Wenn Doro Pesch auf der Bühne steht, ist das mehr als ein Konzert: Sie redet viel, ist lieb zu den Fans, lässt diese geduldig zu Wort kommen, erfüllt Wünsche, auch einzelne. Vorausgesetzt dass diese laut genug geäußert werden. "Ihr seid das Wichtigste in meinem Leben, ich liebe euch. Das wisst ihr." Ja, das wissen die 1000 Besucherinnen und Besucher auf Gut Wöllried bei Rottendorf. Was bei anderen nach Rocker-Schmalz klingen würde, nehmen sie der sympathischen 59-Jährigen ab. Doro liebt und braucht den Heavy Metal. Er ist ihr Leben. Doro ist so. Genau so.
Seit 40 Jahren sind das die gleichen Posen und Gesten. Ganz ehrlich: Auch die gleiche Musik. Entwicklung oder gar Progressivität gibt es bei der Düsseldorferin nicht, die Anfang der Achtziger mit Warlock durchgestartet ist und sich in einem damals noch harten Männer-Geschäft weit über die Grenzen Deutschlands hinaus als "Queen of Metal" behauptet hat. Wozu auch? Es ist ihre Musik, einfach und ehrlich, eingängig und bleibend. So tickt auch das Publikum. Bei Doro-Auftritten, ganz gleich ob im kleinen Landgut vor den Toren Würzburgs oder, wie in zweieinhalb Wochen, als Co-Headliner beim Wacken Open Air vor Zigtausenden, steht Wertschätzung mit auf der Bühne. Und steht Wertschätzung im Publikum.
Doro kommt im beigen Volvo Kombi statt in dunkler Limousine
Wenn nach eindreiviertel Stunden Schluss ist, lässt sich Doro Pesch nicht zur dunklen Limousine, die bei ihrer Ankunft genaugenommen ein beiger Volvo Kombi war, eskortieren. Nein, sie steht noch 20 Minuten bei den Fans. Redet mit ihnen, macht Selfies. Weil sie diese Menschen wirklich braucht. Ein Weilchen vorher hat sie genau deswegen nicht übliche Abschluss-Kracher wie "All For Metal" oder "East Meets West" rausgehauen, nein, sie hat nochmals individuelle Wünsche erfüllt: mit dem wenig populären, aber gänsehautschönen "Love Me In Black" und dem Zweite-Reihe-Oldie "True As Steel".
Zwischen den Songs schenkt die Metal-Queen den Metal-Kings, den verstorbenen wie den Lebenden, traditionell ihre Aufmerksamtkeit. Sie redet über Motörhead-Legende Lemmy Kilmister, Judas-Priest-Sirene Rob Halford, Ex-Accept-Shouter Udo Dirkschneider, manchmal (wenngleich auf Wöllried nicht) auch über Metal-Gott Ronnie James Dio - weil es ihre Freunde waren oder sind. Am liebsten wäre Doro ohnehin mit der ganzen Welt befreundet. "Für immer, für immer zusammen. Werden uns niemals trennen" - ihre bekannteste deutsche Ballade ist ihr Lebensmotto.
Quatschen könnte man mit Doro stundenlang. Das Konzert am Sonntagabend ist schneller erzählt: Wer es sich leisten kann, Gassenhauer wegzulassen, es trotzdem schafft, dank überragender Hitdichte ("Burning the Witches", "All We Are") kurzweilig zu sein und auch, dass die Fans den einzigen Neuling ("Time For Justice") beinahe mehr abfeiern als eine Hymne wie "Raise Your Fist", hat offenbar eines gemacht: alles richtig.