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Schweinfurt
Corona-Protest: Gelten in Schweinfurt andere Regeln?
Gegner der Corona-Maßnahmen behaupten, in Schweinfurt wären die Auflagen für Demonstrationen höher als in Bamberg. Die Redaktion hat den Faktencheck gemacht.
Stopp! Sonntag für Sonntag ist die Polizei in Schweinfurt im Einsatz, um die nicht angemeldeten Aufzüge von Corona-Maßnahmen-Gegnern zu stoppen.   
Foto: Josef Lamber | Stopp! Sonntag für Sonntag ist die Polizei in Schweinfurt im Einsatz, um die nicht angemeldeten Aufzüge von Corona-Maßnahmen-Gegnern zu stoppen.   
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:42 Uhr

Der Vorwurf wiegt schwer: Es wird behauptet, in Schweinfurt sei das Demonstrationsrecht eingeschränkt. Gegner von staatlichen Corona-Maßnahmen würden "niedergemacht" durch hohe Auflagen für Versammlungen. Deshalb gingen sie unangemeldet auf die Straße. In Bamberg sei das anders, schreibt ein Leser, "dort kann man demonstrieren, mit vernünftiger Ordner- und Teilnehmerzahl". Stimmt das? Die Redaktion hat den Faktencheck gemacht. Gleich vorweg: Den Bambergern erscheint die vergleichende Aussage "recht gewagt".  

Welche Vorgaben gibt es für die Anzahl der Ordner bei angemeldeten Versammlungen?

Hier ist die jeweilige individuelle Versammlung zu betrachten. So ist es ein Unterschied, ob die Versammlung ortsfest oder als Aufzug stattfindet. In Schweinfurt ist die übliche Quote ein Ordner je 25 Teilnehmer. Je nach Einschätzung des Bedarfs kann sie auch höher oder niedriger ausfallen.

Auch in Bamberg ist die Zahl der Ordner grundsätzlich abhängig von der Art und Größe der Versammlung und ob sie stationär oder als Aufzug stattfindet. So war beispielsweise bei der sich fortbewegenden Groß-Demo am 10. Januar ein Ordner je sieben Teilnehmer gefordert. 

Gibt es eine Begrenzung der Teilnehmerzahl für angemeldete Corona-Protest-Veranstaltungen?

"Momentan nicht, zumindest keine absolute Zahl", sagt das Ordnungsamt der Stadt Schweinfurt. Die tatsächliche Grenze liegt aber da, wo die in der 15. Bayerischen Infektionsschutzverordnung geforderten Abstände nicht mehr möglich sind. Das hängt also von den konkreten örtlichen Verhältnissen ab.

Auch in Bamberg gibt es seitens der Stadt keine Vorgaben bezüglich der Teilnehmerzahl. "Diese legt der Veranstalter fest", sagt das Presseamt. Bei stationären Versammlungen könne aber vorab mit dem Veranstalter die Teilnehmerzahl vereinbart werden, wenn die Größe der konkreten Örtlichkeit eine Begrenzung erforderlich mache.   

Wie verhält es sich mit der Maskenpflicht und dem Abstandsgebot?

In Schweinfurt werden aufgrund der aktuellen Pandemielage bei angemeldeten Versammlungen eine Maskenpflicht und ein Abstandsgebot von 1,5 Metern angeordnet.

In Bamberg besteht ebenfalls eine Maskenpflicht. Sie wurde wieder eingeführt, so das Presseamt, weil sich die Teilnehmenden an den Protestveranstaltungen nicht an die Abstandsregeln gehalten hätten. 

Hat die Stadt Schweinfurt schärfere Auflagen für Corona-Protest-Demonstrationen als Bamberg? 

Seit Beginn der Pandemie gab es je nach Infektionslage teilweise unterschiedliche bayernweite Regeln was zum Beispiel Maskenpflicht oder die infektionsschutzrechtliche Vertretbarkeit von Versammlungen bis zu einer bestimmte Teilnehmerzahl anbetrifft. Diese Regelungen wurden von der Stadt umgesetzt. Zusätzlich wird die individuelle Versammlungslage berücksichtigt. Bestimmte Teilnehmerzahlen lösen bestimmte Maßnahmen aus. Teilweise erfolgen Anordnungen auch aus den Erfahrungen mit vorherigen Versammlungen.

Die Stadt Bamberg verfährt ähnlich. "Die Auflagen sind grundsätzlich je nach Versammlung abhängig von der Teilnehmerzahl, der betroffenen Orte und/oder Strecke sowie von der aktuellen Rechtslage und insbesondere von der Pandemielage", heißt es.  

Schreibt die Stadt Schweinfurt einem Veranstalter den Versammlungsort vor?

Grundsätzlich obliegt die Wahl des Versammlungsortes dem Veranstalter, sagt die Stadt. Es werde nur in Ausnahmefällen eingegriffen, wenn es rechtliche oder tatsächliche Gründe für eine Verlegung gibt. Im Dialog mit dem Veranstalter wird dann eine geeignete Ersatzstätte gesucht.

Wie war die Kooperation mit dem Veranstalter "Schweinfurt auf die Straßen" (SWADS) bei den zurückliegenden, noch angemeldeten Corona-Demonstrationen?

Nach Angaben der Stadt verliefen die Kooperationsgespräche stets sachlich. Teilweise wurden die Entscheidungen der Stadt gerichtlich angegriffen, die Haltung der Stadt sei jedoch vollumfänglich bestätigt und damit für rechtmäßig erachtet worden. Der Veranstalter habe das akzeptiert.

Orientiert sich die Stadt Schweinfurt bei den Auflagen an den Vorgaben in anderen Städten?

Es findet ein Austausch mit anderen Versammlungsbehörden statt, auch von ministerieller Seite gibt es Vollzugshinweise. Betrachtet wird aber immer die individuelle Versammlung vor Ort.

Gibt es unterschiedliche Auflagen für Versammlungen von Gegnern und Befürwortern von Corona-Maßnahmen?

Grundsätzlich werden Versammlungen in gleicher Art und Weise betrachtet, sagt die Stadt Schweinfurt. Trotzdem kann es im Einzelfall zu unterschiedlichen Bescheiden kommen. So bedarf ein Aufzug mit 1000 Teilnehmern anderer Regelungen als eine stationäre Versammlung mit 50 Teilnehmern. Auch der Gegenstand der Versammlung kann Anlass zu Beschränkungen geben. Beispiel: Wenn eine Versammlung gegen Atomkraft angemeldet wird, die schon in den Vorjahren in ähnlicher Weise stattgefunden hat, und in der Anzeige schon angegeben ist, dass Masken getragen werden, bedarf es keiner Anordnung einer Maskenpflicht. Wird hingegen eine Protestdemo angezeigt, die sich gegen die pandemiebedingten Einschränkungen richtet und bei der es zuvor schon massenhaft Abstandsverstöße gab, hält die Stadt die Maskenanordnung für angezeigt.

Warum dürfen in Bamberg Protestaufzüge stattfinden, in Schweinfurt aber nicht?

In Schweinfurt finden seit Anfang Dezember nicht angezeigte Versammlungen – getarnt als "Spaziergänge" – statt. Weil die Initiatoren anonym bleiben, können keine Abstimmungen getroffen werden. Insbesondere aufgrund der gestiegenen Gewaltneigung und der zurückliegenden Ausschreitungen hat die Stadt daher eine Allgemeinverfügung erlassen, die nicht angemeldete Versammlungen ausschließlich ortsfest erlaubt.

Die Stadt Bamberg musste zu diesem Mittel bislang nicht greifen: "Bei uns werden die Versammlungen und Aufzüge immer angezeigt", schreibt das städtische Presseamt Bamberg. 

 
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Kommentare
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  • Familiemay
    Bamberg wurde Funke Hoffnung Aktion so lange reingeredet bis nicht mehr viel von der eigentlichen Aktion übrig war. Macht ausspielen gegen die Initiatoren.

    Bei den Corona Regel Demo ist es jetzt wohl andersrum.
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  • lupone
    Zwischenzeitlich hat ein Gericht die Allgemeinverfügung in Bad Mergentheim gekippt . Ab sofort darf dort wieder spaziert werden. Gilt das auch für Schweinfurt?
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  • kh070656
    @ lupone

    Das Urteil des Verwaltungsgerichtes Stuttgart belegt wieder einmal, dass die sinnfreie Äußerung „Diktatur“ bei den sog. „Spaziergängen“ nur Geschwurbel ist, das jeglicher Grundlage entbehrt. Es ist sehr wichtig, dass sich Menschen frei treffen und demonstrieren dürfen. Das in Art. 8 Abs. 1 GG enthaltene verfassungsrechtliche Grundrecht ist zu beachten: „Die Versammlungsfreiheit darf nur zum Schutz gleichgewichtiger anderer Rechtsgüter eingeschränkt werden, dabei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit strikt zu wahren.“ Die Versammlungsfreiheit kann nach Art. 8 Abs. 2 GG einschränkt werden. Das bundesdeutsche Versammlungsgesetz ermöglicht eigene Versammlungsgesetze der Länder. Bisher haben Bayern, Niedersachsen, Sachsen und Sachsen-Anhalt vollständig davon Gebrauch gemacht. Insofern gilt in Schweinfurt eine andere rechtliche Grundlage als in Bad Mergentheim.
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  • Steler06501902
    Kleinkindgejammere.

    Im Kindergarten durften auch immer die anderen mehr als man selber.
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  • p-koch-dettelbach@t-online.de
    Dann sollen die illegalen Demonstrierenden halt nach Bamberg fahren wenn ihnen dort besser gefällt. Oder nach Shanghai.
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  • Lebenhan1965
    Kasachstan @ PKD

    wäre aktuell eine tolle Adresse für diejenigen, die die Existenz unseres Rechtsstaates bezweifeln.
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  • SIK
    Frage mich schon wieder, warum die kleine Gruppe der Bevölkerung so viel Aufmerksamkeit bekommt! Berichtet doch einfach nicht darüber! Außerdem obliegt es doch jeder Kommune, welche Auflagen gemacht werden! Bamberg ist Bamberg, Schweinfurt ist Schweinfurt.
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  • Nachgefragt
    #Sik sehe ich genauso...ich gehe heute am Nachmittag wahrscheinlich noch mit meiner Frau spazieren (im normalen Sinn (zu zweit))....aufgrund der Ausgewogenheit bitte ich um einen Bericht in der Mainpost
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