Dass die Partie zwischen dem TSV Havelse und den Würzburger Kickers am 27. Spieltag dieser Fußball-Drittliga-Saison die Partie zwischen dem Tabellen-18. und dem Vorletzten sein würde, darauf hätte im vergangenen Sommer wohl keiner gewettet. Dass Havelse um den Klassenerhalt kämpfen muss, kommt zwar nicht überraschend, dass die Kickers als Ex-Zweitligist aber inzwischen selbst hinter den niedersächsischen Aufsteiger zurückgefallen sind, ist dann schon ein aus Würzburger Sicht besonders niederschmetterndes Resultat der letzten Wochen. Immerhin sind die Kickers nach dem am Freitag vollzogenen Punktabzug für Türkügü München nicht mehr Schlusslicht.
Dass die lange als abgeschlagen und chancenlos geltenden Havelser vor der 0:1-Niederlage bei Borussia Dortmund II am vergangenen Wochenende bei Türkgücü München (1:0) und zu Hause gegen den SV Meppen (3:0) die Saisonsiege Nummer zwei und drei einfuhren, ist für Kickers-Trainer Ralf Santelli ein Beispiel dafür, wie ein Team sich nach einer scheinbar ewigen Negativserie aus dem Sumpf ziehen kann: "Plötzlich bist du nicht mehr verkopft. Theoretisch ist für dich schon alles gelaufen, und auf einmal löst du die Handbremse – und es läuft." Fehlt noch der Zusatz: Genauso wollen es die Kickers nun auch machen.
Noch haben die Würzburger die Hoffnung nicht komplett aufgegeben. Aber auch Santelli sagte am Freitag bei der Pressekonferenz: "Wenn es am Schluss doch nicht reichen sollte, wollen wir mit erhobenem Haupt herausgehen." Es kommt nicht oft vor, dass ein Trainer vom Abstieg spricht, so lange er noch theoretisch zu verhindern ist. Am Dallenberg scheint man sich aber langsam mit dem Gedanken an die Regionalliga ernsthaft bekannt zu machen.
Der Abtswinder Severo Sturm trainiert nun bei den Kickers
So könnte man es auch verstehen, dass mit Severo Sturm derzeit ein Gastspieler vom Kooperationspartner TSV Abtswind mit dem Würzburger Drittliga-Kader trainiert. Der Angreifer, der zuletzt auch zur Probe beim FC Schweinfurt 05 vorspielte und beim Testspiel des Regionalligisten gegen den SV Seligenporten (3:0) zwei Tore erzielte, war in dieser Woche bei den Übungseinheiten der Rothosen zu Gast.
Beim Kellertreffen am Sonntag (13 Uhr) stehen freilich noch andere Spieler im Blickfeld. Marvin Pourié zum Beispiel. Dass der Angreifer nach seiner Begnadigung und der Rückkehr in den Kader beim 1:2 gegen Duisburg nicht in der Startelf stand, hat viele überrascht. Dass der 31-Jährige auf seinen Einsatz brannte, zeigte er nach seiner Einwechslung unter anderem auch mit seinem fünften Saisontreffer. "Für mich ist es völlig logisch: Wenn einer sechs Wochen nicht mit der Mannschaft trainiert, kann er nicht von Anfang an spielen. Ich habe als Trainer auch die Aufgabe, einen Spieler zu schützen", begründete Santelli, dass Pourié zunächst auf der Bank geblieben war. Ob sich der Coach am Sonntag anders entscheidet? "Man muss ihm zwei, drei Spiele Zeit geben, um Matchpraxis zu bekommen", sagt der dritte Kickers-Trainer der laufenden Saison über Pourié.
Lars Dietz fällt mit Knieproblemen weiter aus
Personell hat sich seit dem vergangenen Wochenende im Kickers-Kader nicht allzu viel getan. Lars Dietz muss mit seinen Kniebeschwerden, die Santelli als "unspezifisch", beschrieb weiter aussetzen. Der Innenverteidiger hat schon mehrfach versucht, ins Teamtraining einzusteigen, und musste jedes Mal wieder einen Rückzieher machen. Auch Dominik Meisel muss erneut angeschlagen passen.
Mit der Einstellung seines Teams war Santelli gegen Duisburg offensichtlich nicht zufrieden gewesen. Es gehe da um grundlegende Dinge wie Laufbereitschaft und Zweikampfführung. "So wie wir aufgetreten sind, muss man sich überlegen, ob wir bei den 100 Prozent sind", sagte der Kickers-Coach: "Man muss auf dem Platz die Leidenschaft sehen." Auch dass sein Team am Ende etwas saftlos wirkte, ist, so glaubt der Rothosen-Trainer, reine Kopfsache. "Das hat mit der reinen Kondition nichts zu tun. Es gibt ein paar Spieler, die könnten die Handbremse lösen und mutiger auftreten."
Zumindest an das Stadion in Hannover, wo Aufsteiger Havelse seine Heimspiele austrägt, hat Santelli gute Erinnerungen. In der Spielstätte, wo er einst im Trainerteam von Ralf Rangnick bei Hannover 96 arbeitete, feierte er in der vergangenen Spielzeit beim 2:1-Sieg gegen den Traditionsklub aus der niedersächsischen Landeshauptstadt einen seiner beiden Zweitliga-Siege als Kickers-Interimstrainer.