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Fechten
Platz fünf beim Grand Prix, aber dennoch viel Ärger: Muss Leonie Ebert aus politischen Gründen auf die EM verzichten?
Mit ihrem fünften Platz in Südkorea sorgt die Würzburger Fechterin für sportlich positive Schlagzeilen, während der Weltverband FIE und das IOC nicht nur bei ihr für Ärger sorgen.
Verwunderung bei Leonie Ebert: Die Würzburger Fechterin, hier bei der deutschen Meisterschaft in Tauberbischofsheim 2021, muss in diesem Jahr auf ihren Heim-Weltcup verzichten.
Foto: Julien Becker | Verwunderung bei Leonie Ebert: Die Würzburger Fechterin, hier bei der deutschen Meisterschaft in Tauberbischofsheim 2021, muss in diesem Jahr auf ihren Heim-Weltcup verzichten.
Tim Eisenberger
 |  aktualisiert: 15.07.2024 11:51 Uhr

Sportlich läuft es für die Würzburger Fechterin Leonie Ebert nun wieder besser. Nach zuletzt zwei frühen Niederlagen bei den Turnieren in Kairo und Turin hat die 23-Jährige am vergangenen Wochenende beim Grand Prix im südkoreanische Busan den fünften Platz erreicht.

Die amtierende Florett-Europameisterin scheiterte dabei im Viertelfinale an der italienischen Weltranglistendritten Alice Volpi. Knackpunkt war eine Entscheidung per Videobeweis beim Stand von 7:8 gegen Ebert. Anstatt des Ausgleichs erhöhte Volpi auf 9:7 und entschied wenig später das Gefecht mit 15:8 für sich.

Ebert verbesserte sich dennoch in der Weltrangliste auf Platz vier und geht mit einer guten Ausgangsposition in die im April beginnende Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 in Paris.

Fechterin Leonie Ebert hofft, ihren Rhythmus wiedergefunden zu haben

"Ich hoffe, ich habe nun meinen Rhythmus gefunden", sagt Leonie Ebert im Gespräch mit dieser Redaktion. Nachdem wegen der Corona-Pandemie in den vorherigen beiden Jahren nur wenige und eher unregelmäßig Veranstaltungen stattgefunden hatten, habe sie sich erst wieder an die vielen Wettkämpfe und Reisen gewöhnen müssen, gesteht sie.

Eberts Pläne für dieses Jahr werden aber durch sportpolitische Entscheidungen durchgeschüttelt: Der im polnischen Posen geplante Weltcup wurde vom Weltverband Fédération Internationale d'Escrime (FIE) nach Tunis verlegt, das in Tauberbischofsheim vorgesehene Turnier findet im bulgarischen Plowdiw statt. Denn sowohl in Deutschland als auch in Polen weigert sich der nationale Verband, russische und belarussische Fechterinnen und Fechter starten zu lassen.

"Das nervt natürlich, weil aktuell keine vernünftige Planung möglich ist", klagt Ebert, die seit Mitte letzten Jahres wieder für den FC Tauberbischofsheim antritt, nun aber auf den Heim-Weltcup, für sie stets ein Höhepunkt, verzichten muss.

Russischer Milliardär und Ex-Präsident lenkt weiterhin den Weltverband

Die FIE hatte entschieden, Sportlerinnen und Sportler aus Russland und Belarus trotz des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wieder zu internationalen Wettbewerben zuzulassen. Unterstützt wird der Weltverband dabei von IOC-Präsident Thomas Bach. Der ehemalige Tauberbischofsheimer Fechter führt dafür "die Autonomie der russischen Sportler" an. Bach selbst wird in verschiedenen Medienberichten jedoch eine Nähe zum russischen Oligarchen und Milliardär Alischer Usmanow nachgesagt, der bis Anfang März 2022 auch FIE-Präsident war, wegen der EU-Sanktionen gegen ihn zwar zurücktrat, offenbar aber weiterhin im Hintergrund die Strippen zieht.

Leonie Ebert bekam mit, dass sich beim Grand Prix in Busan viele Kolleginnen und Kollegen mit diesem Thema beschäftigten und skeptisch zur Wiedereingliederung von Russland und Belarus äußerten. Auch für die Würzburgerin gebe es viele offene Fragen. Sie solidarisiere sich mit den ukrainischen Athletinnen und Athleten. Einen Instagram-Beitrag der US-amerikanischen Delegation, die sich in Busan auch mit der Ukraine solidarisieren, habe sie erfreut aufgenommen.

Eine der offenen Fragen sei, wie die bisher von den Wettbewerben suspendierten russischen und belarussischen Fechterinnen und Fechter im vergangenen Jahr auf Doping getestet wurden.

Eine andere Frage, wie die FIE auf Duelle zwischen russischen und ukrainischen Fechterinnen und Fechtern reagieren würde, hat sich dagegen erledigt: Die Ukraine hat den Boykott aller Wettkämpfe angekündigt. Würde Ebert allerdings ein Duell boykottieren, bekäme sie dafür die Schwarze Karte und wäre dadurch für die nächsten drei Monate gesperrt. Eine Strafe, die es zwar schon länger gibt, aber zuletzt nicht so scharf verfolgt wurde. Auch das will die FIE jetzt ändern.

Leonie Ebert stellt Fragen an die Verbandsspitze des Fechter-Bunds

Fraglich ist auch, ob deutsche Athletinnen und Athleten weiterhin Fördergelder des Bundesinnenministeriums (BMI) erhalten, wenn russische und belarussische Athletinnen und Athleten an Wettbewerben teilnehmen. Diese und weitere Fragen habe sie am Mittwoch in einem Videocall mit der Verbandsspitze gestellt, sagt Ebert. Der Funktionäre baten um Zeit, diese beantworten zu können.

Das BMI äußert sich auf Nachfrage dieser Redaktion wie folgt: "Allen Verbänden ist im März 2022 mitgeteilt worden, dass internationale Wettkämpfe unter Beteiligung russischer und belarussischer Athletinnen und Athleten derzeit nicht förderfähig sind." Sprich: An- und Abreise sowie Unterkunft würden für solche Wettbewerbe nicht mehr bezahlt.

Allerdings teilt das Innenministerium auch mit, dass Nachteile für deutsche Athletinnen und Athleten mit Blick auf die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 vermieden werden sollen. "In diesem Sinne werden wir Ausnahmen zum Erlass vom März 2022 zulassen", heißt es von einem BMI-Sprecher weiter.

Die Sportsoldatin darf nicht zu Wettbewerben nach Russland reisen

Für Leonie Ebert gibt es allerdings noch ein weiteres Problem. Als Sportsoldatin ist sie dem Verteidigungsministerium unterstellt. Ins Sportliche mischt sich die Bundeswehr zwar nicht ein, Reisen nach Russland oder Belarus seien Soldatinnen und Soldaten aber nicht gestattet.

Ebert habe aber gehört, dass die bisher im polnischen Krakau als Teil der European Games 2023 angesetzten Europameisterschaften nach Russland verlegt werden könnten. "Die European Games würden dann nicht unsere EM sein", bedauert die Fechterin.

IOC-Präsident Thomas Bach hat für die nächste Woche weitere Entscheidungen des IOC-Exekutivkomitees angekündigt, um russischen und belarussischen Athletinnen und Athleten die Rückkehr zu sportlichen Wettbewerben zu ebnen.

 
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