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Würzburg
Meisterkonzerte: Wie Johannes Engels die Reihe retten will
Johannes Engels will die traditionsreiche Reihe in den nächsten drei Jahren so umstrukturieren, dass sie für jüngeres Publikum wieder interessant wird. Die Zeit drängt.
Senkrechstarter der Quartettszene: Das Dudok Quartet aus Amsterdam
Foto: Marco Borggreve | Senkrechstarter der Quartettszene: Das Dudok Quartet aus Amsterdam
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 27.04.2023 08:42 Uhr

Die Meisterkonzerte der Musikalischen Akademie Würzburg sind seit über einem halben Jahrhundert erste Adresse für die Gastspiele namhafter Klassik-Künstler und -Ensembles. Die (unvollständige) Liste der Gäste der letzten zehn Jahre liest sich wie ein Who's Who der Branche: Cameron Carpenter, Martin Stadtfeld, Xavier de Maistre, Maximilian Hornung, Fazil Say, Christoph Prégardien, Daniel Müller-Schott, Baiba Skride, Quatuor Ebène, Artemis Quartett, Midori, German Brass, King`s Singers, Patricia Kopatchinskaja oder Sol Gabetta waren da. 

Johannes Engels, hier als Moderator beim Hafensommer.
Foto: Patty Varasano | Johannes Engels, hier als Moderator beim Hafensommer.

Veranstalter ist die Gesellschaft der Freunde und Förderer der Hochschule für Musik Würzburg, der Erlös der Konzerte kommt der Hochschule zugute – bei der Förderung von Projekten, Veranstaltungsreihen und Workshops oder in Form von Studienbeihilfen für bedürftige Studierende. Der Verein unterstützt die Tage der Alten und die Tage der Neuen Musik und hochschulinterne Wettbewerbe. In den Jahren 2014 bis 2016 hat er dafür rund 120 000 Euro ausgegeben – ein Großteil davon stammte aus den Einnahmen der Meisterkonzerte.

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Das Problem: In den Jahren seither kommen zu wenige Besucher. Schon in der Saison 2015/2016 hatte es eine Delle gegeben. „Wir haben nicht unbedingt schwarze Zahlen geschrieben“, sagte damals Johannes Engels, Vorsitzender der Musikalischen Akademie und damit Programmverantwortlicher. Wirklich schlimm sei das noch nicht, „aber wenn das wieder passiert, wird's eng.“

Ein Teil der Besucher blieb damals wohl aus, weil der Große Saal der Musikhochschule wegen des Einbaus der neuen Orgel gesperrt war und die Reihe in die Johanniskirche ausweichen musste. Inzwischen aber ist klar: Der Abwärtstrend hält an. "Die Meisterkonzerte sind in ihrem Bestand gefährdet, das kann man so sagen", meint Engels. Der Vorstand habe nun entschieden, es nochmal eine Saison zu versuchen, in der Hoffnung, dass die Zahlen wieder anziehen beziehungsweise das Programm wieder besser zieht. Immerhin, die Saison eröffnet am 8. November Grigory Sokolov, über den "Die Zeit" einmal geschrieben hat: "Er gilt als der bedeutendste Pianist der Welt." 

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Für ein Hindernis hält Engels auch die landläufige Ansicht, dass Klassik-Konzerte steifleinerne Angelegenheiten seien, manchmal vielleicht auch sind. In Holland sei das zum Beispiel anders. Wenn das Publikum nicht goutiere, was auf der Bühne passiere, mache es sich sofort bemerkbar. "Der Flötist Frans Brüggen hat einmal erzählt: ,Wenn wir nicht gut spielen, dann merken wir das.'"

Johannes Engels, von 2003 bis 2015 Leiter des Würzburger Kulturamts, hat sich selbst nun eine dreijährige Übergangsfrist verordnet, in der er ein neues Konzept erarbeiten und auch gleich schrittweise umsetzen will. Die Ausgangssituation: Es gibt zwar ein treues Stammpublikum, doch es altert gemeinsam. Das jüngere Publikum wiederum hat die Meisterkonzerte noch nicht für sich entdeckt, obwohl da schon jetzt immer wieder durchaus Konzerte mit innovativen Ensembles stattfinden. 

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Am Programm für die kommende Saison lässt sich die Richtung erahnen. Mit Sokolov und German Brass (17. Dezember) kommen sozusagen gesetzte Größen, weiter geht es dann mit dem Janoska Ensemble (12. Februar) mit zwei Geigen, Klavier und Kontrabass, das Klassik, Jazz, Latin, Walzer, Tango, Pop und traditionelle Musik zu seinem "Janoska Style" verschmilzt. Da kann sich eine Paganini-Caprice schonmal zur rasanten Gypsy-Swing-Nummer auswachsen. In Würzburg haben die Janoskas Bach, Mozart, Tschaikowsky, Kreisler und Beatles auf dem Programm.

"Der Konzertbetrieb läuft heute anders, und wenn wir uns nicht umstrukturieren, überleben wir uns."
Johannes Engels über die Meisterkonzerte

"Crossover ist ein schwieriger Begriff", sagt Johannes Engels. Und meint damit: Die allgegenwärtige Verschmelzung ober Überblendung unterschiedlicher Musikgenres allein wird nicht für die neuen Programme sorgen. Beim Janoska Ensemble steht für ihn dessen phänomenales musikantisches Können im Vordergrund.

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Mit dem Amatis Klaviertrio (13. März) und dem Dudok Quartet (14. Mai), beide aus Amsterdam, kommen zwei junge Ensembles, die bereits vielfach mit Preisen ausgezeichnet und international erfolgreich sind. Ein Glücksfall für Engels: "Die bekomme ich für vergleichsweise wenig Geld, weil die beide unbedingt bei den Meisterkonzerten auftreten wollten." 

Grundsätzlich denkt Engels über "andere Konzertinhalte" im gesetzten, aber oft als nicht allzu attraktiv empfundenen Rahmen des Konzertsaals nach. "Der Konzertbetrieb läuft heute anders, und wenn wir uns nicht umstrukturieren, überleben wir uns." Dabei geht es Engels mitnichten um eine Eventisierung, sondern eine weiterhin ernsthafte Auseinandersetzung mit Musik, aber möglicherweise aufgelockert durch Präludien im Foyer oder eben Gastspiele von Ensembles, die neue Formen der Auftrittskultur mitbringen. Alles wiederum angekündigt und moderiert durch verstärkte Social-Media-Präsenz. "Vielleicht gelingt es uns ja, irgendwann die Konzertreihe zu sein, die zeigt, wie das Konzert der Zukunft aussieht."

Die neue Saison der Meisterkonzerte beginnt am 8. November mit einem Klavierabend von Grigory Sokolov. Es folgen German Brass (17. Dezember), Janoska Ensemble (12. Februar), Amatis Trio (13. März) und Dudok Quartet (14. Mai), immer 19.30 Uhr im Großen Saal der Hochschule für Musik Würzburg. Vorverkauf: Tel. (0931) 60016000 oder www.meisterkonzerte-wü.de 

 
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