Mit „Harlekin Dreams“ erscheint Anfang März das inzwischen achte Studioalbum von Andreas Kümmert. Damit ist alles anders für den stimmgewaltigen Mann aus Gemünden am Main. Die letzten drei Alben hatte Kümmert über das Label Universal veröffentlicht. Jetzt hat er sich entschlossen, auf eigene Faust weiterzumachen und mit Vomit Records sein eigenes Label ins Leben gerufen.
In den vergangenen sieben Jahren stand der Name Andreas Kümmert für großes Kino. Souverän hatte er 2013 die dritte Staffel der TV-Castingshow „The Voice Of Germany“ gewonnen. Ähnlich souverän gewann er 2015 den deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest unter dem Motto „Unser Song für Österreich“, verzichtete dann aber vor laufender Kamera auf das Finale in Wien.
„Harlekin Dreams“ bedeutet für Andreas Kümmert auch einen Schritt zurück zu den Wurzeln – ohne Marketingexperten und PR-Berater. Ganz freiwillig hat der 33-Jährige die große Plattenfirma allerdings nicht verlassen. „Nachdem vor zwei Jahren ,Lost And Found' veröffentlicht wurde, gab es einen rigorosen Schnitt“, erzählt Kümmert. „Als klar war, dass ich nicht zu 100 Prozent dahinterstehe, haben sich Plattenfirma, Management und Booking-Agentur von mir getrennt. Jetzt bin ich wieder zu 100 Prozent Herr über Produktion und Songwriting.“
Andreas Kümmert hat auch vor seiner Zeit bei Universal von der Musik gelebt
Der Anfang vom Ende war, als sein Kontaktmann bei Universal, Sigi Schuller – früher Manager der Würzburger Band Miles – zum Branchenkonkurrenten Sony wechselte, Kümmert musste bei Universal mit völlig neuen Leuten zusammenarbeiten. Außerdem war „Lost And Found“ in seinen Augen zu sehr aufs Mainstream-Radio zugeschnitten und wirkte für ihn als Künstler unglaubwürdig. „Im ersten Moment war es natürlich ein Schock, weil ich dachte: Okay, jetzt ist die Karriere vorbei“, sagt er. „Dann habe ich mich aber daran erinnert, dass ich schon vor meiner Zeit bei Universal von der Musik gelebt habe und dass es heute auch nicht mehr nötig ist, von so einer großen Plattenfirma abhängig zu sein.“
Mit dieser Strategie ist Andreas Kümmert kein Einzelfall. Unzählige Künstler gründen eigene Labels und vermarkten ihre Musik eigenständig übers Internet. Die großen Firmen verlieren immer weiter an Bedeutung. Der Gemündener hat sich allerdings auch Hilfe geholt. Seine Konzerte bucht jetzt eine kleine Agentur aus Würzburg, mit der er schon seit zehn Jahren befreundet ist. Seine Tonträger vertreibt das Münchner Unternehmen Membran. Die Plattenfirma besteht aus ihm selbst.
„Harlekin Dreams“ bietet deutlich mehr Vielfalt als die Vorgängeralben
Vielleicht bietet „Harlekin Dreams“ mit rauem Rock’n’Roll, Soul und Blues auch deshalb viel größere Vielfalt, als die Vorgängeralben. „Universal wollte von mir immer Songs haben, die aus der Sicht des Radiohörers funktionieren“, erzählt Andreas Kümmert. „Solche Songs musste ich natürlich liefern. Ich habe aber nebenbei immer Demos aufgenommen, die ich mir auch privat gerne anhöre." Deshalb seien auf der neuen Platte Songs, die nicht unbedingt ins Radio sollen. "Ich bin auf jeden Fall viel zufriedener mit dem, was ich jetzt mache und kann mir das Album auch mal am Stück anhören. Das ist mir bei den anderen Alben schwergefallen.“
Die 13 neuen Songs sind binnen eines Jahres im Würzburger Sonic Storm Studio entstanden. Zusammen mit Studiobesitzer Dominik Heidinger hat Andreas Kümmert ein Producing-Team gebildet. So konnte er sich so viel Zeit lassen, wie er brauchte. Anders als bei den letzten drei Alben für Universal hat Andreas Kümmert alle Instrumente im Studio selbst eingespielt. "Das habe ich schon bei meinen ersten beiden Platten vor Voice Of Germany so gemacht. Fühlt sich eigentlich ganz gut an, zurück zu den Wurzeln zu gehen.“ Nur für zwei Songs hat er sich Hilfe von Mitgliedern seiner Band The Ron Lemons geholt. „Auch Dominik hat bei dem einen oder anderen Sog mitgewirkt. Sonst habe ich Spur für Spur selbst eingespielt. Bass, Gitarre, Schlagzeug, Keyboards und Gesang sowieso." Das habe sich aus der Not heraus ergeben, weil er jetzt nicht mehr das Budget wie bei Universal habe.
Andreas Kümmert ist ein Künstler mit eigenen Vorstellungen, aber auch mit eigenen Dämonen. Die hatte er auf dem Album „Recovery Case“ (2016) öffentlich gemacht. Sein Problem: Angststörung und Depressionen, psychotherapeutische Behandlung, Medikamente. Alles Themen, die er in seinen Songs verarbeitet. Auf „Harlekin Dreams“ gibt es aber auch fiktive Erzählungen. „Im Song ,Gone' geht es zum Beispiel um einen Menschen, der im Drogensumpf versinkt und nichts mehr um sich herum mitbekommt“, sagt Andreas. „Sein einziger Ausweg ist, sich komplett wegzuschießen. Ich hatte auch Bekannte in meinem Freundeskreis, die Ähnliches erlebt haben.“
Zum neuen Album ist wieder eine ausgiebige Tour geplant. Sowohl im Duo in einer Akustik-Variante, als auch Band-Shows. In der Region gastiert er am 6. März im Tattersall in Bad Kissingen und am 7. März im Aschaffenburger Colos-Saal (jeweils 20 Uhr). Weitere Konzerte sollen im Herbst folgen.