
Während Omikron über den Kontinent grassiert, gaukelt der Profisport den Fans in Bayern nach der Wiedereröffnung der Arenen und Stadien ein Stück Normalität vor. So auch am Freitagabend in der Würzburger tectake Arena. Nach Monaten der Corona-Tristesse auf der Tribüne sorgten 725 Menschen, so viele wie erlaubt beim Handball, mit ihren Händen, Trommeln und Tröten für einen Höllenlärm. Und für knisternde Derby-Stimmung in der 2. Bundesliga.
Auf dem Spielfeld tanzten nach einem zeitweise wilden Spektakel die Spieler der DJK Rimpar Wölfe ausgelassen, während die des TV Großwallstadt teils fassungslos am Boden lagen. Mit 31:29 (14:17) hatten die Gastgeber soeben den sechsten Sieg in Serie in diesem unterfränkischen Vergleich gefeiert und sind somit erfolgreich ins Sportjahr 2022 und die Rückrunde gestartet. Big Points gegen den Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt. Und das, nachdem die Gäste 47 Minuten lang meist geführt hatten.
Thomann: "Ich fand Großwallstadt brutal stark"
Umso enttäuschter war TVG-Trainer Ralf Bader. "Das war unsere beste Leistung gegen Rimpar seit wir zurück in der 2. Liga sind." Diese habe rund eine Viertelstunde vor Schluss aber einen "Knick" bekommen, "auch in der Körpersprache". Letztlich habe sich seine Mannschaft trotz guter Abwehr und Kampf bis zum Ende zu viele Aussetzer geleistet. "So ist das, wenn man unten drin steht."
Sein DJK-Kollege Julian Thomann hatte so schnell "keine Analyse parat". "Ich fand Großwallstadt brutal stark, uns ist lange wenig eingefallen. Über Paraden von Andi Wieser sind wir dann zu einfachen Toren gekommen und haben das Spiel gedreht."
70. Geburtstag von Kurt Klühspies
Am 70. Geburtstag von TVG-Klublegende Kurt Klühspies, Handball-Weltmeister von 1978 aus Erlenbach, der dem Altmeister immer noch beratend zur Seite steht, gelang den Großwallstädtern der bessere Start. Angefeuert von 135 Anhängern, lagen sie meist mit einem bis zwei Treffern vorn.
Nach dem 14:14 (25.) glückte den Gästen bis zur Halbzeit eine 3:0-Serie zur bis dato höchsten Führung. Und die war verdient. Denn während bei den Wölfen nach der Winterpause noch längst nicht alles rund lief, wirkten die Wallstädter nach ihrer bitteren Heimniederlage am Samstag davor gegen den VfL Lübeck-Schwartau nicht nur schon eingespielter, sondern vor allem bis in die Haarspitzen vollgepumpt mit Adrenalin. Sie boten die konzentriertere und diszipliniertere Leistung in der tor- und zeitstrafenreichen Partie. Den Hausherren unterliefen mehr Fehler und Fehlwürfe.
Andreas Wieser läutet die Wende ein
Nach der Pause schickte Thomann den beim TVG ausgebildeten Andreas Wieser für Marino Mallwitz zwischen die Pfosten. Und der half mit vier Paraden in den ersten neun Minuten der zweiten Halbzeit, die Wende einzuläuten. Der 18-jährige Alexander Merk, der am Kreis für David Kovacic nach dessen Corona-Infektion einsprang und eine bravouröse Leistung zeigte, vollendete zum 19:19 (39.). "Ich hab gedacht, er hat Magnete in den Händen, wie er jeden Ball angezogen hat", lobte Thomann den Youngster.

Doch der TVG legte noch mal aus seinem wurfstarken Rückraum um Frieder Bandlow nach, den die nun stabilere DJK-Deckung nie ganz unter Kontrolle brachte. Nach einer weiteren Parade von Wieser egalisierte Felix Karle per Konter zum 24:24 (48.). Eine Minute später traf Yonatan Dayan zur ersten umjubelten Führung für die Grün-Weißen.
Die Wölfe mit 7:0-Lauf auf der Welle
Die Gäste nun geschockt, die Gastgeber auf einer Welle. Eine 7:0-Serie binnen acht Minuten brachte ihnen das 29:24 (55.). Ob im Gefühl des schon sicheren Sieges oder warum auch immer: Die Wölfe ließen Großwallstadt noch mal zurückkommen. Der niederländische Nationalspieler Tom Jansen traf nach seinem EM-Einsatz per Siebenmeter zum 29:28 (58.).
Eine letzte, die neunte, die rettende Wieser-Parade ermöglichte Rimpar den finalen Angriff gegen eine Manndeckung, den Verletzungsrückkehrer Benedikt Brielmeier zum 31:29-Endstand abschloss. Auf die Frage, wann er gewusst habe, dass sie trotz des langen Rückstands am Ende als Gewinner vom Feld gehen würden, antwortete der DJK-Torwart: "Definitiv nach der Halbzeitansprache vom Trainer. Da war mir klar, dass wir das Ding heute noch wuppen." Über den Inhalt der Kabinenpredigt breitete Wieser den Mantel des Schweigens aus.
Die Statistik des Spiels
DJK Rimpar Wölfe - TV Großwallstadt 31:29 (14:17)