
Als Oberbürgermeister Kay Blankenburg am Mittwochabend im bislang ersten und einzigen Ferienausschuss des Stadtrats von einer wichtigen personellen Änderung beim Kissinger Sommer berichtete, ging die Botschaft in der berüchtigten Akustik des Tattersalls erst einmal unter. Wer es nicht schon wusste, konnte sich in dem verhallten Corona-Ersatz für den gewohnten Sitzungssaal im Rathaus nur mühsam zusammenreimen, welche Tragweite die missglückte Bekanntgabe hatte. Erst auf Nachfrage wurde am Donnerstag klar: Die Stadt als Veranstalter und Tilman Schlömp gehen bald getrennte Wege. Der Vertrag des Intendanten wird nicht verlängert.
Keine Details über Hintergründe
Entschieden hat das zuvor offenbar der Stadtrat in einer nichtöffentlichen Sitzung. Über Gründe oder Hintergründe der Entscheidung mochten sich im Nachgang weder der Oberbürgermeister noch der Intendant äußern. Schlömp bestätigte allerdings grundsätzlich den Vorgang: "Ja, wir trennen uns", erklärte er auf Anfrage. Wobei Trennung nicht etwa vorzeitige Kündigung bedeutet. Der über fünf Festival-Jahre abgeschlossene Vertrag mit Schlömp läuft einfach mit den Leistungen für den Kissinger Sommer 2021 aus.
Er habe zwar bereits ein paar Projekte für den Kissinger Sommer 2022 angegangen, berichtete Schlömp. Die seien aber inzwischen schon wieder abgesagt. Potenzielle Nachfolger hätten bestimmt noch genug Zeit, ihr eigenes Programm für 2022 zu entwickeln. Darüber hinaus wollte auch der Intendant aktuell über den Vorgang nichts sagen. Mehr als zukünftige Ausgaben des Festivals beschäftigt ihn im Moment vermutlich ohnehin die Gegenwart. Für Mittwochabend war, wie berichtet, eigentlich eine Entscheidung über die generelle Absage des Kissinger Sommers 2020 erwartet worden. Die blieb auf Initiative von Blankenburg im Stadtrat dann aber aus. Auch die ursprünglich angekündigte Pressemitteilung über den Umgang mit den städtischen Veranstaltungen der nächsten Zeit kam nicht.
Wirtschaftliche Gründe?
Aus dem Stadtrat ist auf Nachfrage zu hören, die Entscheidung, Schlömps Vertrag nicht zu verlängern, habe keine persönlichen Hintergründe, sondern hauptsächlich wirtschaftliche. Der Stadtrat habe unter anderem auf rückläufige Besucherzahlen reagieren wollen. Auch die Hoffnungen auf mehr Sponsoringeinnahmen hätten sich nicht im gewünschten Umfang erfüllt. Möglicherweise spielte zudem eine Rolle, dass sich die ehrgeizigen Erwartungen des Rathauses, das Defizit des Kissinger Sommers von der Größenordnung einer Million zum Ende der Amtszeit von Gründungsintendantin Kari Kahl-Wolfsjäger auf 500 000 Euro zu senken, nicht einlösen ließen.
Nach Ablauf der Amtszeit von Schlömp sollen dessen Aufgaben zwei Personen übertragen werden. Im Ferienausschuss des Stadtrats sprach Blankenburg von einer Aufteilung in Dramaturgie und Intendanz. Gemeint sind wohl eine künstlerische und eine kaufmännische Leitung, wo die eine Seite eher für Programm sowie Inhalte und die andere unter anderem fürs Einwerben von Sponsoren sowie Repräsentanz nach außen zuständig ist. Durch die Verteilung der Last auf verschiedene Schultern sollen der Stadt aber keine Mehrkosten entstehen.
Vertrag für fünf Festivals von 2017 bis 2021
Der 54-jährige Schlömp hatte die nicht ganz einfache Nachfolge von Gründungsintendantin Kari Kahl-Wolfsjäger angetreten. Der erste Kissinger Sommer mit seiner Handschrift war der von 2017. Der in Gießen geborene und in Minden in Westfalen aufgewachsene Schlömp hat in Hamburg, Münster und Mainz Musikwissenschaft studiert. In Mainz promovierte er auch, dort erhielt er zudem seine erste Festanstellung. Danach bekam er Gelegenheit, am Aufbau der Philharmonie in Dortmund mitzuarbeiten. 2005 wechselte er zum Beethovenfest nach Bonn. Dort war er Leiter des künstlerischen Betriebs und machte zusammen mit der Intendantin die Konzertplanung.