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Würzburg
Harfe und Kastagnetten – geht das denn? Das geht sehr gut
Mit dem Harfenisten Xavier de Maistre und der Kastagnetten-Virtuosin Lucero Tena hat sich ein gar nicht so ungleiches Paar im Dienste der spanischen Musik zusammengetan.
Diese Duo-Besetzung gibt es weltweit vermutlich nur einmal: Lucero Tena, Kastagnetten, und Xavier de Maistre, Harfe
Foto: Beatrice Waulin | Diese Duo-Besetzung gibt es weltweit vermutlich nur einmal: Lucero Tena, Kastagnetten, und Xavier de Maistre, Harfe
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 03.12.2019 11:06 Uhr

Ein Abend mit Harfe und Kastagnetten – klingt erstmal eher exotisch. Ist aber das nächste Programm der Meisterkonzerte der Musikalischen Akademie Würzburg am 22. März. Es treten auf: Xavier de Maistre, 1973 im französischen Toulon geboren, Professor in Hamburg und einer der derzeit prominentesten Harfenisten überhaupt; Lucero Tena, 81, ehemals legendäre Flamenco-Tänzerin, heute Kastagnetten-Virtuosin. Das Programm: bekannte spanische Musik von Albéniz, Granados, de Falla und anderen. Zwei Interviews mit zwei Interpreten, die sich ein ganz eigenes Repertoire erarbeitet haben.

Herr de Maistre, Sie kommen gerade von einer Konzertreise nach Hause – wie reist man denn mit Harfe?

Xavier de Maistre: Es hängt immer davon ab, wo ich spiele. Ich komme gerade aus Singapur, wo ich zwei Konzerte mit Orchester gegeben habe. Die Woche davor war ich in China. Da wird mir dann immer ein Instrument zur Verfügung gestellt. Wenn ich in Deutschland reise, schicke ich meistens eine meiner Harfen voraus. Es ist ein bisschen wie bei Pianisten, ich muss mich oft auf verschiedene Instrumente einstellen. Wichtig ist, dass es ein bestimmtes Modell ist. Ich spiele auf Lyon & Healy, das ist ein amerikanischer Hersteller.

Sind bei anderen Instrumenten die Pedale anders oder die Proportionen?

De Maistre: Der Abstand der Saiten kann unterschiedlich sein.

Oh, das ist aber ein Riesenunterschied.

De Maistre: Ja, das stimmt. Bei französischen Harfen zum Beispiel wird der Abstand geringer, wenn es nach oben geht. Die Spannung der Saiten kann sehr unterschiedlich sein. Wenn man sich also nur ein paar Stunden einspielen kann, ist es wichtig, dass man sich auf eine bestimmte Marke verlassen kann.

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Es gibt zwar Videos auf YouTube von Ihnen und Frau Tena. Trotzdem: Wie muss man sich einen ganzen Abend mit Harfe und Kastagnetten vorstellen?

De Maistre: Es ist eigentlich ein Harfenrecital, und Frau Tena spielt bei etwa der Hälfte der Stücke mit. Die Kastagnette bringt aber sehr viele Farben, Akzente und auch dynamische Kontraste. Wir spielen die spanischen Hits, die man kennt, von der Gitarre, vom Klavier. Man kann sich eine Reise durch Spanien vorstellen, die meisten Werke tragen den Namen von Städten oder Regionen Spaniens. Sie sind teilweise folkloristisch, und sie werden durch diese besondere Kombination neu beleuchtet.

Nun ist die Tonerzeugung bei Harfe und Kastagnette unterschiedlich, war das schwer zusammenzubekommen?

De Maistre: Die Harfe hat wie die Kastagnette einen direkten Einsatz. Den versuche ich so weich wie möglich hinzubekommen, damit ich auch legato spielen kann. Aber es ist ein gezupftes Instrument und wirkt deshalb im Orchester ein bisschen wie ein Schlagzeug, der Ton kommt sehr direkt. Nicht wie bei Streichern, die mit dem Bogen so hineinspielen können. Aber mit Lucero Tena zu spielen, war sofort sehr klar und einfach. Sie hat ein unglaubliches Gefühl für Dramaturgie und Timing, wie ich es sehr selten erlebt habe. Wir haben mittlerweile viele Konzerte gespielt und können jetzt auch Risiko gehen und viele Rubati machen. Es ist immer wieder eine Inspiration, mit ihr zu musizieren.

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Sie haben also schnell zusammengefunden?

De Maistre: Ich hatte gleich das Gefühl, dass man mit Lucero zusammen spielen muss. Sie hat auch eine sehr schöne Körpersprache, sie war eine berühmte Tänzerin, das spielt auch eine große Rolle. Am Anfang waren die Leute vielleicht etwas skeptisch, was sie erwarten würde. Aber die Begeisterung hat alle unsere Erwartungen übertroffen. Unsere gemeinsame CD war zwei Monate lang auf Platz drei der Charts und unsere Konzerte waren alle extrem erfolgreich. Wir haben sehr viel Spaß auf der Bühne. Es ist auch optisch ein schönes Bild: Lucero ist 1,51 Meter, die Harfe wirkt daneben richtig groß. Es sind auch diese Kontraste, die die Kombination so spannend machen.

Erleben Sie in den Konzerten, dass Sie das Publikum erstmal gewinnen müssen?

De Maistre: Ich sage Ihnen, nach 30 Sekunden sind sie drin und schon nach dem ersten kurzen Stück sind sie gewonnen. Es ist keine schwere Überzeugungsarbeit, die Musik geht wirklich unter die Haut. Lucero ist ein Bühnentier, sie gewinnt sofort alle.

Frau Tena, wie hat es sich für Sie angefühlt, zum ersten Mal mit einer Harfe zusammenzuspielen?

Lucero Tena: Es war und ist ein großes Vergnügen für mich. Xavier de Maistres Mangerin in Spanien ist auch meine Managerin. 2015 habe ich eines seiner Konzerte besucht, es war in jeder Hinsicht außerordentlich. Wir haben danach zusammen gegessen und er hat gefragt, was ich davon halten würde, unsere beiden Instrumente zusammenzubringen. Zuerst war ist erstaunt, aber dann haben wir über das Repertoire gesprochen. Xavier liebt spanische Musik sehr, und ich muss sagen, er hat das perfekte Gefühl dafür. Kurzum: Ich bin sehr, sehr glücklich und dankbar, mit ihm zu spielen.

Es sind ja schon sehr unterschiedliche Instrumente.

Tena: Ja, meine armen kleinen Kastagnetten und die großartige Harfe. Aber es sind beides Perkussionsinstrumente. Wir haben zuerst getrennt geübt, und als wir das erste Mal in Paris zusammenspielten, war es wundervoll. Seither haben wir über 20 Konzerte gegeben. Zuerst in Frankreich und dann in Deutschland, zum Beispiel im wunderbaren neuen Pierre Boulez Saal in Berlin und in der Elbphilharmonie in Hamburg. Ich muss sagen, die Deutschen sind ein großartiges Publikum, weil sie so eine starke Musikkultur haben.

Gibt es einen großen Unterschied zwischen dem Spielen der Kastagnetten beim Flamenco und in der klassischen Musik?

Tena: Das muss ich erklären. Auf der ganzen Welt denken die Menschen, wenn sie Kastagnetten hören, an Flamenco. Aber im Flamenco gibt es ursprünglich keine Kastagnetten. Es ist ein Dreieck aus Gitarre, Gesang und Tanz. Aber ich hatte die Ehre, die größte  Flamenco-Tänzerin als Lehrerin zu haben: Carmen Amaya. Sie führte die Kastagnetten in einigen Stücken ein. Seither haben sie einige Tänzerinnen, darunter ich, gezielt eingesetzt, um einen bestimmten Ausdruck zu verstärken. Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Es ist vollkommen unterschiedlich, Kastagnetten zum Tanz zu spielen, als Solistin mit Orchester und im Duo mit der Harfe. Dynamik und Bewegungen unterscheiden sich erheblich.

Was mich immer wieder fasziniert: Man kann überhaupt nicht sehen, wie mit den Kastagnetten der Klang gemacht wird. Das geht so schnell. Ist das schwer zu lernen?

Tena: Ich habe sehr früh angefangen, mit vier, fünf Jahren. Ich hatte großartige Lehrer in Mexiko, wo ich geboren wurde. Ich habe auch sieben Jahre lang Ballett getanzt. Ich glaube, Ballett ist die Grundlage jeder Form von Tanz. Es fiel mir sehr leicht, weil ich so klein war. Aber ich habe auch sehr viel geübt. Auch heute übe ich zwei Stunden morgens und zwei Stunden nachmittags. Das gilt aber für alle Instrumente: Man muss üben, üben, üben, und erst dann kommt die Interpretation. Das wird Ihnen auch Xavier sagen.

In den 50er und 60er Jahren war Flamenco eine große Sache – es gibt Fotos von Ihnen mit Marlon Brando oder Ava Gardner. Wie ist das heute?

Tena: Es gibt den Flamenco noch. Aber das ist nicht mehr der Flamenco, wie ich ihn kannte. Er ist sehr modern und touristisch geworden. Das ist schade. Jetzt gibt es Geigen, Celli, sogar eine Trommel. Es gibt auch heute sehr gute Tänzer, aber niemand tanzt mehr mit der langen Schleppe wie ich damals, sondern nur noch in sehr leichten Kleidern. Das ist nicht mehr authentisch. Vielleicht liegt das an meinem Alter und dass ich eben aus einer anderen Zeit stamme, aber das ist meine Meinung.

Würzburger Meisterkonzerte: Xavier de Maistre, Harfe, und Lucero Tena, Kastagnetten. Spanische Musik von Albéniz, Soler, Granados, de Falla und anderen. Freitag, 22. März, 19.30 Uhr, Hochschule für Musik, Großer Saal. Karten: Tel.: (0931) 6001 6000 oder www.meisterkonzerte-wü.de

 
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