Das war nix. Egal, wen man nach der deutlichen 60:78-Niederlage der Würzburg Baskets im ersten Heimspiel der Basketball-Bundesliga (BBL) gegen die MHP Riesen Ludwigsburg fragte, es waren sich alle einig. Ausgerechnet die gegen Hamburg noch hervorragend aufspielende Riege der Außenspieler schaffte es dieses Mal nicht, der Partie ihren Stempel aufzudrücken. Otis Livingston, Darius Perry, Isaiah Washington und Javon Bess trafen gemeinsam nur elf ihrer 40 Würfe. Das Ergebnis: Nur 60 Punkte leuchteten nach 40 Minuten von der Anzeigetafel. Gegen Hamburg waren es beim Auftakterfolg in die neue Saison noch 88 gewesen.
"Unseren Außenspielern ist es nicht gelungen, die Situationen, in die wir sie gebracht haben, erfolgreich zu lösen", beschrieb Würzburgs Trainer Sasa Filipovski die Partie. Wie unzufrieden er mit der Leistung seiner Spieler war, zeigte sich bei der Pressekonferenz. Das Statement des sonst wahrlich nicht auf den Mund gefallenen Slowenen umfasste kaum mehr als drei Sätze, inklusive der kurzen Gratulation an den gegnerischen Trainer. Immer wieder suchten Livingston und Co. vorteilhafte Duelle gegen deutlich größere Spieler. "Aber da haben ihre großen Spieler echt gute Arbeit geleistet", sagte Maximilian Ugrai, der mit 13 Zählern am Freitagabend der Lichtblick war und der einzige Baskets-Akteur, der eine zweistellige Punkteausbeute vorweisen konnte.
Livingstons Respekt vor langen Verteidigern
Bezeichnend waren mehrere Szenen von Aufbauspieler Livingston, der sich bisher zum Nachfolger des letztjährigen Schlüsselspielers Stanley Whittaker gemausert hatte. Im dritten Viertel hatte Livingston im Schnellangriff die Chance, zum Korb zu gehen – doch sein Respekt vor den langen Männern der Ludwigsburger war zu groß, nachdem er zuvor mehrfach abgeräumt worden war. Stattdessen versuchte er es aus der Mitteldistanz, aus der er üblicherweise sehr treffsicher ist, verfehlte aber sein Ziel.
Wie gut Ludwigsburg auf das Spiel der Würzburger vorbereitet war, zeigte sich vor allem in der Defensive gegen Livingston. Alleine drei Mal wurden die Würfe des nur 1,80 Meter großen Aufbauspielers, der im Sommer vom BBL-Absteiger medi Bayreuth in die Domstadt gewechselt war, geblockt. Dazu verfehlte er gerade im Schlussviertel häufig den Korb.
Physische Herangehensweise von Ludwigsburg stoppt Würzburgs Eins-gegen-eins-Taktik
Bei den zwei Siegen gegen ProA-Ligist Karlsruhe und im Hamburg lebte der Angriff der Würzburger sehr von jenen Eins-gegen-eins-Situationen auf den Guard-Positionen, die auch in der vergangenen Saison das System von Trainer Sasa Filipovski bestimmten. Nun ging zum ersten Mal diese Taktik nicht auf, was auch maßgeblich mit der aggressiven Herangehensweise des Gegners zu tun hatte. "Es ist gegen Würzburg immer ein physisches Spiel. Wir wussten, was uns erwartet", sagte Ludwigsburgs Trainer Josh King. An diesem Abend habe seine Mannschaft das hervorragend gemacht.
Nur 60 Punkte. Weniger gelangen den Baskets unter Filipovski erst drei Mal. Die Gegner waren jeweils die deutschen Vertreter aus der Euroleague, Alba Berlin (zwei Mal) und Bayern München (ein Mal). Teams, die physisch ebenso dominant auftreten können, wie Ludwigsburg das tat. "Sie sind eben ein Team, das auch international in der Champions League spielt", sagte Filipovskis Assistent Dejan Mihevc und verglich die Ludwigsburger damit indirekt mit den Spitzenteams der Liga. Der Slowene wird das Video der Partie genau auswerten, wie er es im Sommer bei der Basketball-WM auch für die slowenische Nationalmannschaft getan hat. Die Spieler dürften diese Woche mit einer ausführlicheren Analyse rechnen.
Zac Seljaas verspricht Besserung
Dass bei den Würzburgern nur drei der 21 Dreipunktewürfe ihr Ziel fanden während Ludwigsburg zehn Mal bei 30 Versuchen traf, machte am Ende den Unterschied, war aber auch Ausdruck des besseren Zusammenspiels der Gäste, die 19 Assists verbuchen konnten (Würzburg nur 13). Der Löwenanteil dieser direkten Korbvorlagen ging auf das Konto von Point Guard Jayvon Graves, der heimlich, still und leise mit 17 Zählern, elf Vorlagen und acht Rebounds an einem Triple-Double, also zweistellige Werte in drei Kategorien, schnupperte.
"Es ist noch früh in der Saison. Wir werden uns steigern", sagte Neuzugang Zac Seljaas, der vor der Partie seine Auszeichnung als bester Spieler der letzten ProA-Saison entgegennehmen durfte, auf dem Heimweg mit Frau, Kindern und Eltern. Mit einem Sprössling auf den Schultern sitzend und dem anderen vor sich her springend hatte Seljaas guten Grund, die Niederlage schnell abzuhaken. "Wir werden gegen Ulm besser sein", versprach er und verabschiedete sich in die Nacht.