"Endlich wieder regelmäßig Wettkämpfe bestreiten, einen Rhythmus entwickeln, sich deshalb und dabei verbessern und schließlich erfolgreich sein." So stellt sich die Würzburger Olympia-Fechterin Leonie Ebert das Jahr 2022 vor.
Es sei das erste Jahr seit Pandemiebeginn, in dem sie einen regelmäßigen Wettkampfrhythmus vor sich habe, sagt die 22-Jährige. Nun will sie sich dort etablieren und langfristig auch um Weltcupsiege mit dem Florett fechten.
Den Mut, dass sie das kann, gibt ihr vor allem das Top-16-Ergebnis beim Weltcup-Turnier in Paris im Dezember. In Posen am vorletzten Wochenende schied Ebert dagegen schon in der ersten Runde aus. Doch das hatte seine Gründe: Am 4. Januar war ein Corona-Test bei der jungen Athletin positiv ausgefallen.
Nach zwei Wochen ohne Waffe war Leonie Ebert nicht in Topform
Ebert isolierte sich und nahm einige organisatorische Hürden. Acht Tage später konnte sich die Florett-Fechterin, die für den Verein Future Fencing Werbach startet, wieder "freitesten". Gerade noch rechtzeitig, um zum Weltcup ins polnische Posen zu fliegen. Allerdings ließ sie sich vorher medizinisch durchchecken. Es sei ihr wichtig gewesen, dass sie gesund sei und sich nicht durch ihren Start kurz nach der Infektion in Gefahr bringe.
Von ihrer Topform war Ebert dort allerdings weit entfernt. "Ich habe einiges an Muskeln verloren und hatte fast zwei Wochen keine Waffe in der Hand", berichtete sie. Die Vorbereitung sei alles andere als ideal verlaufen. "Mir fehlt da diese Mentalität, dass ich eigentlich nichts zu verlieren habe", findet sie. In ihrem Gefecht gegen die Italienerin Marta Ricci verpasste Ebert die Startphase, kämpfte sich dann aber zurück. Am Ende setzte Ricci aber die entscheidenden Treffer und siegte.
Trotz der Erstrunden-Niederlage überwiegt bei ihr der Stolz: "Ich habe am Sonntag den kompletten Teamwettbewerb durchgefochten", sagt die vierfache deutsche Meisterin. Etwas Wiedergutmachung gelang ihr beim Teamevent gemeinsam mit ihrer Vereinskollegin Anne Sauer sowie Leandra Behr vom FC Tauberbischofsheim und Kim Kirschen vom SC Berlin. Zwar unterlagen die deutschen Fechterinnen in der Runde der letzten 16 dem Team aus Japan, anschließend gelangen ihnen aber Siege gegen Spanien, Ungarn und Korea.
Corona dank Impfung und Booster ohne Symptome überstanden
Am Ende gaben ihr der neunte Platz und die Erkenntnis, dass sie nach der Corona-Erkrankung, welche sie "dank Impfung und Booster ohne Symptome überstand", einen Wettkampftag durchziehen konnte, Hoffnung für die Zukunft. Das ließ Ebert auch ihre Fans und Follower auf ihrem Instagram-Kanal wissen, aber nicht ohne am Ende noch eine Story mit dem Titel "Posen in Posen" vor dortigen Sehenswürdigkeiten zu teilen. Ein versöhnlicher Abschluss.
Dass der Weltcup in Turin am ersten Februar-Wochenende wegen der neuerlichen Corona-Entwicklung in Italien verschoben wird, kommt der ehemaligen Kadetten-Weltmeisterin jetzt sogar gelegen. "Ich habe Zeit zu trainieren und komplett neu aufzubauen", freut sich Ebert auf die folgenden Wochen. Ihr nächster Termin wäre Ende Februar. "Es ist aber fraglich, ob der Weltcup in Guadalajara in Mexiko durchgezogen werden kann", befürchtet sie eine weitere Verschiebung.
Leonie Ebert arbeitet mit einem Sportpsychologen am "Mindset"
Um sich zu verbessern, trainiert Ebert nicht nur auf der Planche und im Kraftraum. Im Fechten spiele das Mentale eine große Rolle. "Häufig entscheidet das 'Mindset' über Sieg und Niederlage", weiß sie. Hierfür arbeite sie mit einem Sportpsychologen zusammen. Er helfe ihr, die Aufregung vor Wettkämpfen zu kontrollieren, sich zu konzentrieren und zu fokussieren. "Wenn man jemanden hat, mit dem die Zusammenarbeit gut passt, kann das extrem viel weiterhelfen", berichtet Ebert, die laut Weltrangliste zu den besten zehn Athletinnen der Florett-Welt gehört.
Denn trotz des holprigen Starts soll 2022 für die Würzburgerin das erfolgreichste Jahr ihrer noch jungen Karriere werden. Deshalb fiebert sie schon heute auf die großen Turniere hin: Im Juni findet die Europameisterschaft statt. Ort und Datum sind jedoch noch offen. Fest steht dagegen, dass Mitte Juli die um ein Jahr verschobenen Weltmeisterschaften in Kairo ausgetragen werden. Vielleicht darf Leonie Ebert auch dort wieder "posen". Am liebsten auf dem Podest und mit einer Medaille um den Hals.