Ein weißes Trikot mit einem schwarzen Adler auf der Brust - das stand lange Zeit für die deutsche Fußballnationalmannschaft. Der erste Schwarze Spieler, der es trug, war 1974 Erwin Kostedde. In die "Persil"-weiße Beckenbauer-Elf passte er 29 Jahre nach den Nazis nicht. "Ich habe auch Kernseife genommen und habe gewaschen und gewaschen, drei, vier Stunden lang. Dass meine Haut abpellte, irgendwie und so, aber ich wurde nicht weißer", erzählt Kostedde im Dokumentarfilm "Schwarze Adler".
Es ist nur eine Geschichte von vielen, die unter die Haut und ans Herz gehen. Wie es sich anfühlte, voller Stolz für Deutschland aufzulaufen und doch nie richtig dazuzugehören, das schildern neben Kostedde 13 weitere Schwarze Nationalspieler und -spielerinnen wie Jimmy Hartwig, Gerald Asamoah und Steffi Jones. Vor der Free-TV-Premiere im ZDF am 18. Juni (23.30 Uhr, ab 15. Juni in der Mediathek) sprach Regisseur Torsten Körner über seine bewegende Dokumentation über Rassismus im Fußball.
Torsten Körner: Die Idee entstand im vergangenen Jahr nach einer Begegnung mit einem sehr großen Waschmittelkarton. Der Hersteller warb damit, Sponsor der deutschen Fußball-Nationalmannschaft zu sein, die auch auf dem Karton abgebildet war. Sie wurde herausstechend repräsentiert durch einen blonden Hünen-Spieler, der ein bisschen aussah wie Per Mertesacker oder Oliver Kahn. Die restlichen Spieler waren dem Betrachter nur mit dem Rücken zugewandt, man konnte nicht erkennen, ob die nun schwarz oder weiß sind.
Körner: Ich dachte, das ist ein seltsames Bild im Jahr 2020. Und dann habe ich mich gefragt: Wenn es heutzutage noch so schwer ist, die Nationalmannschaft vielfarbig zu denken - wie schwer muss es dann für Spieler früherer Generationen gewesen sein, überhaupt als People of Color in dieser Mannschaft Fuß zu fassen? Als Fußballfan wusste ich, dass Erwin Kostedde der erste Schwarze Nationalspieler in Deutschland war. Ich dachte, es wäre spannend zu erzählen, mit welchen Widerständen er und andere Nationalspieler migrantischer Herkunft umgehen mussten. Das war der Anlass.
Körner: Als jemand, der aus der norddeutschen Provinz kommt, bin ich mit Sicherheit in rassistische Alltagsstrukturen hineingeboren worden. Im Landkreis lebten vielleicht eine Hand voll People of Color, wenn überhaupt, in unserem Dorf gar keine, ich glaube nicht mal Türken oder Italiener. An meiner Schule gab's in der Oberstufe eine einzige Schwarze Schülerin. Wir hatten also keine Berührungspunkte mit rassistischem Verhalten. Aber wir waren maximal ungeübt in der Begegnung mit Fremden.
Körner: Ich würde schon sagen, weil wir dadurch natürlich mit lauter nicht zu Ende gedachten Gedanken über Menschen anderer Herkünfte unterwegs waren. Deswegen kann ich nicht behaupten, dass ich eine rassismusbefreite Zone bin. Selbst die aufgeklärtesten Menschen arbeiten ja mit Stereotypen und Klischees im Kopf. Die brauchen wir mitunter auch, um bestimmte Sachen zu ordnen, aber häufig überblicken wir nicht, wie stigmatisierend sie sein können.
Körner: Unter anderem, dass allein in bestimmten Fragen schon eine Zumutung für das Gegenüber stecken kann. Zum Glück gab es mit den 14 Spielerinnen und Spielern schnell keine Haut-Hürden mehr, sondern Von-Mensch-zu-Mensch-Gespräche. Sie haben mich auch noch mal sensibilisiert für Differenzierung. Nicht alle Schwarzen Menschen bilden eine Einheit allein durch ihre Hautfarbe als identitätsstiftendes Merkmal. Unsere Protagonistinnen und Protagonisten haben zwar alle eine afroamerikanische oder afrikanische Herkunft, würden sich aber nie als homogenen Block sehen. Sie alle sind Individuen mit ihren jeweiligen Geschichten.
Körner: Wir haben uns natürlich auch um aktuelle A-Nationalspieler bemüht. Das hat dann aber nicht geklappt. Sicherlich oft aus terminlichen Gründen, die Corona-Situation war auch schwierig. Kurz vor Drehschluss hätten wir sogar noch die Gelegenheit gehabt, aktuelle A-Nationalspieler zu interviewen, das brauchten wir dann aber nicht mehr. Mir war wichtig, dass wir Erwin Kostedde, Jimmy Hartwig, Gerald Asamoah und Steffi Jones dabei haben. Jede Stimme, die dazukam, war eine Bereicherung. Am Ende war es genau die richtige Zahl: elf Spieler und Spielerinnen plus drei auf der Auswechselbank - also Teamstärke.
Körner: Wenn das beim Zuschauer so wirkt, ist es das größte Verdienst dieser Interviewpartner und -partnerinnen, die einen hohen Leidensdruck hatten. Das waren ja alles Reisen in die Vergangenheit, auf denen man zwangsläufig durch Fragen auch Schmerzpunkte berührt. Wenn das Gegenüber spürt, dass ich als Fragender ein ehrlicher Anwalt dieser Schmerzen zu sein versuche, dann wächst die Bereitschaft, sich so zu zeigen, wie man ist. Alle Gesprächspartner und -partnerinnen haben uns als Persönlichkeiten sehr beeindruckt, weil sie sehr reif, sehr reflektiert und sehr erwachsen im Leben stehen. Man spürt, dass sie vielfach über das Thema Rassismus nachgedacht haben.
Körner: Ich kann da keine rausgreifen, der gesamte Film emotionalisiert mich sehr. An bestimmten Stellen kommen mir auch die Tränen. Oder ich schäme mich.
Körner: Wenn jemand in Tränen ausbricht zum Beispiel, dann kann man sich nicht leichten Herzens davon distanzieren.
Körner: Das ist die naheliegendste Stelle. Aber auch, wenn jemand erzählt, dass er oder sie sich als Kind die Haut weiß waschen wollte.
Körner: Wenn das mehrere Menschen über verschiedene Generationen hinweg erzählen, dann sind das natürlich Geschichten, die einen berühren, weil man in dem Moment ja Teil des weißen Blicks ist, der Teil des Problems sein könnte. Und man fragt sich unweigerlich: Wie bist du unterwegs in deinem Alltag? Wie schaust du dein Gegenüber an? Sitzen in deinen Augen auch kleine Schneidbrenner? Das betrifft nicht nur Schwarze Menschen. Es geht um die grundsätzliche Frage, wie wir alle miteinander durchs Leben gehen, ob wir Mitmenschen mit Nachsicht betrachten oder manche einfach aussortieren, weil sie zu dick, zu alt, zu gebrechlich oder sonst was sind.
Körner: Pauschaldiagnosen sind selten angebracht. Ich würde ohnehin ein Fragezeichen hinter diese Aussage setzen.
Körner: Weil ich glaube, dass Fußball als besonderer Kosmos in sich Teil der Gesellschaft, aber aufgrund seiner eigenen Gesetze nicht ihr Spiegelbild ist. Die Emotionalität im Fußball ist eine sehr viel größere als in der Gesamtgesellschaft. Er ist auch ritualisierter und differenzierter in der Hierarchisierung.
Wie beurteilen Sie dann die Entwicklung im Umgang mit Rassismus im Fußball?
Körner: In der Ersten Liga, der Champions League oder bei Länderspielen kann man sicherlich einen Fortschritt gegenüber den 70er, 80er Jahren feststellen. Heutzutage würden Sie im Stadion keinen 1000-köpfigen Chor mehr finden, der "Jimmy Hartwig, du Negerschwein" brüllt. Man findet vielleicht zwei oder drei oder zehn solcher Krakeler. Im Profifußball hat sich was getan.
Körner: Da bezeugen vielfach Berichte eher einen zunehmenden Rassismus. Es gibt auch sehr viel Hass und Hetze in den Sozialen Netzwerken, das sind neue Formen und Fratzen des Rassismus, die durch die Digitalisierung dazugekommen sind. Aber ich bin aus einem Grund doch zuversichtlich, dass die Entwicklung in die richtige Richtung geht.
Körner: Immer, wenn es Spannung in einer Gesellschaft gibt und Konflikte ausverhandelt werden müssen, ist das ein Zeichen nicht nur davon, dass die Gesellschaft multikultureller geworden ist, sondern, auch davon, dass diejenigen, die bisher unterrepräsentiert waren, sich auch einbringen in den Chor des Streits und sich Gehör verschaffen.
Körner: Rassismus ist ein gesellschaftliches Problem, also ist das auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das heißt, dass die Institutionen, die mit diesem Thema befasst sind - in diesem Fall Vereine und -verbände, allen voran der DFB, der zuletzt ein erbärmliches Bild der Selbstbeschäftigung abgibt - sich klarmachen müssten, worum es eigentlich geht und nicht nur schicke Marketingkampagnen für die Nationalmannschaft erfinden und Menschenrechte einklagen. Das ist zwar alles richtig und wichtig, aber es griffe zu kurz, wenn es nicht ergänzt würde durch Maßnahmen und Aufklärungskampagnen im Amateurbereich. Das heißt aber auch, dass jeder Vereinsverantwortliche sich fragen muss: Was tun wir in unserem Verein dafür? Und ganz runtergebrochen: Was tue ich im Alltag?
Körner: Er kann ein Mosaiksteinchen von Bewusstseinsschulung und Bildung sein. Grundsätzlich sind das Teilen von Lebensgeschichten und die Fähigkeit, sich in Biografien anderer hineinzuversetzen der beste Schutz dagegen, die eigene Geschichte für absolut zu halten.
Körner: Ich glaube, dass Menschen, die sich zu Rassismus bekennen und das plakativ nach außen vertreten, Menschen sind, die nicht gelernt haben, nach vorne zu denken, die häufig genug Angst haben und Rassismus als Navigationsinstrument benutzen, um in diesen orientierungslosen Zeiten unserer komplexen Gesellschaft eine klare Ordnung ihrer Welt herzustellen. Rassismus ist ja nichts anderes als ein Stufenmodell von Überlegenheit: Da oben sind wir, da unten sind die anderen. Zur Wahrheit gehört aber, dass man eine Einsicht in die eigene Vergänglichkeit hat: Die Einsicht, dass man nicht der einzige Mensch auf der Welt ist, dass man stirbt wie jeder andere auch und dass es keinen Grund gibt, sich irgendeinem anderen Menschen für grundsätzlich überlegen zu halten und sich über andere zu erhöhen. Wenn man das annimmt für sich, wenn man Demut walten lässt, dann hat man schon eine gute Grundlage für eine antirassistische Identität.
"In die "Persil"-weiße Beckenbauer-Elf "
Was für ein kindlicher Ungeist hat sie denn da gestreift??
Des is doch schon fast wieder Rassisimus umgekehrt........
Ich hätte mir gewünscht, dass z. B. mal gefragt wird, was an Deutschland gut ist.
Alle genannten hätten sicher dergestalt geantwortet, dass dieses Land ihnen Chancen und Möglichkeiten geboten hat, die sie in den Herkunftsländern ihrer Vorfahren wohl nicht einmal annähernd erfahren hätten!
Dass einige der genannten ihr Vermögen durch dubiose Berater oder gar Gefängnisaufenthalte verspielt haben, dafür kann weder die Hautfarbe, noch Deutschland was!
So ist halt wieder die übliche blabla-Geschichte entstanden von den armen, gepeinigten Farbigen, die niemand mag.
Es ist einfach unfair beschriebene Personen dazu zu mißbrauchen, um eine weitere 0815-Geschichte zu bringen, zu einem Thema, das aktuell halt "in" ist.