Die Opfer – 28, 56 und 78 Jahre alt – waren Tochter, Mutter und Großmutter. Taucher entdeckten die Frauen am späten Mittwochabend. Sie waren offenbar binnen weniger Minuten von der Flut überrascht worden. Die 28-Jährige soll noch versucht haben, ihren Laptop aus dem Haus zu holen, sei aber dann von den Wassermassen eingeschlossen worden, berichtet die „Passauer Neue Presse“.
Dreistelliger Millionenschaden
Im Nachbarort Julbach riss die Flutwelle Teile eines Wohnhauses mit sich und tötete die 80-jährige Bewohnerin. Die Leiche der Frau wurde mehrere Kilometer weiter in einem Bachbett entdeckt. Außerdem starb in Simbach ein 75-jähriger Mann. Mindestens drei Menschen – ein Ehepaar und ein 65-Jähriger – wurden bis Donnerstagabend noch vermisst. Taucher suchten nach weiteren möglichen Opfern.
Der Sachschaden geht nach ersten Schätzungen in den dreistelligen Millionenbereich. Simbach und die Marktgemeinde Triftern sind in weiten Teilen verwüstet. Die vom Hochwasser betroffene Fläche hat die doppelte Größe des Chiemsees.
1500 Euro Soforthilfe
Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) versprach den Betroffenen Soforthilfe in Höhe von jeweils 1500 Euro, das Bistum Passau stellt pro Haushalt 300 Euro in Aussicht. „Das Ganze kam so überfallartig, da ist mit Hochwasserschutz nichts zu machen“, erklärte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). Man werde unbürokratisch helfen. Zerstörte Straßen, Brücken und Schienenstrecken sollten laut Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) so schnell wie möglich wieder aufgebaut werden.
Zwar entspannte sich die Hochwasserlage am Donnerstag etwas, die neuerlichen Regenfälle waren weniger stark als befürchtet. Jedoch besteht in ganz Bayern weiter Unwettergefahr mindestens noch bis Sonntag, sagte der Diplom-Meteorologe Jürgen Schmidt vom Wetterkontor. Wo sich die Gewitter entladen, sei weiterhin kaum vorherzusagen. Das sieht auch Volker Wünsche vom Deutschen Wetterdienst so. Grund sei ein seltenes Wetterphänomen, bei dem einzelne Gewitterzellen sehr punktuell Starkregen abladen, so der Experte.
Entsprechend war das verheerende Hochwasser in Niederbayern nach Einschätzung von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nicht vorherzusehen. „Innerhalb von wenigen Minuten ist in einigen Gebieten der Wasserstand um mehrere Meter angestiegen“, sagte er bei einem Vor-Ort-Besuch. Die Anwohner und Einsatzkräfte seien davon völlig überrascht worden.
20 Prozent mehr Tiefdruckgebiete
Seine Kabinettskollegin, die Umweltministerin Ulrike Scharf, geht davon aus, dass mit derartigen Extremwetterlagen noch häufiger zu rechnen ist. Bedingt durch den Klimawandel würden räumlich begrenzte, besonders starke Niederschläge künftig vermehrt auftreten.
„Nach Klimamodellen soll sich die Zahl solcher Tiefdruckgebiete wie derzeit über Mitteleuropa bis 2100 um 20 Prozent erhöhen“, erläuterte Andreas Becker vom Deutschen Wetterdienst.
Auch über Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz zogen heftige Gewitterstürme hinweg. Vielerorts mussten Keller ausgepumpt werden. Menschen wurden jedoch nicht verletzt. Auch Frankreich ist von Unwettern betroffen: Kunstwerke im weltberühmten Pariser Louvre müssen vor dem Hochwasser der Seine in Sicherheit gebracht werden.