Eine prächtige Ausstellung hängt seit Samstag in der Galerie Ilka Klose in Würzburg-Heidingsfeld (bis 15. Januar): viel großformatige Malerei, meist figurativ, all die Unikate aufgelockert durch etwas Fotografie, die sich teils dann doch als Ölfarbe erweist. In knapp 30 Werken schlagen neun Künstlerinnen und Künstler einen Inhaltsbogen vom schönen Schein der Medienwelt bis zur scheinbar einfachen Ästhetik der Natur.
Die Vertretenen haben Abschlüsse von den besten Akademien, weisen Meister als ihre Lehrer aus, sind also etabliert oder auf dem besten Weg dahin. Hier präsentiert Ilka Klose eine handverlesene Schar. Wobei Jörg Döring mit seinen "Gute-Laune-Bildern" (Klose) seit 20 Jahren mit der Galerie zusammenarbeitet.
Die Schau unter dem Titel "Virus Kunst" zeigt aber auch zwei Neue: Burkhard Kern malt Blicke in den Himmel, auf Wolken, durch Zweige empor wie auf der Arbeit "Unendlichkeit", die mit zwei auf zweieinhalb Metern das größte Format und mit 16 000 Euro den höchsten Preis hat. Für den Ausstellungstitel hatte Ilka Klose bei der gut besuchten Vernissage eine einfache Erklärung: Man höre "über das Virus immer nur Negatives", da wolle sie das Wort auch einmal mit etwas Positivem, der Kunst, in Verbindung bringen.
Das Porträt von Angela Merkel als Kaiserin kaufte Christian Lindner
Der zweite Neuzugang bringt den Motivkomplex "Geschichte" ausdrücklich und offensichtlich in den Bilderreigen ein. Die prominente deutsch-chinesische Projektkünstlerin Jiny Lan bestückt Kompositionen in Form großer Farbwirbel mit historischen und mythologischen Gestalten und Symbolen. Die zwei Großformate machen den Betrachter zum Leser von Botschaften, die sich ohne die Hilfe der Urheberin nicht leicht entschlüsseln lassen. Doch Jiny Lan beehrte die Vernissage und gab gern Auskunft. Dass sie Angela Merkel als Kaiserin porträtiert hatte, war schon vor der Würzburger Ausstellungseröffnung kommuniziert worden. Hier erfuhren die Gäste obendrein, wer das Bild kaufte: der Liberalenführer Christian Lindner.
Dag Seemann, Meisterschüler von Markus Lüpertz, stößt den Betrachter nicht so schnell auf die politischen Themen, wenn er Parfumflacons malt. "Opium" heißen ein Bild, der Duft, das Rauschgift und zwei Kriege, in denen Köpfe und Zöpfe abgeschnitten wurden. Ein Zopf ziert auch einige Modelle der Yves-Saint-Laurent-Fläschchen. Vor dem Hintergrund aktueller öffentlicher Sensibilitäten fragt man sich, ob die Verwendung dieses Frisurdetails nun rassistisch ist oder nicht und ob Seemann uns auf eben diese Frage bringen wollte.
Reklamemotive aus der Pop-Art-Zeit auf hyperglatter Plastikoberfläche
Nicht nur inhaltlich geht es in "Virus Kunst" in die Tiefe. Auch formal ist vieles viel komplexer als es auf den ersten Blick scheint. Nehmen wir Jörg Dörings technisch eher mäßig abfotografierte Reklamemotive aus der hohen Zeit der Pop-Art, die er sichtlich manuell noch etwas weiter verschlechtert und anderweitig manipuliert hat. Aber: Er hat sie auf dicke Rahmen unter einer derart gleißenden, hyperglatten Plastikoberfläche aufgezogen, wie sie den Urbildern in den Illustrierten-Annoncen nie zugute gekommen war.
Gleich daneben das Gegenteil: Patricia Casagranda stellt drei Bildnisse aus, deren grobes Druckraster ebenfalls Hochglanzästhetik assoziieren lässt. In Wirklichkeit ist ihre Technik aber: Gips auf Lkw-Plane. Erst vor zwei Wochen erhielt Casagranda den ersten Preis der Association of Visual Arts auf der Biennale Florenz. Mathias Perlet, Hertha Miessner, Harding Meyer und Kay Kaul tragen mit ihren Arbeiten ebenfalls substanziell zu "Virus Kunst" bei.
Galerie Ilka Klose: "Virus Kunst". Leitengraben 3, Würzburg-Heidingsfeld, Öffnungszeiten jederzeit nach Vereinbarung: Tel. (0171) 458 3744 oder ilka.klose@arcor.de - Events: 5. Dezember, 16-18 Uhr, Nikolauskaffee; 15. Januar, 11-13 und 16-17 Uhr Finissage. www.galerie-ilkaklose.de