
Mehrere Monate lang - Zeugen sprechen von Mai bis Anfang Oktober - hing am Zufahrtstor zu einem Grundstück in einem Wohngebiet im Würzburger Steinbachtal ein etwa drei auf 0,5 Meter großes Transparent. Darauf zu lesen: "Stoppt die Verschandelung Würzburgs. ,Nimm Dir fünf Minuten Zeit - Schlage einen Grünen breit'".
Aufkleber mit dem gleichen Wortlaut prangten Zeugen zufolge auch an Autos des Grundstückseigentümers. Konstantin Mack, Stadtrat der Würzburger Grünen, hatte das Banner im Mai gesehen - und bei der Polizei Anzeige wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten erstattet.
Ermittlungen gegen mutmaßlichen Urheber
Nach längeren Ermittlungen gegen den Hausherrn und mutmaßlichen Urheber des Transparents stellte die Staatsanwaltschaft Würzburg das Verfahren Mitte September ein. Der Verdacht eines strafrechtlich relevanten Verhaltens habe sich nicht bestätigt, teilt die Justizbehörde auf Nachfrage dieser Redaktion mit. Mack hat gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft jetzt Widerspruch eingelegt.

Für den Stadtrat ist klar, dass der Spruch die konkrete Aufforderung zu Gewalt gegen Mitglieder und Unterstützer der Partei Bündnis 90/Die Grünen bedeutet. Unterstrichen werde das durch einen zweiten Aufkleber an einem der Autos des Grundstücksbesitzers, auf dem von "rot-rot-grüner Pest" die Rede ist. Durch die Größe des Transparents und das Aufhängen an der Straße werde der "öffentliche Frieden" gestört. Dass der Grundstückseigentümer lediglich mit den Grünen politisch debattieren wolle, sei nicht glaubhaft, sagt Mack.
Wie der Duden "breitschlagen" definiert
Die Staatsanwaltschaft Würzburg sieht dies anders. Ihr zufolge ist nicht auszuschließen, "dass der Beschuldigte den Begriff ,breitschlagen' im Sinne des Wörterbuchs ,Duden' in der Bedeutung ,überreden', ,beschwatzen' verwendet hat". Entsprechend habe sich der Mann auch in einem Gespräch mit dem ermittelnden Polizisten geäußert. Eine strafrechtliche Verfolgung sei nur bei einer eindeutigen Äußerung möglich. Ansonsten sei der Spruch durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt, so die Staatsanwaltschaft. Der Beschuldigte selbst war für die Redaktion nicht zu erreichen.
Dass die Justiz Doppeldeutigkeiten in der Sprache durchaus auch anders auslegt, zeigt die Debatte um die Plakate der Neonazi-Partei "Der III. Weg" vor der Bundestagswahl. Auf diesen stand in großen Buchstaben "Hängt die Grünen". Letztlich entschieden sowohl das Landgericht München I als auch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bautzen, dass die Plakate abgehängt werden müssen. Die bayerischen Richter sahen das Persönlichkeitsrecht der Grünen verletzt, die sächsischen Richter entschieden, das Motiv sei ein Angriff auf die Menschenwürde der Mitglieder von Bündnis90/Die Grünen und erfülle damit den Straftatbestand der Volksverhetzung. Daran ändere auch ein zweiter Satz auf den Plakaten nichts. In sehr viel kleiner Schrift hieß es dort: "Macht unsere nationalrevolutionäre Bewegung durch Plakatwerbung in unseren Parteifarben in Stadt und Land bekannt."
Grünen-Politiker legt Widerspruch ein
Grünen-Stadtrat Konstantin Mack erwähnt die Begründung des OVG Bautzen ausdrücklich in seiner Beschwerde gegen den Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Würzburg. Es könne nicht sein, dass Menschen, "die hetzen und verletzen" mit dem Verweis auf sprachliche Spitzfindigkeiten ungestraft davonkommen.
Die Beschwerde des Grünen-Stadtrats sei eingegangen, bestätigt Thorsten Seebach, der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Sie werde nun geprüft.
haben - egal wen es betreffen soll - mMn nichts mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung zu tun, sondern sind Anstiftung zur Begehung von Straftaten und gehören entsprechend geahndet. Und zwar spürbar - bevor wir (wieder) Zustände wie in den 1930-er Jahren bekommen.
Jemanden "breitschlagen" sagt für meine Begriffe jemand über eine/ n mehr oder weniger gute/ n Bekannte, der mal zum Umzug helfen bewegt werden soll o. ä. .
"Schlage jemanden breit" ist da schon deutlich feindseliger.
Zum Breitschlagen kommunikativer Natur brauchts eweng mehr wie 5 Minuten - auch das für mich ein Hinweis, dass der Steinbachtaler (mMn kann das keine Dame sein) eher die physische Auslegung von "breitschlagen" bemüht.
Bemerkenswerte Geschichte - Herr Mack sollte an der Sache dranbleiben und die Mainpost gerne auch.
Man muss nur den Sinn verstehen (wollen)
Eine harmlose Geschichte, aufgebauscht von einem politischen Emporkömmling ohne Sinn und Verstand. Garniert mit Polizei und Staatsanwaltschaft, was die Grünen doch niemals präferiert haben…
Das ist einer der wenigen Augenblicke, bei denen ich mit der Würzburger Justiz konform gehe.
Der Sinn der Sache wurde nicht verstanden. Muss man auch nicht voraussetzen…
Falls der nichts mit dem Plakat und den Aufklebern zu tun hat bitte ich die MP das zu bestätigen.
Ich will ja nicht, dass ein falscher Verdacht aufkommt.