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München
Klimaschutz nur mit Atomkraft? Was unterfränkische Landtagspolitiker von Söders Kehrtwende halten
Neue Atomkraftwerke in Bayern? Nur so seien die Klimaziele zu erreichen, findet Markus Söder. Landtagspolitiker aus der Region äußern sich zum Vorstoß des Ministerpräsidenten.
Klimaneutralität ist nur mit Atomkraft möglich, findet Markus Söder (CSU). Doch geht es dabei wirklich um Klimaschutz – oder eher um das Scheitern der eigenen ambitionierten Klimaziele?
Foto: Archivbild Peter Kneffel, dpa | Klimaneutralität ist nur mit Atomkraft möglich, findet Markus Söder (CSU). Doch geht es dabei wirklich um Klimaschutz – oder eher um das Scheitern der eigenen ambitionierten Klimaziele?
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 26.11.2024 17:00 Uhr

Eine Rückkehr zur Atomkraft in Bayern fordert Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schon länger. Nun aber verknüpft er das Thema mit dem Klimaschutz: Nur mit Kernenergie, erklärte er kürzlich, "können wir die Ziele der Klimaneutralität 2040 schaffen".

Eine Wiederinbetriebnahme des im April 2023 abgeschalteten letzten bayerischen Kernkraftwerks Isar 2 bei Landshut sei zudem "möglich und umsetzbar", glaubt Söder. Notfalls könne sich Bayern aber auch am Bau und Betrieb neuer Atomkraftwerke in Tschechien oder Frankreich beteiligen.

Die AfD fordert im Landtag schon immer eine Rückkehr zur Atomkraft. Doch geht Klimaneutralität in Bayern tatsächlich nur mit neuen Kernkraftwerken?

Felix von Zobel (Freie Wähler): "Teile Meinung des Ministerpräsidenten nicht"

"Ich teile die Meinung des Ministerpräsidenten nicht", sagt Felix von Zobel, Landtagsabgeordneter der Freien Wähler aus dem Landkreis Würzburg. Aus der Atomkraft auszusteigen, sei "absolut richtig" gewesen, findet er. Eine Rückkehr in Bayern hält von Zobel allein schon wegen der ungeklärten Frage des Atommülls nicht für sinnvoll: "Die Endlager-Suche bleibt sehr schwierig."

Volkmar Halbleib (SPD): "Söder will nur von gescheiterter Klimapolitik ablenken"

"Das ist eine klassische Söder-Nummer", kritisiert auch der Ochsenfurter SPD-Mann Volkmar Halbleib. Niemand habe Söder 2021 gezwungen, die Klimaneutralität Bayerns für 2040 anzukündigen – fünf Jahre vor dem Ziel des Bundes – und dann keine entsprechenden Taten folgen zu lassen. "Söders Atomkraft-Pirouette ist deshalb nur der klägliche Versuch, von der eigenen gescheiterten Klimapolitik abzulenken."

Patrick Friedl (Grüne): "Söders Klimaziele waren nie wirklich ernst gemeint"

So sieht dies auch der Würzburger Grüne Patrick Friedl: Söder habe nach der Reaktorkatastrophe in Japan 2011 als Umweltminister in Bayern den Atomausstieg massiv forciert. Das nun infrage gestellte Klimaziel 2040 habe Söder 2022 mit dem neuen bayerischen Klimaschutzgesetz sogar noch einmal verschärft: "Da stand der Atomausstieg längst fest", erinnert Friedl – und auch der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hatte schon begonnen.

Söders Kehrtwende habe deshalb nichts mit geänderten weltpolitischen Rahmenbedingungen zu tun, findet Friedl: "Vielmehr waren Söders Klimaziele offenbar nie wirklich ernst gemeint."

AKW-Beteiber: Wiederinbetriebnahme von Isar 2 "kein Thema"

Zur Stromerzeugung sei die Atomkraft zudem unbestritten die teuerste Energie, gibt SPD-Mann Halbleib zu bedenken. Für die Energiekonzerne sei Söders Kehrtwende deshalb wenig attraktiv. In der Tat ließ der Isar 2-Betreiber Preußen-Elektra Söders Idee postwendend abprallen: Die Wiederinbetriebnahme sei für das Unternehmen "kein Thema".

Schon im Sommer 2022 hatten Atomkraft-Experten bei einer Anhörung im Landtag den Weiterbetrieb nach April 2023 abgelehnt: Isar 2 sei technisch veraltet und nicht mehr genehmigungsfähig. Dazu sei kein Fachpersonal mehr vor Ort und das ganze Kraftwerk nicht mehr rentabel.

"Bayern müsste die Kosten selbst tragen", warnt Halbleib: "Das wäre ein Milliarden-Aufwand ohne wirtschaftlichen Nutzen." Denn eine flexible Grundlast-Sicherung der Stromversorgung sei mit einem nur langsam hochzufahrenden AKW schlicht nicht möglich. Dabei könnten nur neue Gaskraftwerke helfen, die mittelfristig auf Wasserstoff umgestellt werden können.

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) glaubt hingegen, dass Isar 2 schon "in drei bis vier Jahren" und "mit mehreren Milliarden Euro" wieder ans Netz gehen könnte. Dies sei "immer noch schneller als neue Gaskraftwerke", ergänzt Söders Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU).

Björn Jungbauer (CSU): "Müssen Rückkehr zur Atomkraft vorurteilsfrei prüfen"

Angesichts der Unsicherheit der Gasversorgung dürfe man die Atom-Alternative nicht ignorieren, findet auch der unterfränkische CSU-Landtagsabgeordnete Björn Jungbauer. Deshalb hält er Söders Vorstoß für richtig: "Wir müssen eine Rückkehr zur Atomkraft vorurteilsfrei prüfen." Noch gebe es aber viele offene Fragen, räumt der Würzburg-Land-Abgeordnete ein und fordert deshalb: "Wir brauchen eine bessere Faktenlage."

Und Söders Idee von bayerischen "AKW-Allianzen" etwa mit Tschechien? Tatsächlich haben die Tschechen einen massiven Atomkraftausbau, vor allem mit neuen Kleinreaktoren, bereits angekündigt.

Söder selbst habe doch die Sicherheit des grenznahen tschechischen AKW Temelin stets skeptisch beurteilt, entgegnet SPD-Mann Halbleib. Dass die Tschechen nun beim Ausbau auf eine bayerische Beteiligung warten, sei deshalb "keine realistische Option", glaubt er: "Auch diese Idee ist deshalb nur ein weiterer Stoß von Söders heißer Luft."

 
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  • Hans Kaiser
    Sobald er mit seiner CSU in Kürze mit der Kinderbuchautorentruppe ins Bett steigt ist er wieder Kernkraftgegner der ersten Stunde!
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  • Stefan Fuchs
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  • Mario Nikola
    Die Geschwindigkeit seines "Meinungswechsels" ist schon atemberaubend. Da spielt Herr Söder in einer ganz eigenen Liga. Ein toller Politiker, verantwortungsbewusst und dabei denkt er immer nur an seine Wähler, seine Schäfchen........määhh :)
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  • Johannes Metzger
    Ich weiss nicht, warum Vorschläge des obersten Politclowns der CSU überhaupt noch ernst genommen werden. Falls überhaupt mal Vorschläge kommen, über die es sich lohnen würde nachzudenken, haben die eine erstaunlich kurze Halbwertszeit.
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  • Marc Stürmer
    Also der 2021 Söder war noch der Meinung Fukushima ändert alles, das Restrisiko ist zu groß und der Atommüll alleine Problem genug, Atomkraft nicht weiter zu betreiben.

    Schade nur, dass der 2021er-Söder nicht mit dem 2024er-Söder darüber debattieren kann...

    Das war vor der Bundestagswahl, also Wahlkampfgewäsch. Wie heute eben auch wieder.

    https://www.youtube.com/watch?v=oGCVouMlS5A
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  • Bernd Frank Schwab
    Der Atomausstieg der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung war nach dem GAU in Fukushima im Jahr 2011, nicht im Jahr 2021.
    Damals drohte er mit dem Rücktritt als bayerischer Wirtschaftsminister, wenn der Ausstieg nicht schnell genug erfolgt.
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  • Armin Genser
    Preußen-Elektra leht ab. Warum wohl? Mit dieser Technik ist kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Die Endlagerung liegt in weiter Ferne. Man kann nur hoffen das die Castoren durchhalten bis endlich ein Loch gefunden ist, in die man sie verscharrt.

    Derzeit laufen weltweit 423 Raktoren.
    "Wind- und Solaranlagen allein erzeugten 28 % mehr Strom als AKWs u. erreichten einen Anteil von 11,7 % an der Stromerzeugung, während der Anteil der Kernkraft auf 9,2 % sank" ( Frankfurter Rundschau).
    Atomkraft ist die teuerste Energieform. Gegenüber Erneuerbaren Energien ist sie nicht wettbewerbsfähig u. für Investoren ohne staatliche Fördermittel uninteressant. Während die Kosten für neue Windkraft- und Photovoltaikanlagen u. Stromspeicher kontinuierlich fallen, steigen sie für den AKW-Neubau. Laut dem World Nuclear Industry Status Report 2020!! betragen die Energiekosten für die Kernenergie momentan 15,5 Cent pro Kilowattstunde, verglichen mit 4,9 Cent für Solarenergie und 4,1 Cent für die Windkraft.
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  • Armin Genser
    Quellenangaben fehlen. Bitte belegen Sie Ihre Aussagen mit entsprechenden Links und fügen Sie diese in einen neuen Kommentar ein.
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  • Bernd Frank Schwab
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  • Stefan Fuchs
    Erst macht Söder die Menschen unsicher mit der Abschaffung des Deutschland-Ticket, jetzt mit der Renaissance der Atomkraft.
    Sein großes Vorbild FJS würde dazu sagen,"politisches Leichtmatrosentum"

    Heiliger Kilian ,Schutzpatron der Franken,
    verschon uns vor Blitzschlag und Hagel und vor diesen Chaoten in Berlin.

    Wir wollen's Dir ewig Danken!
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  • Christa Büttner
    Söder wirft anderen gerne Ideologie vor.
    Selber macht er aber krasse Ideologie. Wann merkt das die Mehrheit der bayerischen Bevölkerung endlich und wählt ihn ab ?
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  • Arnold Friedrich
    Der Ausstoß von CO2 durch Verkehr und fossilen Heizungen muß dringend weniger werden.
    Wie soll da ein AKW helfen??
    Wärmepumpen sind ja laut den konservativen Teufelszeug.
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  • Andre Scheffler
    Der größte Schauspieler aller Zeiten, unser werter Herr MP. Aber wie heißt es: Zu viel Kompetenz macht unsympathisch. ;)) Funktioniert.
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  • Günter Thein
    Die Betreiber wollen und können Isar 2 nicht mehr in Betrieb nehmen. Ein neues Kraftwerk ist kaum vor 2040 fertig. Wann will Ankündigungs-Ministerpräsident Bayern klimaneutral haben? 2040? Da erübrigt sich jeder weitere Kommentar!
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  • Jürgen Huller
    Söder hat leicht reden. Er ist ja nicht in Verantwortung. So kann er vieles und alles behaupten und morgen wieder anders herum. Die Kehrtwende von der Kehrtwende von der Kehrtwende. Juckt nicht und hat für ihn keine Konsequenzen. Der Wähler vergisst schnell.

    Fakten sind ihm sowieso egal. Entweder kennt er sie nicht, was vorkommen kann, er ist ja meist fachfremd, oder er ignoriert sie wissentlich, was verwerflich wäre.

    Ein Beispiel bezgl. Wiederinbetriebnahme KKW Isar 2:

    https://www.zeit.de/news/2024-11/19/betreiber-widerspricht-soeders-aussage-zur-zukunft-von-isar-2

    Sind wir in Deutschland auch schon so weit wie in den USA, das wir von unseren Politikern angelogen werden wollen? Dass uns Fakten egal sind?

    Armes Deutschland.

    Damit läge dann Herr Söder absolut im Trend. Wie er das mit dem "Christlich" im Namen seiner Partei -oder sollte ich besser sagen, seinem "Traditionspflegeverein"- in Einklang bringen will und kann, ist sein persönliches Problem. Beichtet er jeden Abend?
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  • Peter Koch
    Söder ist Protestant, also kann er nicht beichten. Angeblich muss er also alle seine Taten dermaleinst persönlich verantworten. Schau mer mal ob und, falls überhaupt, wo ich ihm dann begegne.
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  • Walter Winheim
    Wenn unser Herr Söder so für Atomenergie ist,möchte er doch bitte auch ein wenig Atommüll zu Hause lagern.
    Oder sollen das dann doch lieber die anderen machen,weil in der Mut fehlt (ironisch gemeint)?
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  • Hans Kaiser
    Ich mag den Herrn Söder, er war schon für alles und gegen alles, so ist für jeden was dabei.
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  • Georg Wohlfart-Mitznegg
    Sollte Herr Habeck morgen dafür sein, wieder auf Atomkraftwerke zu setzen, dann wäre Herr Söder selbstverständlich dagegen.
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  • Andre Scheffler
    Volle Zustimmung, so wird's sein!👍🏻🤣
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