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Sport
Soja statt Schnitzel: Warum Würzburger Spitzensportler auf vegane Ernährung setzen
Immer mehr Athletinnen und Athleten entdecken, welche Vorteile es hat, beim Essen auf tierische Produkte zu verzichten. Zu ihnen gehören Baskets-Spieler Julian Albus und der ehemalige Kickers-Kapitän Sebastian Schuppan.
Bundesliga-Basketballer Julian Albus und seine Freundin Rosemarie Graf, hier beim gemeinsamen Kochen, sind sich in Sachen Ernährung einig.
Foto: Heiko Becker | Bundesliga-Basketballer Julian Albus und seine Freundin Rosemarie Graf, hier beim gemeinsamen Kochen, sind sich in Sachen Ernährung einig.
Carolin Münzel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:35 Uhr

Soja statt Schnitzel oder anders ausgedrückt: optimalere Leistung durch gesünderes Futter. Der Trend zur Ernährungsumstellung hat längst auch im Profisport Einzug gehalten. Unter Hashtags wie #cleaneating ("sauber essen") oder #healthyfood ("gesundes Essen") mehren sich in den Sozialen Medien Bilder von Salattellern, gegrilltem Tofu oder Gemüsesmoothies. Fleisch, Milch und Eier sucht man auf diesen Fotos vergeblich. Das mag auf den ersten Blick verwundern. Immerhin brauchen Sportlerinnen und Sportler zum Muskelaufbau Proteine, und es herrschte lange die Meinung vor, dass sie diese ausschließlich durch tierische Produkte in ausreichender Menge zu sich nehmen können.

Auch in den Würzburger Profi-Teams finden sich Verfechter der neuesten ernährungswissenschaftlich Erkenntnisse. Zu ihnen gehört Julian Albus, Bundesliga-Basketballer bei s.Oliver Würzburg.
Foto: Heiko Becker | Auch in den Würzburger Profi-Teams finden sich Verfechter der neuesten ernährungswissenschaftlich Erkenntnisse. Zu ihnen gehört Julian Albus, Bundesliga-Basketballer bei s.Oliver Würzburg.

Inzwischen weiß man, dass das ein Irrglaube ist. Immer mehr Ernährungswissenschaftlerinnen und Ernährungswissenschaftler klären über die Vorteile einer pflanzenbasierten Ernährung auf, und Vorbilder wie Serena Williams, Novak Djokovic oder Lewis Hamilton tragen einen großen Teil dazu bei, dass der Veganismus Einzug in den Spitzensport hält. Auch in den Würzburger Profi-Teams finden sich Verfechter der neuesten ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse. Zu ihnen gehören Julian Albus, Bundesliga-Basketballer bei s.Oliver Würzburg, sowie Sebastian Schuppan, heute Vorstand Sport beim Fußball-Drittligisten Würzburger Kickers und im Zweitliga-Aufstiegsjahr 2020 Kapitän des Rothosen-Teams. 

"Mir war schon bewusst, dass ich mich gut ernähren muss als Sportler, aber von guter Ernährung hatte ich damals voll das falsche Bild."
Julian Albus, Basketball-Profi bei s.Oliver Würzburg

"Mir war schon bewusst, dass ich mich gut ernähren muss als Sportler, aber von guter Ernährung hatte ich damals voll das falsche Bild", sagt Julian Albus angesprochen auf das Thema - und lacht: "Ich dachte halt, Hauptsache viel Fleisch wegen der Proteine, ein bisschen Reis, ein bisschen Nudeln, wenig Gemüse - und das war´s.“

Eine nicht unübliche Sichtweise.  Der deutsche Chemiker Justus von Liebig hatte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Annahme verbreitet, dass menschliche Muskelenergie auf tierischen Proteinen basiere und Vegetarier nicht über längere Zeit Sport treiben könnten. Diese Meinung verbreitete sich schnell - im Gegensatz zu den Forschungsergebnissen anderer Wissenschaftler, die kurz darauf herausfanden, dass Muskeln vor allem Kohlehydrate aus Pflanzen benötigen, um arbeiten zu können.

Heute gehen viele Expertinnen und Experten davon aus, dass eine pflanzenbasierte Ernährung für den Menschen die bekömmlichste und gesündeste ist . "Tierische Produkte wie zum Beispiel Tiermilch, sind nicht dazu ausgelegt, vom  Körper verdaut zu werden", sagt etwa Aleksandra Keleman, die Spitzensportler in Sachen Ernährung berät und unter anderem mit Albus zusammengearbeitet hat.

Das war vor sechs Jahren, als der 29-Jährige noch in Tübingen Basketball spielte und über einen Bekannten im Verein erstmals mit dem Thema Ernährung in Berührung kam. "Ich bin immer offen für Neues, von dem ich das Gefühl habe, es könnte mir einen Wettbewerbsvorteil bieten", erklärt der Profi-Basketballer seine Motivation, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen.

Fitter, vitaler, leistungsfähiger

Die positiven Effekte der pflanzenbasierten Ernährung spürte er sofort: "Ich hab' gemerkt, ich brauche keinen Mittagsschlaf mehr, ich stehe morgens auf und bin sofort fit." Seine Trainingswerte verbesserten sich, und er wurde, so sagt er, weniger anfällig für Entzündungen.

Letzteres ist etwas, "das mir viele Sportler berichten", erklärt Keleman, die sich seit elf Jahren vegan ernährt. Pflanzliche Produkte seien meist basisch und würden somit einen guten Ausgleich für die durch viel Training in der Regel übersäuerten Sportlerkörper bieten. Ob der Mensch auch ohne tierische Produkte alle Nährstoffe bekommt, die er braucht, ist durchaus ein Streitthema in der Szene. Während die einen das bejahen, setzen die anderen auf Nahrungsergänzungsmittel. Auch Keleman: "Es gibt Dinge, die muss man supplementieren, wie Vitamin D im Winter. Man sollte auch gut auf seinen Omega3- und B12-Haushalt achten."

Aleksandra Keleman berät Spitzensportler in Sachen Ernährung.
Foto: Keleman | Aleksandra Keleman berät Spitzensportler in Sachen Ernährung.

Ihre Expertise hat sich Keleman, die Wirtschaftsingenieurswesen an der TU Darmstadt studierte, im Lauf der Jahre selbst angeeignet. Mit 17 Jahren ging es ihr nur darum, durch pflanzenbasierte Ernährung ihre Hautprobleme zu lösen, dann begann sie, sich mit den generellen Auswirkungen auf den Körper zu beschäftigen und schließlich kam sie zu dem Schluss, dass nicht nur der Mensch, sondern auch Tiere und Planet von einer veganen Lebensweise profitieren. "Irgendwann dachte ich, es reicht mir nicht mehr, das nur für mich zu machen", erinnert sich die Frankfurterin. Sie fragte sich: "Wie kann ich das Thema vegane Ernährung positiv an die Menschen herantragen?"

"Ernährung allein macht keinen Weltmeister"

Durch Zufall geriet sie an Holger Stromberg, der 2014 Chefkoch der deutschen Fußball-Nationalmannschaft war. Sie kamen ins Gespräch, er bestärkte sie in ihrer Meinung, erhöhte er selbst doch den Anteil pflanzlicher Gerichte für die DFB-Elf in Brasilien deutlich. "Ernährung allein macht keinen Weltmeister, aber es macht etwas mit dir", sagte er im Herbst 2020 in einem Interview mit der "Welt" und verwies ebenfalls darauf, dass eine rein pflanzliche Ernährung zu mehr Vitalität führt und sportliche Höchstleistungen befördern kann.

Sebastian Schuppan hielt sich als Spieler des FC Würzburger Kickers auch durch seine Ernährung fit.
Foto: foto2press/Frank Scheuring | Sebastian Schuppan hielt sich als Spieler des FC Würzburger Kickers auch durch seine Ernährung fit.

Erfahrungen, die auch Sebastian Schuppan gemacht hat. "Ich habe megaschnell einen positiven Effekt gemerkt", sagt der ehemalige Leistungssportler, der die Kickers 2020 mit seinem Elfmeter in die 2. Bundesliga schoss und vor gut sechs Jahren seine Ernährung umstellte, weil er immer wieder Probleme mit Krämpfen hatte. "Dadurch, dass ich teilweise nur Rohkost gegessen habe am Anfang, habe ich Gewicht verloren ohne Ende. Das waren bestimmt fünf Kilo, vor allem Wassereinlagerungen", erinnert sich der 35-Jährige.

"Ich habe wirklich nicht viel Schlaf gebraucht. Mit dem ersten Vogelzwitschern war ich wach und fühlte mich, als ob ich zehn oder zwölf Stunden geschlafen hätte, dabei waren es nur vier oder fünf."
Sebastian Schuppan, Vorstand Sport beim FC Würzburger Kickers

Schon nach einer Woche fühlte er sich fitter nach den Mahlzeiten, was vor allem daran lag, dass er schwer Verdauliches wie Fleisch wegließ. Mit der Zeit wurden die Krämpfe weniger und seine Kopfhaut, mit der er immer wieder Probleme gehabt hatte, hörte auf zu jucken. Er war voller Energie: "Ich habe wirklich nicht viel Schlaf gebraucht. Mit dem ersten Vogelzwitschern war ich wach und fühlte mich, als ob ich zehn oder zwölf Stunden geschlafen hätte, dabei waren es nur vier oder fünf." Die Saisonvorbereitung mit Dresden habe er so gut weggesteckt wie nie zuvor: "Das hat mich bestätigt, das ist der richtige Weg, da kann ich noch was aus mir rausholen." 

Maximal hydrierte Nahrung

Berichte dieser Art waren es, die Keleman zu der Frage brachten: "Warum ist das Thema pflanzenbasierte Ernährung im Sport nicht weiter verbreitet?" Über Facebook begann sie 2014 Sportler anzuschreiben, baute nach und nach ein Netzwerk auf und lebt heute davon, Profis in Sachen Ernährung zu beraten. Kern ihres Konzeptes ist eine Ernährung, die aus vier Komponenten besteht: viel Gekeimtes und Grünes essen, gut kauen und ausreichend Kräuter zu sich nehmen. Lässt man Getreide oder Hülsenfrüchte keimen, sind diese maximal hydriert, haben viele Nährstoffe und lassen sich extrem leicht verdauen. Das alles kann den positiven Effekt, den pflanzliche Ernährung im Grunde schon hat, noch verstärken. 

Heute will Sebastian Schuppan als Vorstand Sport bei den Würzburger Kickers die Aufklärung über gesunde Ernährung vorantreiben.
Foto: foto2press/Frank Scheuring | Heute will Sebastian Schuppan als Vorstand Sport bei den Würzburger Kickers die Aufklärung über gesunde Ernährung vorantreiben.

Inzwischen, so der Eindruck von Albus, Keleman und Schuppan ist das Bewusstsein für das Thema Ernährung gewachsen. Der Kickers-Vorstand wünscht sich allerdings noch weitere Einsichten: "Viele sind sich noch nicht bewusst, was das im Hochleistungssport bedeutet. Wenn du dauerhaft fünf Prozent mehr hast als dein Gegner, dann ist das schon ein Wettbewerbsvorteil." Allerdings weiß Schuppan auch, dass mit Zwang gar nichts funktioniert ("Ich bin keiner, der missioniert."). Was gerade die jungen Fußballer bräuchten, seien Informationen und Vorbilder, an denen sie sich orientieren könnten - sowie ein gutes Verständnis für den eigenen Körper.

Würzburger Kickers testen auf Unverträglichkeiten

Um das zu schärfen haben die Würzburger Kickers in der Saisonvorbereitung viele Tests gemacht, um Unverträglichkeiten und entzündliche Prozesse im Darm festzustellen. "Wenn jemand was nicht verträgt, das aber total gerne isst und einfach nicht spürt, dass ihm das nicht guttut, dann hilft ihm diese Information ja weiter", sagt Schuppan, der gerne noch mehr von diesen Dingen im Rothosen-Alltag integrieren möchte. Wie so oft spielt allerdings auch hier das Geld eine Rolle. Gute Ernährungsberatung ist relativ teuer, die Versorgung eines ganzen Kaders mit Mahlzeiten erst recht. Dennoch: "Ich bin da schon dran und versuche, noch Prozente rauszuholen."

"Mich so zu ernähren ist das einzig Vernünftige, was ich machen kann. Ich wäre blöd, es nicht zu tun."
Julian Albus, Basketball-Profi bei s.Oliver Würzburg

Soll das gelingen, dann ist die Initiative jedes Einzelnen gefragt. Abseits von einigen Grundregeln, bei denen sich die Experten weitgehend einig sind, gibt es keinen goldenen Weg. Aber es lohnt sich laut Schuppan, sich auf seine ganz eigene, individuelle Reise zu machen: "Ich kann jedem nur empfehlen, darauf zu achten, was einem guttut und was nicht." Dann kommt der ein oder andere vielleicht zu dem gleichen Schluss wie Albus, der sagt: „Mich so zu ernähren ist das einzig Vernünftige, was ich machen kann. Ich wäre blöd, es nicht zu tun.“

 
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Kommentare
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  • U. A.
    Bei den Kickers scheint es ja besonders gut zu funktionieren. Ich lach mich schlapp.
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  • R. B.
    Möge jeder essen was er will.
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  • H. A.
    Alles Alibi, schon früher wurde versucht den Leuten von irgendwelchen Möchtegern Experten erzählt was angeblich für den eigenen Körper gesund sein soll. Und was wurde nicht schon alles erzählt was gut wäre für eine optimale Leistung. Das ganze hat schon was Wahrsagerei.
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  • H. S.
    Ernährung schiesst leider keine Tore Herr Schuppan, konzentrieren Sie sich lieber auf ihre Aufgabe bei den Kickers Herr Schuppan !
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  • A. K.
    Aber es lohnt sich laut Schuppan, sich auf seine ganz eigene, individuelle Reise zu machen: "Ich kann jedem nur empfehlen, darauf zu achten, was einem guttut und was nicht.

    Welch bahnbrechende Erkenntnis.
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  • B. M.
    Diese Kenntnisse und Erfahrungen müssten Sie, Herr Schuppan, im NLZ ihren jungen Talenten vermitteln.
    In diesem Statium einer jungen Karriere könnten viele Fehler vermieden werden.
    5% Leistungssteigerung sind für junge Spieler auf dem Weg zum Profi sehr sehr viel und können den Unterschied ausmachen.
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