"Bestimmt 100, vielleicht 150 Zuschauer", schätzt Jochen Fritz, Abteilungsleiter der Wasserballer beim SV Würzburg 05, wären wohl zum bayerischen Duell gegen den SV Weiden, das die Würzburger mit 9:8 (2:3, 2:0, 3:1, 2:4) gewannen, ins Wolfgang-Adami-Bad gekommen, hätte die bayerische Politik nicht wenige Tage zuvor noch beschlossen, dass "große überregionale Sportveranstaltungen" ohne Zuschauer stattfinden müssten.
Auch die beiden einzigen bayerischen Mannschaften in der ersten Wasserball-Bundesliga müssen sich, obwohl beide weit entfernt davon sind, Berufssportler zu sein, der Geisterspiel-Bestimmung beugen. Darüber hinaus gilt die 2G-plus-Regel für alle, die die Sportstätte am Spieltag noch betreten dürfen.
Tests sind inzwischen Routine
Für die Wasserballer ist dieses Testen inzwischen zur Routine geworden. Schon in der vergangenen Saison gehörten Tests vor der Halle dazu, entsprechend griffen sie diesmal auf geübte Abläufe zurück. Klaus Pobypicz sowie Paul Volkwein und Marc Schauer, zwei Medizinstudenten im Würzburger Team, nahmen den Spielern beider Mannschaften die Tests ab. "Das läuft bei uns alles sehr gut und sehr organisiert ab", weiß Fritz.
In einem Stadion oder einer großen Sporthalle werden verwaiste Ränge zum großen Resonanzraum, in dem die Rufe der Trainer und Spieler sowie das Dopsen des Balles für jeden zu hören sind.
In der Schwimmhalle ist's anders. Das Wasser spritzt, plätschert und rauscht, während des Spiels nur übertönt von den Kommandos jenes Trainers, dessen Mannschaft gerade angreift, und den schrillen Pfiffen der Schiedsrichter. Was aber freilich fehlt, ist die Reaktion des Publikums auf den Spielverlauf: kein Applaus, keine Zwischenrufe, kein Gemurmel, keine Ahs, Ohs und Uhs.
Alles so normal wie möglich
Für sein erstes Ligaheimspiel – im Pokal war der SV 05 mit seinem neuen Trainer schon Anfang Oktober mal zu Hause gegen Ludwigsburg angetreten – hätte sich Raúl de la Peña natürlich Zuschauer gewünscht: "Die Bedingungen sind zwar für beide Mannschaften gleich, aber die Stimmung fehlt. Was besonders schade ist: Es spielen viele Kinder zwischen sechs und 16 Jahren bei uns Wasserball, aber sie dürfen nicht kommen und zuschauen."
Und doch soll alles so normal wie möglich ablaufen – auch, um den Sporttreibenden das Gefühl des Gewohnten zu geben. Also kündigte der Hallensprecher beflissen die anstehende Paarung an, meldete Tor und Torschützen, Zwischenstände und jede Hinausstellung. In der Halbzeit zeigten junge Synchronschwimmerinnen des SV 05 ihr Können, glitten sanft bei ruhiger Musik dahin, bevor die Protagonisten mit ihren schlagenden Bewegungen wieder das Wasser aufwühlten.
In den viermal acht Minuten setzten sich die Würzburger zwar mit 9:8 durch, da sie vor allem im zweiten und dritten Viertel dem Gegner aus der Oberpfalz überlegen waren, doch wurde es im letzten Abschnitt unnötig knapp, nachdem sie 98 Sekunden vor Schluss noch 9:5 geführt hatten.
Am Ende wird's noch spannend
"Ich bin zufrieden, weil wir gewonnen haben, aber nicht zufrieden mit der Art, wie wir gespielt haben", sagte de la Peña. "Wir waren undiszipliniert und haben dadurch dem Gegner die Möglichkeit gegeben, noch mal ranzukommen. Wir haben nicht so gespielt, wie wir uns das vorgenommen hatten. Wir sind gut, wenn wir als Mannschaft zusammen spielen. Leider war das nicht der Fall."
Jedoch sei es erst das zweite gemeinsame Saisonspiel und beim ersten hätten noch einige Spieler gefehlt. Außerdem müsse sich das Team umstellen, da mit Timotej Filo, der an vielen Aktionen beteiligt war, aber nach Neukölln gewechselt ist, kein Spieler mehr dabei sei, der durch viele Einzelaktionen heraussteche. "Unsere Stärke ist es, wenn wir als Mannschaft auftreten. Alle müssen mitmachen, aber das dauert seine Zeit", konkretisiert der SV-05-Trainer. Was auch steigen müsse, sei die Trainingsbeteiligung.
Drei Sekunden vor Spielende bestrafte der Schiedsrichter, der sich offenbar wiederholt angegriffen gefühlt hatte, de la Peña mit einer Roten Karte, die über diese Partie hinaus Folgen hat: Er darf beim nächsten Spiel nicht aktiv dabei sein. Matthias Försch wird ihn wohl am Beckenrand vertreten. Erklären konnte sich Würzburgs Trainer seinen späten Ausschluss nicht: "Ich habe doch gar nicht mit dem Schiedsrichter geredet, sondern mit meinem Spieler."
Er stelle jedoch fest, dass Schiedsrichter in der Wasserball-Bundesliga eine andere Linie verfolgten: "Ich bin neu und muss mich anpassen, weil hier anders gepfiffen wird als ich es mit den internationalen Fina-Regeln gewohnt bin."
Schon am nächsten Samstag, 11. Dezember, treffen beide Mannschaften erneut aufeinander. Dann wird de la Peña zuschauen müssen. Ansonsten findet auch das Rückspiel in Weiden ohne Publikum statt.