
In der Saison um die Jahrtausendwende stieg der ETSV Würzburg mit 105 Gegentoren aus der Fußball-Bezirksliga ab. Darauf rauschten die "Bahnler" mit 180 Gegentreffern ungebremst in die Kreisklasse und sogar in die A-Klasse herab. Nach der Neugründung gingen die Kicker aus der Mergentheimer Straße im Jahr 2010 in der untersten deutschen Spielklasse wieder an den Start.
Vor einigen Wochen trällerten 34 Spieler des ETSV Würzburg beim Saisonabschluss auf Mallorca den leicht umgedichteten Stimmungshit von Lorenz Büffel: "Die Bahn hat keine Bremse." Was war passiert? Nach dem Doppel-Aufstieg der ersten und zweiten Mannschaft spielt das Aushängeschild nach einer sensationellen Entwicklung mittlerweile in der Bezirksliga.

Mit vier von fünf Niederlagen fand die erste Mannschaft ihre Bremsen zwar wieder, für Trainer Gerald Spahmann ist das jedoch keine Überraschung: "Es ist richtig schön, mit dem ETSV in der Bezirksliga zu spielen. Natürlich geht es für uns ausschließlich um den Klassenerhalt."
Wenig Erfahrung im höherklassigen Fußball
Gründe für den suboptimalen Rundenstart gibt es unterschiedliche. Mit Felix Eberhardt, Johannes Geißler und Stefan Pfautsch blicken nur drei Akteure aus dem Aufstiegs-Kader auf Erfahrungen in der Bezirksliga oder darüber zurück. Aus diesem Grund setzten die Verantwortlichen auf Neuzugänge wie Luis Löffler und Lennox Skalieris, die jedoch beide mit Langzeitverletzungen noch einige Zeit ausfallen werden.

Spahmanns Analyse der bisherigen Auftritte bringt eine weitere Ursache für die Punktearmut ans Licht: "Im Spielaufbau erlauben wir uns zu einfache Ballverluste. Vor allem im Umschaltspiel erwischten uns die Gegner oftmals auf dem falschen Fuß. Hier müssen wir uns auch der besseren Abschlussqualitäten der Gegner als noch in der Kreisliga im Klaren sein. Ab und zu wären resolute Klärungsversuche effektiver als Schönspielerei gewesen." Optimistisch zeigt sich der ETSV-Trainer jedoch im Hinblick auf den weiteren Saisonverlauf. Immerhin wäre seine Mannschaft extrem selbstkritisch, und diese Eigenschaft würde einen Lernprozess deutlich beschleunigen.
Einen Prozess in den eigenen Strukturen vollzogen die Verantwortlichen bereits. Vor allem im physiologischen Bereich erkannte Spahmann mit seinen beiden Co-Trainern Dominik Grasser und Jakub Phouthavong noch Luft nach oben. Aus diesem Grund steht bei den Dienstags-Einheiten für 45 Minuten eine Fitnesstrainerin in den Startlöchern. In der zweiten Hälfte gestalten beide Co-Trainer das Programm. "Ich führe am Dienstag viele Gespräche, vor allem im taktischen Bereich", verrät Spahmann.

Neu stellte sich der Verein auch hinsichtlich der sportlichen Leitung auf. Mit Martin Fuchs als Abteilungsleiter sowie Alexander Ruß als Sportleiter übernahmen laut Spahmann "zwei vom alten Schlag" Verantwortung: "Beide sind eine Bereicherung. Sie hauen zur rechten Zeit auch mal auf den Tisch, im Rhythmus von vier Wochen setzen sich die erste und zweite Mannschaft gemeinsam zu einer Besprechung zusammen. Martin und Alex sind oftmals bei den Einheiten, aber fast immer bei den Spieltagen dabei. Sie übernehmen zudem Aufgaben wie Sponsorensuche."
Sportlich möchte der ETSV-Coach von einem "Sechs-Punkte-Spiel" am kommenden Sonntag, 3. September, um 15 Uhr gegen das Schlusslicht SV Birkenfeld nichts hören. Um die Wichtigkeit weiß Spahmann gleichwohl: "Wir wollen vor allem die Heimspiele gewinnen. Zwar erwarten wir einen euphorisierten Aufsteiger, aber gerade unser letzter Auftritt sollte uns Rückenwind geben." Gegen den Absteiger TG Höchberg legte der ETSV los wie die Feuerwehr. Ein verschossener Elfmeter sowie Aluminiumtreffer verhinderten eine deutliche Halbzeitführung. Durch erneut individuelle Fehler im Aufbau zogen die Würzburger am Ende vermeidbar mit 0:2 den Kürzeren.