Der schlimmste Tag ist immer, wenn eine Ausstellung zu Ende geht. Wenn der Moment gekommen ist, die Bilder abzuhängen, einzupacken und auf die Reise zu schicken – zurück zu ihren Schöpfern oder – häufiger – zu ihren neuen Eigentümern. "Sie sind doch ein Stück von mir geworden", sagt Ilka Klose.
Seit 30 Jahren führt Ilka Klose die gleichnamige Galerie im Leitengraben im Würzburger Stadtteil Heidingsfeld. Und genauso lange berät sie Sammlerinnen und Sammler, Firmen oder Hotels beim Kauf von Kunst. Eigentlich schon seit 31 Jahren: Am 3. Juni 1991 meldete sie ihr Gewerbe an. Aber 2021 war bekanntlich Pandemie, nicht die beste Zeit für einen Festakt. Und jetzt, ein Jahr danach, ist Krieg in der Ukraine. Weniger Feierstimmung als je zuvor.
Der Container für die erste Ausstellung landete erstmal beim Zoll
Das Budget, das Ilka Klose für das Geburtstagsfest einkalkuliert hatte, hat sie längst gespendet. Immerhin, die aktuelle Ausstellung "Die Zeit im Fluss" mit Malerei von Stephan Kaluza und Fotografie von Dieter Nuhr setzt sich mit dem Phänomen auseinander, das auch Ilka Klose beschäftigt: "Wie schnell sind diese 30 Jahre vergangen, wie schnell vergeht überhaupt die Zeit?"
Die gebürtige Schweinfurterin studierte in Würzburg Betriebswirtschaft mit Abschluss Diplom-Kaufmann. Auf die männliche Form legt sie Wert: "Das ist mein akademischer Titel." Nach einer Zeit in Hamburg zogen sie und ihr Mann nach New York. Durch die Freundschaft zu vielen Künstlerinnen und Künstlern und zur Galeristin Alena Adlung wurden sie beide zu Sammlern: "Mein Mann sammelte klassische Moderne, aber ich habe gesagt, ich will die Kunst meiner Zeit sammeln. Die zeitgenössische Kunst."
So ist es bis heute geblieben, auch wenn die Rückkehr nach Würzburg (Ilka Kloses Mann trat hier eine neue Stelle an) ein Dämpfer war: "Mein Leben war erstmal vorbei", sagt Ilka Klose. Und meint damit den Kulturschock zwischen Manhattan und Franken. Mit Franken und Würzburg hat sie sich freilich längst arrangiert: "Ich lebe sehr gerne hier."
Was vor allem auch daran liegt, dass Ilka Klose bald die Dinge in Sachen Kunst selbst in die Hand nahm. Sie beschloss, die Idee Alena Adlungs umzusetzen, selbst Galeristin zu werden. Schon die erste Ausstellung war im wahrsten Sinne international: Auf Adlungs Vermittlung kam ein Container aus New York an und landete erstmal beim Zoll. "Die wollten einen sechsstelligen D-Mark-Betrag von mir", sagt Ilka Klose.
Es wurde die erste Lektion in Sachen internationaler Kunsthandel: "Ich lernte, dass man eine sogenannte Null-Erklärung abgeben muss." Also schickte sie alles wieder zurück in die USA, gab die Erklärung ab, der Container konnte zollfrei wieder einreisen. Allerdings: "Durch das Hin und Her waren fast alle Glasscheiben zersprungen. Gerd Michel hat damals Tag und Nacht für mich Bilder gerahmt."
Manche Kunden fragen am Telefon nur, "wie groß ist es, was kostet es".
Die erste Ausstellung mit Werken des Künstlers PASO (Paul Klein), der heute mit einem von der EU finanzierten Museum im Elsass gewürdigt wird, wurde ein Riesenerfolg. Ebenso die zweite mit Arbeiten des österreichischen Malers Alexander Rutsch (1916-1997). Seither zeigt und verkauft Ilka Klose konsequent Arbeiten aus den oberen Kunstligen. Dag Seemann, Jiny Lan, Patrizia Casagranda, Mathias Perlet, Holger Zimmermann, Kate Waters, Harding Meyer, Jörg Döring und viele andere.
Ihre Kunden sitzen in Starnberg, London, Genf, Tel Aviv, manche kommen aus der Region, andere schauen auf der Durchreise vorbei, indem sei einfach mal kurz die nahe Ausfahrt der A3 nehmen. Manche sammeln wild drauflos und fragen am Telefon nur, "wie groß ist es, was kostet es", andere verfolgen genau den Weg einzelner Künstlerinnen und Künstler und kaufen nur, wenn diese sich auch tatsächlich weiterentwickeln und nicht eine Idee immer und immer wiederholen.
Übrigens auch ein Kriterium für Ilka Klose, bevor sie jemand in ihr Programm aufnimmt: "Ich beobachte immer erst ein, zwei Jahre." Das handwerkliche Können müsse stimmen, die Idee überzeugen, die Entwicklung erkennbar und stabil sein. Vor allem: "Ich will etwas sehen, was noch nie da war." Das habe es früher öfter gegeben, sagt Ilka Klose. "Inzwischen hat man schon fast alles gesehen. Aber es kommt immer noch vor."
Sie selbst kauft erst, wenn ein Bild ihr ein, zwei Tage keine Ruhe lässt
Ilka Klose kauft erst, wenn ein Bild ihr ein, zwei Tage keine Ruhe lässt. Das rät sie auch Sammlerinnen und Sammlern: Erst muss eine emotionale Bindung da sein. Das Gefühl muss stimmen. Fragen wie Wertsteigerung oder Geldanlage kommen erst danach. Wenn überhaupt: "Ein Würth sammelt strategisch, ich nicht. Wir alle wissen, wie schwer es auch die wertvollsten Sammlungen haben, wenn der Sammler nicht mehr ist."
500 bis 25.000 oder 30.000 Euro können die Kunstwerke kosten, die man bei Ilka Klose kaufen kann. Selbst die teuersten sind damit immer noch weit entfernt von den Fantasiepreisen, die Künstlerinnen und Künstler erzielen, die gerade auf irgendeiner Welle schwimmen. Einsteigern mit kleinem Budget rät Ilka Klose, erstmal Grafik oder Druckgrafik zu kaufen. Und sich dabei nicht so sehr Gedanken über einen Wiederverkaufswert oder eine Wertsteigerung zu machen. Viel wichtiger sei die emotionale Bildung: "Ich würde kein einziges Bild meiner Sammlung jemals wieder hergeben."
Galerie Ilka Klose: Ausstellung "Die Zeit im Fluss" mit Arbeiten von Stephan Kaluza und Dieter Nuhr. Geöffnet Sa., 7. Mai, 17 bis 18 Uhr. Finissage So., 15. Mai, 11 bis 13 Uhr. Und nach Vereinbarung: Tel. (0171) 458 3744 oder ilka.klose@arcor.de. Leitengraben 3 97084 Würzburg