustische und elektronische Klänge gleichermaßen hervorbringen kann. Angestrebt wird außerdem immer wieder die Verknüpfung mit anderen Kunstrichtungen. 

'Neue Musik - das kann heute alles sein.' Andreas Mildner als Solist beim Hochschulkonzert am 19. Januar.
Foto: Mathias Wiedemann | "Neue Musik - das kann heute alles sein." Andreas Mildner als Solist beim Hochschulkonzert am 19. Januar.

Inzwischen sei es durchaus gelungen, ein "kleines Stammpublikum" zu bilden, sagt Christoph Wünsch. "Das sind Leute, die kommen auch in Veranstaltungen, von denen sie nicht wissen, was sie erwartet. Wenn sie dann mal da sind, genießen sie es."

Der Präsident gibt die Leitung einerseits aus Gründen der Arbeitsbelastung ab – 80 bis 100 Stunden im Jahr müsse man investieren, hat er ausgerechnet. Er will aber auch Jüngeren Platz machen.

In Zukunft soll es darum gehen, neue Wege der Vermittlung zu entwickeln 

Andreas Mildner und Jürgen Ruck treten nun nicht an, um alles anders zu machen. Wohl aber, um neue Zugänge zur Musik der Gegenwart zu eröffnen. Dazu gehöre die vermehrte Verpflichtung international renommierter Interpreten und auch größerer Ensembles, sagt Mildner: "Das fehlt hier in Würzburg." Ruck will noch stärker aus der Hochschule herausgehen und möglichst attraktive Konzertangebote auch über die Sozialen Medien bewerben.

"Neue Musik – das kann heute alles sein", sagt Andreas Mildner, "und alles hat seine Berechtigung." Da gebe es durchaus zugängliche Werke, vor denen sich niemand fürchten müsse. Es werde deshalb besonders auf neue Formen der Vermittlung ankommen, um Vorbehalte abzubauen. "Von moderner Kunst kann man sich einfach abwenden, aber bei moderner Musik muss man sitzenbleiben – davor haben die Menschen offenbar Angst", sagt Ruck.

Dass diese Angst wohl etwas Erlerntes ist, hat Andreas Mildner erlebt, als er einmal mit seiner Harfe in einer Grundschulklasse zu Gast war. Er habe dabei ausschnittweise vorgeführt, welche besonderen Klänge in einem neuen Stück gefordert seien. "Das hat die Kinder so fasziniert, dass sie unbedingt wollten, dass ich ihnen das ganz Stück vorspiele."

 
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