Nur ein Sieg in sieben Pflichtspielen nach der Winterpause. Dem mit reichlich Hoffnung ins Jahr 2023 gestarteten Fußball-Regionalligisten Würzburger Kickers droht eine trostlose Restsaison. Das 0:0 vom Samstag beim TSV Buchbach war letztlich zu wenig, um neuen Mut zu schöpfen.
Dabei fehlte nicht viel. Ein paar Zentimeter – wenn überhaupt – waren beispielsweise entscheidend dafür, dass der Ball bei der dicksten Kickers-Chance des Nachmittags, einem Kopfball von Saliou Sané aus kurzer Distanz nicht im Tor landete, sondern von der Unterkante der Latte zurück ins Feld sprang (82.). Zuvor hatte der starke TSV-Schlussmann Daniel Maus bereits einen anderen Sané-Kopfball mit den Fingerspitzen noch an die Latte gelenkt (54.) und einen Alberico-Schuss abgewehrt (54.). "Da müssen wir halt ein Tor machen", sagte Trainer Marco Wildersinn am Ende mit Blick auf die Chancen.
Fehlt tatsächlich nur das Glück?
Aber war's tatsächlich nur ein bisschen zu wenig Präzision und fehlendes Glück? Letztlich war das Remis in Buchbach ein Auftritt, der sich einreihte in die enttäuschenden Spiele der Rothosen seit der Winterpause. Und hätte Buchbachs Alexander Spitzer in der Schlussphase per Kopf statt an den Pfosten in das Kickers-Tor getroffen (85.), der Würzburger Katzenjammer wäre noch größer gewesen. Warum also kommen die Kickers einfach nicht mehr in Schwung?
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Von sieben Pflichtspielen haben die Würzburger Kickers seit dem Neustart nach der Winterpause gerade einmal eins gewonnen: das Derby gegen den erschreckend schwach auftretenden FC 05 Schweinfurt (3:1). Dazu gab es in der Liga vier Unentschieden und zwei Niederlagen und obendrauf noch das 0:2 im bayerischen Pokal-Halbfinale gegen den FV Illertissen. Vom eigenen Anspruch, immerhin hatten die Kickers-Akteure im Winter ja selbst vom Angriff auf Spitzenreiter Unterhaching gesprochen, sind die Kickers derzeit sehr, sehr weit entfernt. Nicht wenige im Vereinsumfeld sehen es inzwischen als Fehler an, dass auch Trainer Wildersinn und Sportvorstand Sebastian Neumann den Meisterschaftskampf offen ausgerufen hatten. Das Team scheint dem selbst erzeugten Druck nicht gewachsen zu sein.
Seit der Winterpause sind die Kickers allenfalls Mittelmaß
Derzeit sind die Kickers nämlich nicht einmal mehr ein Spitzenteam in Liga vier. In der Tabelle des Jahres 2023 sind nur sechs Mannschaften in der Regionalliga Bayern schlechter als die Kickers – darunter die unterfränkischen Rivalen TSV Aubstadt und FC 05 Schweinfurt. Betrachtet man die Ergebnisse ist das Würzburger Profiteam derzeit allenfalls Mittelmaß und schaut man genauer hin, spielt es auch so.
Von der erdrückenden Dominanz, die die Rothosen in Partien gegen vermeintlich unterlegene Rivalen in der Vorrunde ausgestrahlt hatten, ist nicht mehr viel übrig. Das spüren auch die Gegner. Der Respekt ist gesunken, die Angst vor den Kickers verschwunden. "Ich habe vor dem Spiel gesagt: Ich habe das Gefühl, wir gewinnen 1:0", berichtete Buchbachs Trainer und Ex-Profi Uwe Wolf am Samstag auf der Pressekonferenz. Die Gegner spielen nun, um zu gewinnen – und nicht mehr, um nicht zu verlieren gegen das Wildersinn-Team.
Vor der Kickers-Offensive braucht sich ja auch keiner mehr zu fürchten. Sieben Tore in sieben Pflichtspielen gelangen den Würzburgern seit Jahresbeginn. Kein Vergleich mit den Zahlen vor dem Jahreswechsel. Da hatten die Würzburger in 23 Spielen 71 Mal getroffen – also im Schnitt mehr als dreimal pro Spiel. Am Samstag gab's genau drei erwähnenswerte Torchancen. Die Zahl der Gelegenheiten, die sich die Kickers erspielen, ist deutlich gesunken.
Wildersinn über die Platzverhältnisse: "Wahnsinn"
Sucht man nach den Gründen für die Misere, erhält man nach den Spielen stets andere Erklärungen. Am Samstag waren es unter anderem die äußeren Umstände. "Wahnsinn", nannte Wildersinn die Platzverhältnisse in Buchbach. Als sein Team in der zweiten Spielhälfte "mehr Bälle einfach vorne rein gespielt" habe, seien in der zweiten Halbzeit mehr Chancen entstanden. "Wir sind normalerweise die, die die feine Klinge schwingen", hatte Wildersinn gesagt im zugigen Eck unter dem Dachvorsprung, wo an diesem regnerischen Nachmittag in Buchbach die so genannte Pressekonferenz stattfand, bei der beide Trainer ihre vom Publikum beklatschten Statements zum Spiel vortrugen.
Dass hier an der Grenze von Ober- und Niederbayern ein rustikaler Fußball gepflegt wird, ist bekannt. Bei den Kickers hatte man zu Saisonbeginn noch davon geschwärmt, dass sich diese Mannschaft eben auch auf solche Bedingungen einlässt, sich nicht zu fein dafür ist. Und so sollte man bei der Bewertung der Partie auch nicht zu sehr auf die äußeren Umstände abheben. Am Ende bestätigten die Kickers nämlich auch in Buchbach wieder all das, was sich bereits seit der Wintervorbereitung angekündigt hatte. Vorne und hinten, dort wo es drauf ankommt, fehlt es an der nötigen Präzision, Kaltschnäuzigkeit und Zielstrebigkeit. Die Kickers sind derzeit kein Regionalliga-Spitzenteam. Die Meisterträume scheinen sich bei nun zehn Zählern Rückstand auf Spitzenreiter SpVgg Unterhaching erledigt zu haben.