Mit einem Siebenmeter ins Glück zum dreckigen 25:24-Sieg beim Start in Dessau-Roßlau hat die Saison für die Zweitliga-Handballer der DJK Rimpar Wölfe vor gut zwei Monaten begonnen. Für Patrick "Paddi" Schmidt, den damaligen Matchwinner, läuft es seither besser als für seine Mannschaft. Mit 64 Treffern ist der 29-Jährige nicht nur fünftbester Torschütze der Liga. Als erfahrener Kapitän, dynamischer Spielmacher und emotionaler Leader führt er die Wölfe verantwortungsbewusst durch diese in vielerlei Hinsicht schwierige Spielzeit.
Schmidt hat seinen Master in Kommunikationsmanagement quasi in der Tasche und ist seit Juni auch für Marketing und Kommunikation seines Klubs zuständig. Vor dem Unterfrankenderby bei seinem Ausbildungsverein TV Großwallstadt stand er dieser Redaktion Rede und Antwort über den Abstiegskampf, Anekdoten aus der Bundeswehrzeit und seinen Ausgleich im Familienleben.
Patrick Schmidt: Zwei natürlich! Mehr gibt es laut den Wettkampfregularien ja nicht, auch wenn es für uns gefühlt ein Vier-Punkte-Spiel ist.
Schmidt: Auch, aber vor allem, weil wir diese Big Points im Abstiegskampf dringend brauchen. Dazu kommt, dass wir unseren mitfahrenden Fans etwas zurückgeben wollen, die wir zu Hause noch nicht mit Siegen verwöhnt haben. Und, dass wir nach dem Auftritt in Nordhorn was gutzumachen haben. Dass wir da nicht gewinnen müssen, war klar, aber die Art und Weise, wie wir verloren haben, war indiskutabel. Das Gute in einer Englischen Woche ist: Wir haben gleich wieder die Chance, es besser zu machen. Ein Derby kommt da gerade recht.
Schmidt: Beim Stichwort Lager muss ich an Flo Eisenträger denken...
Schmidt: Mit ihm war ich in der Grundausbildung bei der Bundeswehr. Da geht man ja auch raus in den Wald zum Biwak. Einer hält Wache am Beobachtungsposten, die anderen hocken am Lagerfeuer und passen auf, der Rest schläft. Und irgendwann kommt der "Feind". Flo und ich waren also ein Team und sollten eines Nachts zu zweit Wachablösung machen. Worauf wir beide keine Lust hatten. Als uns ein Kamerad geweckt hat, haben wir ihm zu ihm gesagt: "Mach deinen Scheiß alleine, wir schlafen weiter." (lacht) Der Feldwebel fand das nicht so witzig. Wir lachen bis heute immer wieder gerne über solche Geschichten, die uns zusammengeschweißt haben.
Schmidt: In diesen Tagen kommt alles von letztem Jahr wieder hoch. Die ganze große Ungewissheit. Und mit ihr der Respekt vor der Situation und die Angst, dass die Zuschauer bald wieder weg sein könnten. Ohne Fans verändert sich nicht nur das Spiel, auch du als Spieler veränderst dich. Zumindest, wenn man so von Emotionen lebt wie ich.
Schmidt: Wenn in der leeren Halle niemand sitzt, dem du nach einem Tor zujubeln und deine Faust zeigen kannst, wenn da keiner ist, der dir in schwierigen Phasen durch lautstarke Unterstützung hilft, dich aufzurichten, wenn es keine gegnerischen Fans gibt, deren Pfiffe dich anstacheln, dann macht das auf Dauer was mit dir. Es tut echt weh, wenn die Fans fehlen. Deswegen haben wir schon gesagt: Wir müssen auch selbst unsere eigenen Fans sein. Wir brauchen diese Emotionen auf dem Spielfeld und von der Bank. Denn ohne sie wird es für uns ganz schwer, wie wir ja auch gerade in Nordhorn gesehen haben.
Schmidt: Das nicht, aber jeder von uns hat ein hohes Maß an Eigenverantwortung und auch der Mannschaft gegenüber und testet sich regelmäßig selbst. In der Länderspielpause haben wir uns Booster-Impfungen verpassen lassen.
Schmidt: Mir macht er immer noch Spaß. Aber es geht ja nicht nur um Spaß. Handball ist auch unser Beruf, und wir haben eine Verpflichtung denen gegenüber, die uns bezahlen und die dafür bezahlen, uns zuzuschauen.
Schmidt: Ich würde sagen, wir gestandenen Spieler sind alle gefragt. Für uns war ein bisschen zu erwarten, wie wir dastehen. Auch Julian weiß noch aus seiner aktiven Zeit, wie es ist, in solchen Situationen zu stecken. Er macht das gut als Trainer, bewahrt Ruhe. Er ist kein Typ, der in der Kabine eskaliert, auch wenn wir es manchmal vielleicht verdient hätten. Wir Erfahrenen müssen den Jüngeren jetzt einimpfen, auf was es ankommt: auf Einsatz, auf Leidenschaft, auf Härte. Abstiegskampf ist dreckig.
Schmidt: Nachdem die letzte Saison, ich kann's leider nicht anders sagen, unfassbar Scheiße für mich lief mit drei Verletzungen und Corona, habe ich in der Off-Season keine Pause gemacht. Um den Rückstand aufzuholen, habe ich selbst im Urlaub jeden Tag trainiert. Joggen am Stand, Sprints im Sand, Krafttraining in Hotels. Ich hatte einen unbändigen Willen, wieder ranzukommen. Dazu kommt sicherlich die persönliche Reife, die mit reinspielt. Und dass das Familienleben als Ausgleich zum Handball unfassbar schön ist.
Schmidt: Der Alltag dreht sich komplett um ihn. Meine Frau und ich haben uns die Aufgaben aufgeteilt. Ich bringe Lenni jeden Morgen in die Kita, wenn er mittags schläft, mache ich Spielvorbereitung. An Spieltagen nimmt meine Frau extrem viel Rücksicht auf mich. Lenni bringt so viel Freude in unser Leben und war auch schon dreimal zum Zuschauen in der Halle, natürlich im Wölfe-Trikot mit der 17 drauf. Wenn dein Kind nach dem Spiel in deinem Trikot vor dir steht, da geht dir das Herz auf.
Schmidt: Wenig. Ich darf's eigentlich gar nicht sagen, aber letztens bin ich fremdgegangen und war mit meinem Freund Willi (Steffen Kaufmann, Anm. d. Red.) in der Allianz Arena in München beim Spiel Bayern gegen Freiburg, nachdem er zehnmal mit mir in Nürnberg im Stadion war. Tatsächlich muss der Club inzwischen oft hinter der Familie anstehen. Aber es läuft ja zum Glück auch ohne mich. (lacht)
Schmidt: Wir brauchen einen Befreiungsschlag im Derby und dann mal zumindest eine kleine Positiv-Serie. Nach Durststrecken in anderen Jahren ist die immer so im November/Dezember eingeschlagen. (grinst)