
Irgendwie wollte keiner so recht das Wirken der Band Sweet Shop hören, nicht in der Heimat England, und außerhalb schon gar nicht. Das war Ende der Sechziger. 1970 benannten sich das Quartett um, hieß zunächst The Sweet und später blieb auch noch das "The" weg. Und plötzlich, kaum waren die Singles "Papa Joe" und "Wig-Wam Bam" raus, wollten alle diese verrückten, langhaarigen Kerle in den noch verrückteren Klamotten hören und sehen.
Sweet stiegen in den Siebziger Jahren rasant auf zu der bedeutendsten Glamrock-Kapelle der Insel. Die Musik wurde eine Spur härter, die Outfits glänzender und es hagelte Hits: "Ballroom Blitz", "Teenage Rampage", "Fox on the Run" – auch heute noch Partyknaller für Musikfans, denen Metal zu mächtig ist, die aber trotzdem gerne Luftgitarre spielen. 1978 wagten sich Sänger Brian Connolly, Bassist Steve Priest und Drummer Mick Tucker – inzwischen allesamt verstorben – zusammen mit Gitarrist Andy Scott sogar an ein progressives Stück: "Love is like Oxygen" - der nächste Gassenhauer.
Es folgten Connollys Alkoholexzesse, die Auflösung der Band 1981, mehrere Versuche einzelner Mitglieder, Sweet wiederzubeleben sowie die letztlich einzig echte Reunion 1985 unter Scotts Regie. Bis heute tourt der 73-Jährige mit drei später hinzu verpflichteten Musikern unter dem Namen Sweet, gleichwohl das letzte "neue" Album auch schon auf 2012 datiert. 2009 selbst an Prostatakrebs erkrankt, engagiert sich der Mann mit dem immer noch silberblonden (echten?) Langhaar für die Krebshilfe.
Die Band spielt in kleinen Clubs genauso wie auf großen Bühnen wie 2018 beim Wacken Open Air. Am Mittwoch, 9. November, gastieren Sweet in der Würzburger Posthalle. Los geht's um 20 Uhr.

Andy Scott: Ich habe schon oft zu anderen Menschen gesagt: Wenn Sie Ihren Job oder Ihr Leben nicht mögen, dann ändern Sie es. Ich liebe, was ich tue, und deshalb ist es einfach, morgens aufzustehen und sich zu fragen, was der Tag wohl bringen wird.
Scott: Meine Motivation ist es, mit der Band heute auf die gleiche Art und Weise zu spielen wie mit der ursprünglichen. Es ist, als gäbe es eine Vorlage, die geschrieben wurde, um die Komplexität der Musik, des Gesangs und der Präsentation zu verstehen. Die richtigen Musiker zu haben, ist auch ein Bonus. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an die Heldentaten aus den Siebzigern denke.
Scott: Sagen wir so: Vor Social Media gab es bestimmte Fotografen, die der Band folgten – aber nur dorthin, wo wir sie haben wollten, nicht überall hin. Wir hatten immer noch etwas Privatsphäre. Heutzutage gibt es nicht mehr viel Privatsphäre, wenn man ein Popstar ist. Und das ist eine Schande.
Scott: Sie lieben die Geschichten aus den 70ern. Also belassen wir es auch dabei.
Scott: Oh, da treffen Sie einen Nerv. Natürlich kennen wir nicht alle unsere Fans (lacht). Bei unseren Konzerten gibt es schon einen großen Altersunterschied, und das ist für die Zukunft durchaus ermutigend. Natürlich sind aus einigen Fans inzwischen auch Freunde geworden. Ich sehe das in meinem Alter inzwischen alles entspannt.
Scott: Ein Mann in einem bestimmten Alter sollte definitiv keine High Heels mehr tragen. Es sei denn, er ist ein ... – ach. Ich habe immer das Gefühl, dass es besser ist, wenn ein Künstler, der eine abgefahrene Bühnenpersönlichkeit hatte, das im Laufe der Zeit abkühlen lässt. Sonst wird ganz schnell eine Art Parodie daraus.

Scott: (lacht) Sie haben schon Recht: Die britische Politik macht eine verrückte Zeit durch. Wir sind wie ein Schiff ohne Ruder. Niemand will auf der Insel zum Beispiel das B-Wort verwenden – Brexit! Für einen Musiker, der reist, hat der Brexit alles verändert, aber nicht zum Guten. Es ist an Lächerlichkeit kaum zu überbieten: Das alles beeinflusst das Leben der einfachen Menschen, der Menschen, die für diese Politiker gestimmt haben.
Scott: Ich bin ein Royalist. Ich finde, wir müssen unseren Pomp und unsere Umstände bewahren, da kein anderes Land eine dementsprechende Geschichte hat. Meine Trauer über den Tod der Königin wurde durch die Ernennung von Charles zum neuen König gemildert, wir blicken jetzt in die Zukunft. Möge er lange regieren.