Mit gesenkten Köpfen verließen einige Spieler am Freitagabend nach der 103:113-Niederlage das Parkett. Denn Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg hatte die Partie beim Play-off-Kandidaten Hamburg Towers zwar lange offen gehalten, zum Sieg reicht es in diesem Offensivspektakel aber nicht. Und das trotz 60 Prozent Trefferquote von der Dreierlinie und sogar noch etwas mehr aus dem Zweipunktebereich. Eine Analyse der aktuellen Situation der Baskets.
Der erste Lichtblick
Die Offensive hat sich in den vergangenen Wochen deutlich verbessert. Der neue Coach Sasa Filipovski hat es geschafft, die Zahl der Ballverluste zu reduzieren. Gegen die eigentlich so aggressive und gute Hamburger Verteidigung leisteten sie sich nur zwölf Turnover, dazu erzielten sie 103 Punkte. Beides deutlich besser als im Saisonschnitt.
Die erste Problemzone
Wer trotz 103 Punkten in fremder Halle verliert, hat ein Defensiv-Problem. Filipovski legt Wert darauf, dass aggressiv verteidigt wird. Noch fehlt aber der Rettungsanker, der einspringt, wenn diese aggressive Defense geschlagen wird. Im Schnitt erlauben die Baskets dem Gegner über 88 Punkte, in Berlin waren es 96, gegen Bayreuth 88, gegen Bamberg 89 und 97 und jetzt eben 113 in Hamburg. In diesem Jahr blieben sie nur gegen Berlin (82) und in Braunschweig (80) unter dem Schnitt, und die letzte Mannschaft, die gegen die Baskets weniger als 80 Punkte warf, war Bayern München (90:70) Anfang November. "Hamburg hat uns gezeigt, was unsere Schwachstelle ist: die Verteidigung unter dem Korb", erklärt Filipovski.
Maik Kotsar, Hamburgs zugegeben sehr talentierter Center, lieferte am Freitag das Paradebeispiel dafür. Wann immer die Hamburger mal daneben warfen, angelte er sich den Rebound und verwandelte fast ohne Gegenwehr. Und auch aus dem Pick and Roll oder im Eins-gegen-Eins konnten Rodriguez, Stanic und Co. den Esten nicht stoppen. Mit 30 Punkten und zwölf Rebounds, zehn davon am Würzburger Brett, erzielte er persönliche BBL-Karrierebestwerte in allen drei Kategorien.
Die zweite Problemzone
Auch die schwache Verteidigung an der Dreipunktelinie konnte der neue Coach bisher nicht verbessern. Dazu kam am Freitag, dass Spieler wie Max DiLeo, statistisch ein eher schwacher Werfer, gegen die Baskets regelmäßig heiß laufen. Vier von vier Versuche aus der Ferne verwandelte DiLeo, zwei davon, als es im Schlussviertel nochmal eng wurde. "Wir haben versucht, Hamburg mit einer Zonenverteidigung zu knacken, und er hat uns eiskalt bestraft", sagte Filipovski am Samstagmorgen.
Hamburg traf 53 Prozent von außen, auch Bamberg traf gegen die Baskets in beiden Partien zuletzt gut von außen. Cameron Hunt beschrieb die Situation nach der Partie in Bamberg wie eine Art Domino-Effekt. Weil alle Spieler um die Schwächen in der Verteidigung unterm Korb wissen, versuchen sie dort etwas mehr zu helfen. Und prompt sind auch die Dreipunktewürfe frei. Das wird in einer Liga wie der Bundesliga, in der sich das Niveau in den vergangenen Jahren stetig verbessert hat, bestraft.
Der zweite Lichtblick
Zwar betont Filipovski, dass ihm die Nationalität eines Spielers egal ist, aber für seine deutsche Riege um Stanic, Kapitän Felix Hoffmann, Julian Albus und Routinier Alex King hatte er ein Sonderlob übrig. Gemeinsam mit Craig Moller (Australier mit deutschem Pass) und dem am Freitag unglücklich agierenden Julius Böhmer erzielten sie 50 Punkte. Besonders Felix Hoffmann, der mit zwölf Punkte einen Karrierebestwert aufstellte, wirkt wie verwandelt in der jüngeren Vergangenheit.
Der Kapitän quält sich zwar seit Wochen mit einer Fußverletzung herum, stellt sich jedoch vorbildlich in den Dienst der Mannschaft und tut das, was er meistens tut: Rebounds holen, Offensivfouls annehmen und all die kleinen Dinge, die in keiner Statistik dieser Welt vermerkt werden. Auch Alex King wurde in seiner Abschiedssaison von Filipovski zu neuem Leben erweckt. Elf Punkte erzielte der Routinier in 14 Minuten Spielzeit.
Der dritte Lichtblick
Ohne Neuverpflichtungen wird es im Kampf um den Klassenerhalt nicht reichen. Das wissen die Verantwortlichen bei den Baskets. Mit Charles Callison ist der erste Schritt getan. "Das Wichtigste ist, dass er fit ist", sagt Filipovski über den 27-jährigen Aufbauspieler. Weil er bei seinem Klub BC Odessa in dieser Runde 32 Minuten im Schnitt auf dem Parkett stand, hat der Slowene da keine Zweifel. Callison komme von einer guten Universität, habe Erfahrung in Europa und will sich verbessern. "Er hat einen guten Körper und kann sich damit durch Blöcke kämpfen", beschreibt ihn Filipovski. Ein Attribut, dass zur aggressiveren Verteidigung deutlich besser passt. Eine 100-prozentige Sicherheit könne man nie haben, aber die Baskets hätten alle möglichen Informationsquellen angezapft und sind sich nun sicher, dass der US-Amerikaner dem Team weiterhelfen könne.
Bleibt der fehlende Center. Jemand der den eigenen Korb beschützen und rebounden, den Fast-Break laufen und am gegnerischen Brett den Ball durch den Korb stopfen kann. So beschreibt Filipovski das Anforderungsprofil an seinen noch fehlenden Rettungsanker. Eric Buckner, ein 2,08 Meter großer Center, den der Würzburger Trainer bereits in Monaco trainierte, sei ein Kandidat. Aber sein Arbeitgeber in Korea lasse ihn nur gegen eine hohe Ablösesumme ziehen, obwohl er dort aufgrund der Spielzeit-Regelungen für Ausländer nur wenig Einsatzzeit bekommt.
Ein zweiter Kandidat ist Geoffrey Grosselle, wie Filipovski bestätigt. Der ehemalige Braunschweiger Center steht aktuell bei Fortitudo Bologna unter Vertrag. Er sei interessiert, aber nachdem sein Agent auch das Interesse von Brose Bamberg an ein Internetportal durchsickern ließ, würden die Preise natürlich steigen. Am Ende komme es darauf an, wer bereit sei, mehr zu bezahlen.
Der vierte Lichtblick
Einige Konkurrenten schwächeln aktuell. Am Samstagabend unterlag Heidelberg trotz einer 29:16-Führung mit 79:85 in Bayreuth. Auch auf den zweiten oberfränkischen Nachbarn war am Samstagabend Verlass. Trotz einer nur Sieben-Mann-Rotation gewann Bamberg 92:89 in Gießen. Und Frankfurt hatte bei Corona-dezimierten Münchener Bayern keine Chance (53:72). Einziger Wermutstropfen: Das bisherige Schlusslicht Oldenburg schoss den MBC mit 110:93 ab – weshalb die rote Laterne nun in Würzburg brennt.
Auch dieses Projekt richten die Verantwortlichen zugrunde.