
Einmal Gold, einmal Silber. Eigentlich kann sich die Bilanz von Leonie Ebert bei der Deutschen Meisterschaft im Florettfechten, die am Wochenende am Olympiastützpunkt in Tauberbischofsheim ausgetragen wurde, durchaus sehen lassen. Doch die Niederlage im Einzelfinale schmerzt. "Ich bin hier angetreten, um zu gewinnen", erklärt sie.
Problemlos kämpfte sich die Nummer eins der deutschen Rangliste am Samstag durch die ersten Runden. Von der Runde der letzten 64 bis zum Halbfinale konnte keine der Gegnerinnen mehr als fünf Treffer setzen. In der oberen Hälfte des Tableaus hatte Eberts Teamkollegin Anne Sauer, beide starten für Future Fencing Werbach, allerdings ebenfalls keine Probleme.
Ebert im Finale zu ungeduldig
Die Zuschauer in Tauberbischofsheim fiebern dem Finale der beiden Teamkolleginnen entgegen. Zuvor jedoch beobachtet Ebert noch gespannt das Halbfinale eines ihrer großen Vorbilder. Der mittlerweile 39-jährige ehemalige Weltmeister Peter Joppich kämpft sich gegen Nils Fabinger ins Finale, unterliegt allerdings Marius Braun knappt mit 14:15.
Beim Finale der Frauen zeigt sich Ebert etwas zu ungeduldig, besonders zu Beginn. Immer wieder gelingt es Sauer, die Angriffe der Würzburger Olympionikin zu parieren und dann selbst Treffer zu landen. "Ich bin überstürzt ins Gefecht gestartet. Sie wusste, was ich mache und hat mich dann ausgekontert", beschreibt Ebert die ersten Minuten des Finals.
Profis klar im Vorteil
Es herrscht eine besondere Stimmung im Fechtzentrum in Tauberbischofsheim, wo zwar die Linien und die Basketballkörbe erahnen lassen, dass hier auch andere Sportarten möglich sind. Eigentlich wird hier aber nur gefochten. In vier Hallenteilen sind weit über 20 Fechtbahnen verteilt, im Vorraum hängen Tafeln mit den Namen der zahlreichen Olympiasieger.
Perfekt nennt Ebert die Bedingungen hier, denn obwohl sie 2018 vom FC Tauberbischofsheim ins nahegelegene Werbach gewechselt war, trainiert sie weiter am Stützpunkt. Mit den besten Trainern der Welt habe sie dort zusammenarbeiten können, sagt sie. Ein entscheidender Vorteil, neben dem täglichen Training. "Wir sind Profis, die anderen müssen arbeiten oder studieren", weiß Ebert um die Gründe für die Dominanz der beiden Spitzenfechterinnen, die sich im Finale dann doch noch einen Kampf liefern.
Ebert kann Aufholjagd nicht vollenden
Denn beim Stand von 3:10 aus Sicht von Ebert, wechselt sie die Waffe. Das dürfte zwar nur einen psychologischen Aspekt gehabt haben, aber die 22-Jährige agiert nun wie verwandelt. Auf einmal sind die Angriffe gut vorbereitet, es gelingen fünf Treffer in Folge, wenig später steht es 11:11. Nun wird es dramatisch. Erneut geht Sauer in Führung und ist sich bei der 14:12-Führung schon sicher, den entscheidenden Treffer gesetzt zu haben. Doch auch Ebert hat getroffen. Nach Videobeweis schreiben die Obmänner der Würzburgerin den Treffer zu - 13:14, und weiter geht's.
Mehrmals geht ein Raunen durch die Halle, denn beide Athletinnen setzen Treffer, bringen aber nicht genug Druck auf die Waffe, um den elektrischen Impuls auszulösen oder verfehlen die Trefferfläche. Man merkt Ebert und Sauer an, dass einiges auf dem Spiel steht. Dann trifft Sauer - 13:15. Für die 30-Jährige ist es der neunte Titel bei einer Deutschen Meisterschaft, der dritte im Einzel. Die Titelverteidigerin und Weltranglisten-22. Ebert muss sich mit Silber begnügen.
Teamgold trotz Ausfall
Am folgenden Tag holen sich die beiden Werbacherinnen dann gemeinsam Gold im Team. Und das, obwohl die dritte Werbacher Florettfechterin Carolin Golubytsky krankheitsbedingt passen muss. Um überhaupt antreten zu können, hilft Pia van den Hassend aus. Sie ist eigentlich Säbelfechterin, was einer anderen Sportart gleich kommt. "Beim Säbel muss man schlagen, beim Florett geht es darum, mit genug Kraft zuzustoßen", berichtet Ebert. Trotzdem ziehen sie recht souverän ins Halbfinale ein.
Das Duell mit dem FC Tauberbischofsheim wird dann zum Krimi, den Anne Sauer mit 45:43 Treffern für Werbach entscheidet. Das Finale ist dann wieder eine deutliche Angelegenheit. Mit 45:33 setzen sich Ebert, Sauer und van den Hassend gegen den PSV Stuttgart durch. Es ist der fünfte Deutsche Meistertitel für Ebert, dazu hat sie mittlerweile drei Silbermedaillen. Was tun mit den vielen Pokalen? "Ich bin auf jeden Fall nicht so wie Michael Phelps", beteuert sie. Der ehemalige Weltklasseschwimmer, der 23 Mal Gold holte bei Olympia, geht nicht besonders sorgsam mit dem vielen Edelmetall um. "Aber es geht mir eh mehr um das Feeling, darum dass man gefochten und gewonnen hat", sagt Ebert.
Das will sie demnächst auch wieder auf internationaler Bühne tun. Ebert hofft, dass der Weltcup in Paris in zwei Wochen stattfindet. Dann will sie von Beginn an fokussiert sein und mit Gold oder Silber wäre sie dann ganz sicher auch wieder zufrieden.