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WÜRZBURG
Rock meets Classic in Würzburg: Was Doro fassungslos macht
Rock meets Classic: Beim Konzert von Altrockern und einem Orchester in Würzburg wird auch Dorothee Pesch singen. Im Interview verrät sie, was sie zuletzt fassungslos machte – und wie sie sich in Balance bringt.
Michi Bauer
 |  aktualisiert: 03.12.2019 08:58 Uhr

Rock meets Classic – drei Worte, ein Programm: Altrocker spielen zusammen mit einem Orchester ihre größten Hits. Der Stuttgarter Sänger und Bassist Mat Sinner (Primal Fear, Voodoo Circle) ist musikalischer Direktor dieses Projekts, mit dem er seit 2010 regelmäßig auf Tour geht. Einmal mehr wird Würzburg die Auftaktstation sein. Mit dabei am 30. März in der s.Oliver Arena ist auch Doro Pesch. Die 51-jährige Sängerin, Spitzname Queen of Metal, ist seit der Trennung von Warlock 1988 mit einer Band, die schlicht ihren Vornamen trägt, unterwegs.

Frage: Queen of Metal – mal ehrlich, können Sie das noch hören?

Doro Pesch: Wenn es schön gemeint ist, dann gerne. Ich freue mich schon, wenn die Leute das so sehen. Das gibt gute Energie. Habe auch schon Tattoos mit diesem Schriftzug gesehen, ich hoffe nur, dass das keiner bereut. Aber gutes Feedback ist wichtig, um jedes Konzert zu geben, als wenn es das letzte wäre.

Eine Metal-Legende hatte im November letzten Jahres ihren letzten Auftritt: Lemmy Kilmister.

Pesch: Er fehlt. Es gab zwei Menschen, die mir in der Musik am meisten bedeutet haben: Ronnie James Dio, der ja schon länger tot ist, und Lemmy. Ich bin total fassungslos und traurig. Nie mehr kann ich mich mit ihm unterhalten oder 'ne SMS schicken. Oder auf Tour gehen. Wir haben ja ganz viele Duette gemacht. Da habe ich wieder gemerkt, wie endlich das Leben ist. Nach einem seiner letzten Konzerte habe ich ihm noch zur ausverkauften Tour gratuliert, doch er sagte nur: „I am too old to enjoy it“, ich bin zu alt, um noch Spaß daran zu haben. So traurig. Ich war auch auf seiner Beerdigung. Ein schrecklicher Verlust.

Umso mehr sollte man sich auf die eigene Gesundheit konzentrieren. Ihr Terminkalender sieht aber nach Stress pur aus. Wie schaffen Sie das?

Pesch: Ich mache Martial Arts, bin ein großer Kampfsport-Fan. Da bringe ich meinen Körper in die Balance. Das Herumreisen ohne viel Schlaf ist schon eine Herausforderung. Aber ich mache das wirklich gerne, denn wenn die Menschen sich freuen, ist das das Schönste für mich. Nur: Auf Tour auch noch eine Platte zu schreiben, das ist fast unmöglich. Ich kann und will mich nur auf eine Sache konzentrieren.

Da Sie 2016 ausgiebig touren, heißt das also, dass die Fans auf neues Material noch länger warten müssen.

Pesch: Nein, ein paar Songs haben wir schon. Und einen davon spielen wir als Weltpremiere bei Rock meets Classic in Würzburg. Er heißt „Love gone to hell“. Aber das Erscheinen des neuen Albums wird in der Tat noch ein Jahr dauern.

Rock meets Classic – eine spannende Sache?

Pesch: Absolut. Ich habe noch nie mit so vielen Künstlern auf einmal zusammengearbeitet. Aber mit Orchester habe ich schon Erfahrung. Da hören sich die Songs immer so schön an. Da gehen sie einem noch tiefer ans Herz. In Würzburg werden wir drei Nummern spielen: „All we are“, „Für immer“ und eben „Love's gone to hell“. Vielleicht dann noch mit anderen zusammen spontan ein, zwei weitere Lieder.

Sie haben sich entschieden, konsequent für den Tierschutz einzustehen. Die Zeiten in hautengem Leder sind vorbei. Heute steht der Name Doro für vegane Lebensweise und die Tierschutzorganisation PETA.

Pesch: Man sollte sich immer für die Dinge einsetzen, die einem am Herzen liegen. Und ich bin nun mal totaler Tierfreund, obwohl ich selbst keine halte. Ich habe lediglich zwei Pferde adoptiert. Wir haben auch schon Benefizkonzerte wie „Rock für Tiere“ gespielt. Klar habe ich früher gerne Leder getragen, gehört ja vermeintlich zum Heavy Metal dazu. Ich habe mich aber nach Alternativen umgesehen, und ich muss sagen, die Sachen aus Kunstleder sehen genauso gut und knackig aus. Irgendwann habe ich dann auch das PETA-Ding gemacht. Nur gegen Pelz musste ich mich nie ausdrücklich positionieren, das war nie meine Sache. Aber wenn ich angefragt werde, etwas für einen guten Zweck zu machen, dann tue ich das normalerweise auch.

Auch bei der aktuellen Flüchtlingsthematik?

Pesch: Ja, das haben wir jetzt gemacht. Das Video zum neuen Song „Love's gone to hell“ handelt davon. Der Macher des Films ist selbst Flüchtling gewesen und hat sich super integriert. Wir wollten auch in einem echten Flüchtlingscamp drehen, aber das war nicht zu realisieren. Wir gehen jetzt auf Tour auch in die Ukraine. Das sind wir den von der politischen Situation gezeichneten Fans dort irgendwie schuldig. Ich glaube sowieso, dass in jedem Musiker auch ein kleiner Weltverbesserer steckt. Ich weiß selbst, wie sich Verlust anfühlt. In Amerika habe ich schon zweimal durch Hurricanes alles verloren. Möbel oder Elektrogeräte sind verschmerzbar, doch es waren auch persönliche Dinge dabei wie Briefe von Ronnie James Dio. Alle Memories waren weg.

Ärgert Sie, dass vielen wichtiger als die Flüchtlingsproblematik ist, wer Dschungelkönig oder Top-Model wird, oder wer den Bachelor abbekommt?

Pesch: Diese Sachen gibt's ja auf der ganzen Welt. Ich finde solche Fernsehformate nicht mehr zeitgemäß. Seine Zeit so zu verdaddeln, finde ich unmöglich. Die Zeiten, einfach so dazusitzen und nichts zu tun, sind vorbei. Wir müssen alle aktiv werden.

Ich bin ein Macher-Typ. Ich war erst wieder wegen meiner Mutter im Krankenhaus und habe erleben müssen, wie einfach zu wenig Pflegepersonal da ist. Die meisten von uns haben, was sie brauchen, haben aber trotzdem zu wenig übrig für Menschen, die in Not sind. Auch von offizieller Seite wird nach Katastrophen immer schnelle Hilfe angekündigt, und dann dauert es Jahre.

In einigen Jugendkulturen ist der Trend ja schon gegenläufig. Immer weiter weg vom Mainstream, immer extremer. Auch in der Rockmusik. Härter, brutaler – ist das noch Ihre Welt?

Pesch: Das ist halt der Spiegel der Zeit. Jeder kann sich entfalten, wie er will. Die volle Dröhnung hilft, abzuschalten und Frust abzubauen – auch mir, wenn der Druck mal zu groß wird. Es mag komisch klingen: Aber ich brauche manchmal total harte Musik, um mich zu entspannen und wieder gut zu fühlen. Das geht nicht mit Weichspüler-Musik.

Schippert Doro auch mal in ganz anderen musikalischen Gewässern?

Pesch: Wir decken ja eigentlich eine ganz gute Bandbreite ab. Harte und schnelle Sachen, aber auch Balladen. Gerne auch mal in anderen Sprachen. Ich liebe auch Blues oder Pink Floyd. Aber auch Hartes wie Amon Amarth. Wir verarbeiten viele Einflüsse. Wichtig ist nur, dass man voll hinter dem steht, was am Ende herauskommt. Die Musik muss aus tiefster Seele kommen. Dann kann ich das den Fans anbieten.

Aber ein Jazz-Album oder ein Duett mit Helene Fischer müssen die Fans nicht befürchten.

Pesch: Nein, also das wirklich nicht. Rockmusik von soft bis hart, auch gerne Klassisches. Metal hat viel mehr mit Klassik zu tun, als viele denken. Aber ein Jazz-Fan werde ich ganz bestimmt nie.

Dorothee Pesch

Bei Rock meets Classic am 30. März in der Würzburger s.Oliver Arena wird Doro Pesch sich die Bühne teilen mit Joey Tempest (Europe), Steve Walsh (Kansas), Midge Ure (Ultravox), Andy Scott (The Sweet), Dan McCafferty (Nazareth) sowie Scott Gorham und Ricky Warwick (Thin Lizzy). Begleitet werden sie von der Mat Sinner Band und dem Bohemian Symphony Orchestra aus Prag. Dorothee Pesch wurde am 3.

Juni 1964 in Düsseldorf geboren. Sie hat eine abgeschlossene Ausbildung als Typografin. Bekannt wurde sie als Sängerin der Band Warlock, ab Mitte der 1990er Jahre etablierte sie sich erfolgreich als Solokünstlerin. Im Jahr 1990 zog Doro Pesch nach New York. In den USA nahm sie im selben Jahr ihr erstes Album unter gänzlich eigenem Namen auf. Die blonde Sängerin ist eine langjährige Freundin der Boxerin Regina Halmich und schrieb vier ihrer Einzugshymnen: „All we are“ (ein Warlock-Titel von 1987) sowie die neueren Songs „Fight“, „She?s like Thunder“ und „The Queen“. 2002 stieg sie beim RTL Promiboxen als Ersatz für Samantha Fox in den Ring. Dabei trat sie gegen Michaela Schaffrath – die von Regina Halmich gecoacht wurde – an und unterlag. 2006 gab Pesch mit der Rolle der Meha in Luke Gassers Film „Anuk – Der Weg des Kriegers“ ihr Kinodebüt. mib, wp

 
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