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30 Seiten Formulare: Unterfränkischer Helfer genervt von Bürokratie bei der Registrierung von Ukraine-Flüchtlingen
Schnelle und unbürokratische Hilfe sollen ukrainische Geflüchtete auch in Unterfranken bekommen. Doch das klappt oft nicht. Welche Probleme es bei der Anmeldung und Registrierung gibt.
Ukrainischen Kriegsflüchtlingen soll in Bayern schnell geholfen werden. Doch es gibt viel Kritik an überbordender Bürokratie und technischen Problemen bei der Anmeldung und Registrierung.
Foto: Anand Anders | Ukrainischen Kriegsflüchtlingen soll in Bayern schnell geholfen werden. Doch es gibt viel Kritik an überbordender Bürokratie und technischen Problemen bei der Anmeldung und Registrierung.
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 09.02.2024 05:31 Uhr

Ukrainischen Kriegsflüchtlingen soll schnell und unbürokratisch geholfen werden – so jedenfalls lautet die politische Vorgabe der Bayerischen Staatsregierung. Schließlich kommen hier Menschen auch nach Unterfranken, die vor Krieg und Gewalt geflohen sind, oftmals ihr Hab und Gut verloren haben und um das Wohlergehen von Freunden und Angehörigen fürchten müssen.

30 Seiten Formblätter für die Anmeldung der Ukraine-Flüchtlinge

Doch offenbar hält die Realität dem politischen Anspruch unbürokratischer Hilfe nicht immer Stand: Mehr als 30 Seiten Formblätter habe er für die Anmeldung von zwei ukrainischen Frauen bei den zuständigen Ämtern ausfüllen müssen, schildert ein genervter Flüchtlingshelfer aus dem Landkreis Main-Spessart: "Per Hand und auf Papier." Drei Stunden habe die Prozedur gedauert.

Zu den angefragten Unterlagen gehörte etwa eine Vermögensbestätigung der ukrainischen Bank der Frauen sowie ein Nachweis über "größere Kontobewegungen (ab 1.000 Euro)" – Anforderungen, die aus einem Kriegsgebiet kaum zu erfüllen sind. Manche der Vorlagen sind auf ukrainisch verfügbar, andere nur auf deutsch. Der "Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels" etwa fragt die Geflüchteten auf deutsch auch nach Grundkenntnissen der Rechtsordnung in Bayern oder nach dem Besuch von Integrationskursen.

Flüchtlingshelfer genervt: "Kann man das nicht einfacher machen?"

Er verstehe ja, dass der Staat Informationen über die geflüchteten Menschen benötige - vor allem wenn sie staatliche Leistung in Anspruch nehmen müssten, räumt der Helfer ein: "Aber kann man das nicht einfacher machen?" Er habe die ausgefüllten 30 Seiten Papier jedenfalls eingescannt und dann digital an die Gemeinde geschickt: "Wahrscheinlich wird es dort dann wieder ausgedruckt."

Auch beim Bayerischen Gemeindetag ist man nicht glücklich über die ausufernde Anmeldeprozedur für die Geflüchteten aus der Ukraine: Ein Grund für die vielen Formulare liege aber in den Zuständigkeiten, erklärt Gemeindetags-Sprecher Wilfried Schober. So ist das Einwohnermeldeamt eine Behörde der Gemeinde. Das Ausländeramt dagegen ist eine Behörde des Freistaats. Und eventuelle staatliche Leistungen zahlt das Landratsamt aus.

Gemeinden fordern vom Innenministerium pragmatische Lösungen

Aufgrund des Datenschutzes könnten die Behörden nicht einmal das Geburtsdatum einmal erfassen und dann digital austauschen. "Trotzdem muss das besser gehen", fordert Schober - und sieht vor allem das bayerische Innenministerium in der Pflicht: Dort müsse man mit Bezirksregierungen und Landratsämtern pragmatische Lösungen finden, welche Informationen denn wirklich notwendig sind – und auf welche bei Kriegsflüchtlingen verzichtet werden kann: "Ich bedauere sehr, dass das bisher nicht geschehen ist", klagt Schober.

"Uns ist nicht bekannt, dass es beim Ausfüllen von Formularen zu größeren Problemen kommt", hält das Innenministerium auf Nachfrage dagegen. Zudem habe man etwa die Kommunen "bereits mehrfach auch für Besonderheiten bei Ukraine-Flüchtlingen sensibilisiert".

In jedem Fall dürfte die Herausforderung für Städte und Gemeinden in den nächsten Wochen sogar noch wachsen. Denn ukrainische Geflüchtete, die etwa bei Freunden und Bekannten untergekommen sind, können drei Monate lang völlig ohne Anmeldung in Deutschland bleiben. Erst dann muss vor Ort ein sogenannter Aufenthaltstitel beantragt werden.

Registrierung im Ausländerzentralregister kämpft mit technischen Problemen

Doch neben der kommunalen Anmeldung gibt es auch noch eine allgemeine staatliche Erfassung der Kriegsflüchtlinge: "Bayern besteht auf die Registrierung jedes Flüchtlings im Ausländerzentralregister (AZR)", bekräftigt Innenstaatssekretär Sandro Kirchner (CSU). Es gelte zu vermeiden, dass Schleuser, Menschenhändler oder andere Straftäter die Lage ausnutzten. Die AZR-Registrierung sei aber auch zum Schutz der Flüchtlinge selbst wichtig - etwa vor Zwangsprostitution, erklärt der unterfränkische Politiker.

Doch auch hierbei gibt es Probleme – vor allem technischer Art: Denn das für die AZR-Registrierung verwendete bundesweite PIK-System kämpft mit mangelnden Computer-Kapazitäten – weshalb die Übertragung der gescannten Fingerabdrücke und Fotos manchmal 15 Minuten, manchmal aber auch eine Stunde dauern kann.

Müssen Kriegsflüchtlinge in Bayern am Ende doppelt registriert werden?

Zudem halten offenbar längst nicht alle Bundesländer eine AZR-Registrierung für notwendig: "Wir stellen leider fest, dass dies nicht überall konsequent gemacht wird", beklagt Kirchner. Der Bund setzt zudem auf ein neues Erfassungssystem namens "Free", dass die Verteilung der Flüchtlinge verbessern soll: "Man verteilt, aber man weiß teilweise gar nicht genau, wen man verteilt", kritisiert der Innenstaatssekretär. Bayern beharrt deshalb weiter auf eine AZR-Registrierung – was für die Geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer im Freistaat am Ende auf eine doppelte Erfassung hinauslaufen könnte.

 
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Kommentare
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  • jhuller@gmx.de
    Naja, wenigstens hat das Altpapier-produzierende Gewerbe, unsere Bürokratie, immer Konjunktur.

    Eigentlich könnten wir den Kohleausstieg auch sofort machen. Wenn wir die Kohlekraftwerke mit dem Altpapier aus den Behörden betreiben würden, reicht das mindestens auch noch 20 bis 30 Jahre.
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  • berndschebler@mail.de
    Deutschland wird zu einem Entwicklungsland. Die anderen Länder lachen über ganz Deutschland.
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  • Albatros
    Dieses Land verwaltet sich selbst und stirbt in Bürokratie; der Beamtenmoloch in Brüssel tut sein übriges. Die Flüchtlingswelle in 2015 wäre ohne die tausenden Freiwilligen kolabiert, denn auch hier haben die Behörden in weiten Teilen versagt. Spätestens mit Corona hat sich gezeigt, in welchem Zwangskorsett sich unser System befindet. Gut bezahlte Verwaltungsangestellte oder Beamte, welche mit einer 35-Stunden-Woche bereits körperlich und mental am Limit sind. Es gibt zweifelsohne Ausnahmen, aber wir sollten uns überlegen, ob wir in derart vielen Bereichen Beamte und Verwaltungsangestellte benötigen, anstatt dass sich diese Ämter einem öffentlichen Wettbewerb stellen.
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  • 1958kosb
    D macht's wieder ganz genau. Jetzt weis ich auch wo das Papier der Krankenkassen hin gekommen ist.
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  • matthiasr
    Wie nur 30 Seiten?

    Unsere Bürokratie schwächelt aber ganz schön!

    50 + X sollte der Maßstab sein!
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  • lanalando
    Viel Personal . Viel Kaffee. Viel mit bisschen Arbeit überfordert. Viel keine Lust.
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