Gut 20 Minuten steht Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schon am Rednerpult im Bayerischen Landtag, als er um 15.20 Uhr endlich zu dem Punkt kommt, der seit dem Vormittag nicht nur die Abgeordneten im Maximilianeum, sondern auch viele Menschen im Land bewegt hat: Die schnelle Rücknahme der sogenannten "Osterruhe" durch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Eine Entschuldigung an die Bürger wie Merkel fällt Söder sichtlich schwer
Das "Hin und Her" um diese Regelung sei zweifellos "schlecht fürs Vertrauen", räumt Söder unumwunden ein. Es sei aber besser, die Entscheidung "frühzeitig zu korrigieren, als einfach weiter zu wursteln". Mit einer Entschuldigung an die Bürger, wie Merkel am Mittag, tut sich Söder allerdings schwer: Es sei "nicht nur ihre Verantwortung", sagt er zwar. Auch er selbst habe den letztlich nicht realisierbaren "Oster-Shutdown" mitgetragen. Es sei eben eine "gemeinsame Verantwortung gewesen", schwächt Söder jedoch postwendend ab. Deshalb sei es richtig zu sagen: "Es tut uns leid für dieses Hin und Her."
Eigentlich hätte Söder bereits um 11 Uhr mit einer Regierungserklärung zu den neuen Corona-Regeln in Bayern beginnen sollen. Doch kurz nach 10 Uhr hatte sich während der laufenden Sitzung Unruhe im Landtag breit gemacht: Die Kanzlerin habe die Ministerpräsidenten zu einer Krisen-Videoschalte gebeten, so machte es die Runde. Vom "Nachsitzen" war sogleich bissig die Rede. Ärger über das Chaos in Berlin machte sich breit, auch in den Reihen der Regierungsfraktionen CSU und Freie Wähler: "Ich hoffe, dass Merkel heute ausgeschlafen hat, damit sie zu vernünftigen Entscheidungen kommt", grantelte etwa der oberfränkische CSU-Abgeordnete Alexander König.
"Musterbeispiel, wie man Vertrauen der Bürger in Politik verspielt"
Der unterfränkische Freie Wähler Gerald Pittner versuchte es mit Galgenhumor: "Das war doch ganz klar ein Aprilscherz von der Kanzlerin", sagte er. Schließlich sei der Gründonnerstag am 1. April. Doch zum Lachen ist im Landtag niemandem zumute: Was Kanzlerin und Ministerpräsidenten in den letzten 48 Stunden abgeliefert haben, sei "ein Musterbeispiel dafür, wie man das Vertrauen der Bürger in die Politik verspielen kann", befürchtet der SPD-Mann Harald Güller. Und ein Mann aus Söders Kabinett, der lieber anonym bleiben will, stöhnte: "Wenn wir so weiter machen, wird Olaf Scholz am Ende Kanzler."
Kritische Worte über Söder fallen in der CSU nicht. Hinter vorgehaltener Hand allerdings wird die Frage gestellt, warum nicht wenigstens in der bayerischen Staatsregierung jemand die Sinnhaftigkeit der Berliner Beschlüsse hinterfragt habe. Einzig Finanzminister Albert Füracker (CSU) habe am Dienstag im Kabinett auf die immensen Folgekosten hingewiesen, die durch "erweiterte Ruhetage" unweigerlich fällig würden, heißt es aus Regierungskreisen. Der Hinweis sei zu Protokoll genommen worden. Geändert habe sich aber nichts.
Auch Söder verstrickt sich in Widersprüchen seiner Corona-Politik
In seiner Landtagsrede verstrickt sich Söder allerdings auch in den zunehmenden Widersprüchen der bayerische Corona-Politik. So warnt er etwa zunächst wortreich vor der Gefährlichkeit der "dritten Welle": Ein schlichtes "Weiter-So" werde nach Ansicht von Experten nach Ostern "zu Inzidenzen über 300" führen. Gleichzeitig aber stellt er erneut just ab 12. April weitere Lockerungen "nach unserer Bayern-Matrix" in Aussicht.
Die Schulen seien längst "gewichtiger Teil des Pandemie-Geschehens", warnt Söder zudem. Deshalb werde seine Regierung die Schulen "zum Schwerpunkt des Testangebots" machen. Allerdings erst nach Ostern, wenn die meisten Schüler längst wieder im Distanzunterricht sein dürften – und nicht in der aktuellen Schulwoche, in der rund 40 Prozent der Schüler oft ohne jeden Test in den Schulen sind.
"Nicht erfüllte Ankündigungen zerstören das Vertrauen der Menschen", hält Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann Söder deshalb vor: "Für viele Schüler heißt es jetzt doch: Zurück in den Distanzunterricht, während die Baumärkte weiter offen haben." Auch werde es Söder nicht gelingen, mit immer neuen Ankündigungen von alten Fehlern abzulenken, warnt Hartmann: 115 Schnelltestzentren und acht Modellstädte "Tübingen plus" hatte Söder kurz zuvor für Bayern neu angekündigt. "Wir brauchen endlich flächendeckende Lösungen, statt neue Pilot-Projekte", setzt der Grüne nun dagegen. Denn viele Menschen seien "wütend, weil die Regierung nicht richtig handelt".
Söder zur aktuellen Lage: "Richtig doll is es ned"
"Richtig doll is es ned", hatte Söder zuvor am Ende seiner Landtagsrede die Corona-Lage am Tag des Berliner "Osterruhe"-Desasters auf fränkisch zusammengefasst. Sein Ziel bleibe aber, Schutz und Perspektive für die Menschen in Bayern zusammenzubringen: "Und es wird jeden Tag ein bisschen besser, wenn auch in kleinen Dosen."
Allerdings in der Praxis nicht so ohne weiteres umsetzbar. Ich bin erleichtert, dass das vom Tisch ist.
Ich finde es richtig - und der Mut gehört belohnt- zu sagen war nichts, wir ziehen es zurück. Es kann doch nicht sein, dass dieser Schritt mehr angekreidet wird, als ein einfaches durchziehen.
Es gibt kein Lehrbuch für Pandemien und eine Flip-Chart die die Schritte aufzeigt. Den Politikern gehört mehr Unterstützung Entscheidungen zu treffen, neue Wege zu versuchen und dann halt auch zu sagen, war nichts. Es kann nicht sein, dass nichts tun einen Politiker besser da stehen lässt, weil er keine Fehler macht.
Wir brauchen schnellst möglichst Lösungen zum Beispiel den Impfstoff:
Wenn wir ihn nicht selber herstellen können , dann ohne EU den russischen Sputnik testen , und wenn er genauso gut ist , die gleichen Wirkstoffe hat und keine anderen Nebenwirkungen zeigt , kaufen !
Wir diskutieren noch endlos weiterhin , hören uns noch Kommentare ohne Ende an ,
aber wir handeln nicht .
habe auch nie verstanden warum die Damen und Herren Ministerpräsidenten nie den
Bundestag mit einbezogen haben und immer nur alleine entscheiden .
Kommunikation sieht anders aus und das fehlt vielen Verantwortlichen in unserer
Gesellschaft.
Gesundheitspolitik ist Ländersache - steht so in unserer Verfassung!
Der BUndestag wäre hier ein zahnloser Tiger, die könnten reden, sich gegenseitig Vorwürfe an den Kopf werfen - aber zu entscheiden hätte das Bundes-Parlament in diesem Falle NICHTS, NULL, NADA, NIENTE!
Die Kanzlerin kann hier nur eine vermittelnde Rolle einnehmen, versuchen, eine gemeinsame Linie zustande zu bringen. Aber ab dem Ende der MP-Konferenz hat auch sie keinerlei Einfluss mehr auf das, was die einzelnen Landesfürsten und -fürstinnen dann mit diesen Beschlüssen machen, ob sie die dann noch in ihren Landesparlamenten diskutieren und abstimmen lassen, ob und wie die dann umgesetzt werden - das liegt dann an jedem Bundesland für sich alleine!
Man könnte ihn aber genauso verstehen im Sinne von: "Angela Merkel hat zwar die alleinige Verantwortung übernommen - aber das stimmt so nicht! Es war zwar der Vorschlag der Kanzlerin, aber wir alle, alle 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten, haben dem zugestimmt. Wir sind alle verantwortlich, es war UNSERE GEMEINSAME VERANTWORTUNG - und WIR TRAGEN AUCH ALLE VERANTWORTUNG!"
Das ist kein Abschieden und rausreden, das ist für mich gerade das Gegenteil, das ist die Mit-Übernahme der Verantwortung für dieses Chaos!
Und - wer die Presseerklärung im Wortlaut nicht nur gelesen, sondern GESEHEN hat, dürfte problemlos zu dem Schluss kommen, dass wohl die zweite Interpretation die richtige ist, dass er eben genauso Verantwortung übernommen hat!
Das zeigt auch seinen Charakter, Herr Söder ist genau so schuldig wie die Kanzlerin und die anderen Länderchefs. Sogar Herr Laschet hat unumwunden seinen persönlichen Fehler eingestanden. Aber Fehler eingesehen ist wohl keine Stärke von CSU-Mandatsträgern.
Nicht nur eine Entschudligung ist Herrn Söder schwer gefallen; im Gegenteil: er hat seine Länderkollegen auch noch hinterrücks zusätzlich in die Pfanne gehauen.
Er hat alles an der Ministerpräsidentenkonferenz bemängelt. Dinge für die er ebenso verantwortlich ist. Bei vergangenen Ministerpräsidentenkonferenzen kam ihm dieser Gedanke scheinbar nicht, da gab es auch keine solchen katastrophalen Fehler.
An den Begriff "Schmutzeleien" ihm gegenüber ist definitiv etwas dran!
Auch wenn ich kein ausgewiesener Freund der Grünen und Herrn Hartmann bin muss ich mir eingestehen, dass er oftmals recht hat mit seiner Kritik!
Da haut er niemand in die Pfanne, da spricht er eine Wahrheit aus, die anscheinend kaum einer hören will, vor allem dann, wenn man auf Kanzlerin und Ministerpräsident herumhacken will - er haben ALLE Ministerpräsidenten GEMEINSAM die jetzt zurückgenommene Regel beschlossen - da war auch ein grüner MP aus Ba-Wü dabei, da waren zwei rote MPinnen aus Rheinland-Pfalz und Meck-Pom dabei, da waren rote MPen dabei - Hamburg, Bremen, Brandenburg, Niedersachsen - usw.
Sie haben das ALLE GEMEINSAM beschlossen - und tragen auch ALLE GEMEINSAM Verantwortung. Wenn ich das deutlich benenne, haue ich damit niemand in die Pfanne!