Am Freitag (18. Juni) um 23.30 Uhr, direkt im Anschluss an die Übertragung des EM-Spiels England gegen Schottland, zeigt das ZDF den Dokumentarfilm "Schwarze Adler" von Regisseur Torsten Körner. Es ist die Geschichte Schwarzer Fußballnationalspieler und -spielerinnen in Deutschland. Nicht ohne Grund versieht das ZDF die Doku online mit einem Warnhinweis: "Der Film 'Schwarze Adler' zeigt Inhalte wie rassistische Beleidigungen, Übergriffe und rassistisch motivierte Gewalt. Das kann belastend und (re-)traumatisierend wirken. Wenn es dir damit nicht gut geht, schau ihn dir nicht an oder zumindest nicht alleine", warnt der Sender.
Anlässlich des Films hat diese Redaktion mit aktiven und früheren Fußballern sowie einem Schiedsrichter aus Unterfranken gesprochen und sie gefragt: Hat auch der Amateurfußball ein Problem mit Rassismus?
Michael Dellinger antwortet auf die Frage mit einer persönlichen Erfahrung als Schwarzer Deutscher. "Vor drei Jahren haben wir in Frohnlach gespielt. Ich habe zwei Elfmeter rausgeholt und ein Tor gemacht. Dann wurde ich von einem Zuschauer rassistisch beleidigt", erzählt der Stürmer des TSV Aubstadt. "Der Schiedsrichter hat damals sofort das Spiel unterbrochen und den Zuschauer von der Anlage verwiesen", berichtet Dellinger weiter. Vorbildlich fand er das. Doch wie genau er sich an die Szene erinnert, zeigt, wie nah sie ihm ging. Die Schimpfworte, die damals fielen, möchte er nicht wiederholen.
Rassismus als Antrieb
Ähnliches berichtet Raphael Rogers. Er spielte viele Jahre in Unterfranken in der Bayern- und Landesliga, unter anderem für den SV Euerbach-Kützberg. Jetzt ist er Boxer. Rassismus sei für ihn ein Antrieb gewesen, härter zu trainieren, sagt der heute 34-Jährige im Gespräch mit dieser Redaktion. "Der Fußball ist ein Teil der Gesellschaft, sozusagen ein Spiegelbild. Deshalb gibt es da auf jeden Fall auch Rassismus." Aber durch die vielen Emotionen äußere sich dieser direkter und drastischer als in anderen Lebensbereichen, meint Rogers.
Auch er selbst sei davon betroffen gewesen. "Ich war ja oft nicht der einzige Schwarze, und wir wussten jedes Wochenende, wenn wir auswärts spielen, dass wir blöd beschimpft werden von Zuschauern und Gegenspielern. Schwarze Sau, Drecksneger oder Bimbo hat jeder von uns schon mal zu hören bekommen", erinnert er sich an gängige Beleidigungen auf den Fußballplätzen.
Diese mussten nicht nur Schwarze Spieler ertragen, die heute politisch korrekt Black People of Color (BPoC) genannt werden. Auch türkeistämmige Akteure seien beschimpft worden, beispielsweise als "Kanacken", sagt Rogers.
In "Schwarze Adler" ist zu sehen, wie Jimmy Hartwig beinahe ironisch darauf reagiert, als er die Fußballfans, die ihn im Stadion als "Negerschwein" beschimpfen, wie einen Chor dirigiert. Eine Situation, die heute unvorstellbar ist, in den 80er Jahren aber Realität war.
"Jimmy Hartwig musste noch viel mehr ertragen und ist deshalb vielleicht auch anders damit umgegangen", glaubt Rogers. "Heutzutage würde er von der Black Community eine auf den Deckel bekommen, wie er sowas mit sich machen lassen kann." Allerdings gibt Rogers zu bedenken, dass es damals auch noch keine Antirassismus-Kampagnen der Fifa, Uefa oder des DFB gegeben habe.
Schwieriger Umgang mit Beschimpfungen
Wie geht man als Spieler mit derlei Verletzungen um? Im Film wird gezeigt, wie Hertha-Profi Jordan Torunarigha, der auch schon für die deutsche U-21-Nationalmannschaft auflief, nach den Beschimpfungen im Bundesligaspiel gegen Schalke ausflippte.
Auch Dominik Weiß, der den TSV Aubstadt mittlerweile wieder verlassen hat, hat schon reichlich Erfahrungen mit Rassismus gemacht. "Es gab Geräusche oder rassistische Beschimpfungen auf und neben dem Platz", sagt er. Wie Torunarigha hatte sich auch Weiß nicht unter Kontrolle. "Ich bin fünf Minuten später vom Platz geflogen wegen eines groben Foulspiels gegen den Spieler, der mich beleidigt hat", erinnert er sich.
David Thomas, aktuell Spielertrainer bei der DJK Schweinfurt, hat auch auf Bayernliga-Niveau schon solche Erfahrungen gemacht. "Ich wurde sogar mal mit Bananenschalen beworfen", schildert er die Situation bei einem Auswärtsspiel. Damals war Thomas 18 und wusste nicht wirklich, wie er mit der Situation umgehen soll. "So wie Jordan Torunarigha ging es mir auch. Du hast keinen Fehler gemacht und wirst aufgrund deiner Hautfarbe zu Unrecht so behandelt." Man könne diese Emotionen nicht unendlich in sich hineinfressen, gibt der 35-Jährige zu.
Genheimer als Gegenbeispiel
Doch es gibt auch Gegenbeispiele. Jimmy Genheimer, 22 Jahre als Schiedsrichter aktiv und zuvor fast genauso viele als Spieler, hat weder von Zuschauer- noch von Spielerseite je Rassismus erlebt. Auch in seinen 35 Jahren bei der Bundeswehr gab es sowas nicht, beteuert er. Genheimer vermutet, dass Unterfranken zu ländlich sei, in Brennpunkten in Großstädten wie Berlin oder Frankfurt sei das was anderes, vermutet er.
Doch die Beispiele anderer Akteure zeigen: So groß muss die Bühne gar nicht werden. Ob in Aschaffenburg oder Schweinfurt - Michael Dellinger wurde schon auf vielen Plätzen beschimpft. Dabei betont er, dass meist Einzelpersonen rassistisch ausfällig würden. "Manche Idioten haben es einfach nicht verstanden, selbst wenn sie im eigenen Team dunkelhäutige Spieler haben", sagt der Aubstädter Stürmer.
Was tun gegen Rassismus?
Stellt sich die Frage: Was tun gegen den Rassismus? Gerald Asamoah hat darauf in "Schwarze Adler" keine wirkliche Antwort. Und auch alle Befragten aus Unterfranken tun sich schwer damit. "Das sind ja keine Fans, die so etwas machen. Man müsste sie herausfiltern, aber in den größeren Stadien ist das natürlich schwierig", findet Weiß. Zur Abschreckung könnte er sich empfindliche Geldstrafen und bei Wiederholungstätern sogar Freiheitsstrafen vorstellen.
Michael Dellinger glaubt, Anti-Rassismus-Kampagnen auch im Amateurbereich könnten helfen. Banner vor dem Spiel oder Trikots, auf denen Dinge stehen wie: "Alle sind gleich, die Hautfarbe sollte keine Rolle spielen." Und Aktionen wie die des Zivilcourage zeigenden Schiedsrichters in Frohnlach. "Was er für mich gemacht hat, war super", sagt Dellinger.
Ähnlich argumentiert Rogers: "Eine Kampagne in der Bundesliga bringt mir wenig, wenn ich in der Kreisklasse beschimpft werde." Rassismus im Sport zu bekämpfen sei gut, aber es könne nicht der einzige Ort sein. Rogers will den Sport nicht politisieren, denn der Sport verbinde immer noch mehr als er spalte.
Anderen unwidersprochen ihre rassistische Äußerungen gewähren zu lassen, ist für mich auch eine Form des Rassismus!
Ich Gyros ! Und damit war das Thema erledigt.