Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat den von Stadt zu Stadt unterschiedlichen Umgang der Polizei mit unangemeldeten Protesten gegen Corona-Maßnahmen verteidigt: "Es gibt hier kein einheitliches Vorgehen der Polizei, weil es kein einheitliches Vorgehen der Demonstranten gibt", sagte Herrmann im Landtag.
Während es vor allem in Schweinfurt und München in den vergangenen Wochen zu Gewalt und einer systematischen Missachtung von Infektionsschutz-Vorgaben gekommen sei, würden viele der unangemeldeten Corona-Proteste friedlich verlaufen, erklärte der Innenminister.
Polizei-Statistik: 2021 fast tausend Straftaten im Zusammenhang mit Corona-Demos
So sei es am vergangenen Montag bei bayernweit rund 170 unangemeldeten "Spaziergängen" mit etwa 68 000 Teilnehmenden nur zu einer Handvoll geahndeter Verstöße gekommen. "Wir kooperieren, wo immer es möglich ist, aber wir reagieren mit Härte, wo Härte nötig ist", erklärte der Minister. Allerdings ist es laut Polizei-Statistik im Jahr 2021 im Zusammenhang mit Corona-Protesten in Bayern zu 949 Straftaten gekommen – von Sachbeschädigung bis zu Körperverletzung.
Laut Herrmann kommen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Proteste "weit überwiegend aus dem bürgerlichen Spektrum". Klar sei allerdings auch, "dass rechtsextremistische Akteure vermehrt versuchen, auf das Protest-Geschehen aufzuspringen", warnte der Innenminister. "Dies scheint leider vielen Teilnehmern immer noch nicht bewusst zu sein."
Herrmann: Rechtsextreme bei Demo-Mobilisierung auch in Unterfranken sehr aktiv
"Rechtsextreme Gruppen tragen zudem oft zur Mobilisierung bei", sagte Herrmann. So sei etwa die rechte Splitter-Partei "Der Dritte Weg" in München und Bamberg an Demo-Aufrufen in Sozialen Medien beteiligt. Vor allem in Franken sehr aktiv sei zudem das rechtsextreme "Kollektiv Zukunft schaffen Heimat schützen", das im Dezember etwa in Ebern (Lkr. Haßberge) zu Protesten aufgerufen hatte. Laut Verfassungsschutz hat diese Gruppe "eine ideologische Nähe zum Neonazismus".
"Die Aufrufe solcher Gruppen wirken auf den ersten Blick oft harmlos", warnte Herrmann. Ziel der Rechtsextremisten sei aber "Anschluss an die bürgerliche Mitte" zu finden. Von den über tausend von Polizei und Verfassungsschutz beobachteten "Veranstaltungen mit Corona-Bezug" im Jahr 2021 seien zudem rund siebzig unter maßgeblicher Beteiligung von Rechtsextremisten offen demokratiefeindlich gewesen.
Über Demo-Verbote vor Ort "entscheidet nicht der Innenminister"
Herrmann räumte ein, dass die unangemeldeten Corona-Proteste für die Polizei ein Problem sind: "Der Personalaufwand ist gigantisch", so der Innenminister. Die Proteste wie in Schweinfurt per Allgemeinverfügung zu verbieten, sei im Einzelfall nur dort möglich, wo Gewalt und vorsätzliche Regelverstöße offensichtlich geplant sind. "Nur die Befürchtung von Regelverstößen reicht nicht aus, die Gefahr muss belegbar sein", erklärte Herrmann. Die Lage-Einschätzung könne deshalb immer nur von der örtlichen Polizei und den Kreisverwaltungsbehörden erfolgen: "Das entscheidet nicht der Innenminister."
Nach oberster Rechtsprechung sind zudem unangemeldete Proteste zu tolerieren, wenn sie friedlich und regelkonform sind: "Diese Rechtslage respektiere ich mit großer Überzeugung", beteuerte der Innenminister. Diese Toleranz könne auch nicht davon abhängen, ob einem die politische Ausrichtung der Demos nun gefalle oder nicht.