Ein Motorradfahrer wird nach einem schweren Unfall mit dem Helikopter in einen der Schockräume des Universitätsklinikums eingeliefert. Das ganze Ausmaß der Verletzungen ist noch unklar. „Für einen Patienten im Schockraum zählt jede Sekunde“, so Professor Thorsten Bley, der am Universitätsklinikum Würzburg das Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie leitet. „Die Verletzungen müssen rasch diagnostiziert und nach Schweregrad eingeteilt werden, damit umgehend die Behandlung beginnen kann.“ Dazu gibt es am Klinikum hochmoderne Computertomografen, von denen einer auf Schienen zwischen den beiden Schockräumen hin- und herfahren kann. Somit können sogar zwei Schwerverletzte Patienten gleichzeitig behandelt werden.
Kontinuierliche Forschung und Entwicklungen haben Röntgenuntersuchungen im Laufe der Zeit stetig verbessert: „Vor allem das CT-Verfahren hat von leistungsfähigen Computern, Algorithmen und Erfassungstechniken enorm profitiert“, weiß der Radiologe. Parallel angeordnete Detektorzeilen und fächerförmige Aufnahmen erlauben es, den Körper eines Patienten nicht nur in Einzelschichten, sondern volumenförmig – also in mehreren Schichten gleichzeitig – abzubilden. Moderne CT-Geräte, wie sie am Uniklinikum eingesetzt werden, können in fünf Sekunden rund 5.000 digitale Bilder von Kopf bis Fuß eines Patienten aufnehmen.
Neben vielen Knochenbrüchen, die nicht lebensbedrohlich sind, hat das CT bei der Untersuchung des Motorradfahrers einen Riss in der Hauptschlagader ermittelt. Das bedeutet höchste Gefahr. Sollte sich die Wunde vergrößern, kann der Blutverlust innerhalb kurzer Zeit zum Tode führen. Umgehend legen die Ärzte einen Katheter über die Beckenleiste in die Hauptschlagader. Dadurch führen sie eine Gefäßstütze zum beschädigten Bereich. Die blut- und wasserdichte Membran der Stütze legt sich an die Gefäßwand an und verschließt den Riss – die Gefahr für den Patienten ist gebannt. „Diese Form der Intervention mittels Katheters wirkt rasch und ist schonend für Patienten. In der Regel benötigt sie auch keinen Folgeeingriff“, so der Mediziner. Ohne Röntgenstrahlen wäre sie jedoch unmöglich: Nur mit ihrer Hilfe kann der Radiologe die Lage und Führung der feinen Präzisionsinstrumente im Körper des Patienten von außen exakt bestimmen.
Kleinsten Veränderungen auf der Spur
Die hochpräzisen CT-Aufnahmen führen mitunter auch zu Zusatz- und Zufallsbefunden, denn sie erfassen nicht nur Unfallverletzungen. „Kleinste Auffälligkeiten können dank der fortschrittlichen Bildgebung und Analysemethoden identifiziert werden“, so Thorsten Bley. „Wenn wir auf den Unfallaufnahmen des Motorradfahrers Anzeichen für eine Gewebeveränderung in der Niere finden, behalten wir diese im Auge und sind in der Lage, einen möglicherweise auftretenden Nierentumor frühzeitig zu therapieren.“ Unter den Tausenden Bildern einer CT-Untersuchung können Hinweise auf Zusatzbefunde mitunter nur auf zwei oder drei Bildern auftreten. Dank computergestützter Auswertungsverfahren gehen solche Befunde heute in der Masse der Daten nicht unter.
Nicht nur in der Notfallversorgung im Schockraum kommen Röntgenstrahlen zum Einsatz: „Am häufigsten verwenden wir sie am Universitätsklinikum bei ‚klassischen‘ Röntgenaufnahmen von Organen und Knochen“, erläutert der Mediziner. Daneben werden Röntgenstrahlen zur Kontrolle von Kathetereingriffen, bei der Diagnose und Therapie von Tumorerkrankungen und der Darstellung von Blutgefäßen und Organen unter Kontrastmittelgabe eingesetzt.
Röntgen: so viel wie nötig – so wenig wie möglich
Bei allen Röntgenverfahren ist die Strahlungsintensität ein wichtiges Thema. Eine Diagnose sollte stets mit möglichst geringen Strahlendosen erfolgen. Dazu folgt man am Uniklinikum dem „ALARA“-Prinzip, „As Low As Reasonably Achievable“, auf Deutsch: „So niedrig wie vernünftigerweise erreichbar“. Deshalb prüfen die Ärztinnen und Ärzte stets, ob statt der Röntgenmethoden nicht andere Untersuchungsverfahren ohne Anwendung von Röntgenstrahlen, wie Ultraschall oder Magnetresonanztomografie (MRT), verwendet werden können.
„Im Laufe der Jahre wurden Röntgenverfahren deutlich verbessert“, resümiert Professor Thorsten Bley. Jede neue Gerätegeneration hat Strahlenwerte verringert, Abbildungsqualität erhöht und die Analysefähigkeiten von Computern gesteigert. „Der Einsatz dieser modernsten technischen Hilfsmittel ermöglicht es den Ärztinnen und Ärzten am Universitätsklinikum Würzburg, ihren Patientinnen und Patienten die bestmögliche Behandlung anzubieten.“ „Eines wird sich in Zukunft allerdings nicht ändern“, ist er sicher: „Jede erfolgreiche Behandlung basiert auf einem vertrauensvollen Verhältnis zwischen Arzt und Patienten – und das kann keine noch so fortschrittliche Technik ersetzen.“
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