
Eine Woche in der Berglandschaft der Kitzbühler Alpen liegt hinter den Zweitliga-Fußballern der Würzburger Kickers. In Waidring am Fuß der Steinplatte sollte nicht nur an den taktischen und konditionellen Grundlagen für die kommende Saison gearbeitet werden. Die neue Mannschaft des Aufsteigers sollte zusammenwachsen, zu einer Einheit werden. Dass der geplante Test gegen den FC Schalke 04 wegen eines Covid-19-Falls im Team des Erstligisten kurzfristig abgesagt werden musste, brachte das Programm zwar durcheinander. Wertvolle Erkenntnisse gab es trotzdem. Dreieinhalb Wochen vor dem ersten Saisonspiel gegen Erzgebirge Aue bleibt für Trainer Michael Schiele und sein Team aber noch einiges an Arbeit. Ein Überblick über den Stand der Dinge.
Die Neuzugänge
Alle elf externen Neuzugänge inklusive Rückkehrer Lion Schweers (war verliehen zum SV Elversberg) und dem vierten Torhüter Nico Purtscher (war zum TSV Aubstadt verliehen) waren in Tirol dabei. Die Integration lief, so versichern die Kicker selbst, reibungslos. Die Stimmung im Team ist, trotz des Konkurrenzkampfs um die Plätze, gut. Unter den Neuen stach bei den Einheiten in Österreich abermals David Kopacz (VfB Stuttgart) heraus. Der Deutsch-Pole könnte mit seiner Eleganz und Technik eine entscheidende Rolle in der Kickers-Offensive einnehmen. Auffallend auch Tobias Kraulich (1. FC Nürnberg II). Der 1,91 Meter große und 93 Kilogramm schwere Defensiv-Allrounder, der vergangene Saison noch in der Regionalliga spielte, sticht nicht nur durch seine körperbetonte Spielweise heraus. Ihm gelang auch mit einem feinen 20-Meter-Schuss beim 2:2 gegen den österreichischen Zweitligisten SV Horn der erste Treffer der Vorbereitung. Das zweite Kickers-Tor besorgte Robert Herrmann per Elfmeter. Eine tragende Rolle dürfte indes Douglas in den Planungen der Rothosen spielen. Trotz seiner langen Spielpause infolge einer Dopingsperre zeigte der Brasilianer mit niederländischem Pass auch bei den Einheiten in Österreich, dass er das Zeug zum Führungsspieler hat.
Die Torwartfrage
Trainer Michael Schiele hat zu Beginn einen Dreikampf um den Posten im Kasten ausgerufen. Neuzugang Fabian Giefer ist freilich im Vergleich mit Vincent Müller und Eric Verstappen erst einmal der Favorit. Warum sonst sollten die Kickers den bundesligaerfahrenen 30-Jährigen verpflichtet haben? Dass Giefer selbst die Aufgabe mit großem Ehrgeiz angeht, bewies er, als er bei strömendem Regen im Anschluss an eine Übungseinheit noch eine Extraschicht mit Torwartttrainer Robert Wulnikowski einlegte. Doch auch Müller und Verstappen wirken sehr konzentriert in diesen Tagen, wollen ihre Chance in Liga zwei nutzen. Die Torwartfrage wird für Schiele nicht einfach werden.
Die Taktik
Allzu viel ändern will Trainer Schiele auch nach dem Aufstieg an der Spielweise seines Teams nicht, hat er angekündigt. Soll wohl heißen früh und aggressiv den Gegner attackieren und mit viel Tempo über außen kontern - das werden weiterhin wichtige Stilmittel der Kickers bleiben. Tatsächlich war das Verhalten in Pressingsituationen, also beim frühen Attackieren des Gegners oder wenn man seinerseits bereits früh unter Druck gesetzt wird, häufig Inhalt der Übungen. Schiele selbst unterbrach die Übungen häufig, erklärte nicht lautstark aber bestimmt, wo einzelne Spieler in bestimmten Spielsituationen zu stehen haben. Auffallend: Manchen Kicker scheint Schiele in anderer Position als noch in der vergangenen Saison einzuplanen. Leroy Kwadwo agierte, wie auch schon in den Testspielen, bei vielen Übungen im Abwehrzentrum. Auf der linken Abwehrseite scheint mit Arne Feick (1. FC Heidenheim) ein Neuzugang gesetzt zu sein.
Die Baustellen
Priorität hat bei den Kickers die Suche nach einem Spieler für das zentrale Mittelfeld mit Defensivqualitäten. Eine Weiterverpflichtung von Dave Gnaase ist dort kein Thema mehr. Die Kickers suchen intensiv nach einem passenden Akteur. Ihn würde Schiele lieber heute als morgen im Team begrüßen. Auch im Sturm dürften die Kickers, wenn sich die Gelegenheit ergibt, noch nachlegen. Dass in den bisherigen drei Testspielen trotz mancher Gelegenheit lediglich zwei Tore und kein Stürmertreffer gelang, ist zumindest ein kleines Alarmzeichen. Denn viele Torchancen dürfen die Kickers nicht liegen lassen. Es gelte an der Effektivität zu arbeiten, betont auch Schiele immer wieder.
Die Chefetage
Dass Felix Magath erst am Dienstag einmal bei einer Trainingseinheit persönlich zuschaute, darf man durchaus als Vertrauensbeweis für Schiele werten. Der Fußball-Chef von Investor Flyeralarm lässt Schiele derzeit in Ruhe werkeln. Anders als in den vergangenen Jahren war diesmal auch Vorstandsvorsitzender Daniel Sauer erst am Ende des Trainings-Camps persönlich vor Ort. Dafür war Ex-Kapitän Sebastian Schuppan ein steter Begleiter, der alsbald auch offiziell eine Funktion an der Seite von Sauer übernehmen wird.