
Ja, es stimmt: Hannover 96, der DFB-Pokal-Gegner, ist wahrscheinlich einer der besseren Rivalen in der kommenden Zweitliga-Saison. Aber so, wie die Würzburger Kickers am Montag beim letztlich schmeichelhaften Erstrunden-2:3 (0:1) aufgetreten sind, wird der Kampf um den Klassenerhalt ein sehr schwieriges Unterfangen. Als Kickers-Trainer Michael Schiele in der Pressekonferenz gefragt wurde, was denn gut war an diesem Spiel, antwortete er, dass man gesehen habe, was nicht gut war und daran nun arbeiten könne. Es bleibt noch viel zu tun.
Wobei man schon die Frage stellen kann, was für Schiele mit dem derzeitigen Personal überhaupt möglich ist. Die Idee des Kickers-Spiels war deutlich zu erkennen. Offensive Außenverteidiger (Arne Feick und Frank Ronstadt) wollten im Zusammenspiel mit den Flügelstürmern Robert Herrmann und Dominik Baumann für Druck sorgen. David Kopacz und Patrick Sontheimer sollten im Mittelfeld wuseln, Tobias Kraulich sollte dahinter aufräumen. So weit die Theorie. Die Raumaufteilung und das Passspiel – passabel. Dort, wo es darauf ankommt, vor beiden Toren, wirkten die Kickers dann aber schlicht und ergreifend deutlich unterlegen, dort fehlte es an Präzision und Durschlagskraft. Mittelstürmer Saliou Sané kam im Strafraum kein einziges Mal in Abschlussposition.
Und hinten? Da sucht ausgerechnet Kapitän Daniel Hägele, der eigentlich Nebenmann Leroy Kwadwo anleiten soll, derzeit nach Form und Sicherheit. Schon bei den Toto-Pokal-Partien in Aschaffenburg (5:1) und bei 1860 München (2:5 nach Elfmeterschießen) wirkte er wackelig. Gegen Hannover sah er bei den ersten beiden Gegentoren schlecht aus: Vor dem 0:1 ließ sich Hägele von Hendrik Weydandt allzu leicht austanzen (23.). Vor Dominik Kaisers 0:2 verschätzte sich der Kickers-Spielführer bei einem langen Ball vollkommen und sprang unter ihm hindurch (59.). Eine Stütze ist der Kapitän derzeit nicht, das ist ein Problem. Ruhe und Abgeklärtheit strahlt derzeit noch am ehesten Torhüter Fabian Giefer aus, der auch beim dritten Hannoveraner Treffer (Hübers, 78.) nichts ausrichten konnte.
Spieler wie ihn oder Linksverteidiger Feick, Neuzugänge mit Routine, wird es noch mehr brauchen, um die Kickers auf Zweitliga-Niveau zu hieven. Das dürfte auch Felix Magath erkannt haben. Der Fußball-Boss von Investor Flyeralarm verfolgte die Partie wieder von der Terrasse der Kickers-Gaststätte aus. Noch freilich wurden Schieles Rufe nach Verstärkungen vor allem für das zentrale Mittelfeld zwar gehört - die Wünsche des Trainers aber nicht erfüllt. Es dürfte, da gibt es gar kein Vertun, eine schwierige Saison werden.
Auch weil die Trainerpersonalie, wie schon in der vergangenen Spielzeit, eine delikate Geschichte bleibt: Schieles Vertrag läuft zum Saisonende wieder aus. Den vor Magaths Ankunft in Würzburg angedachten Zweijahres-Kontrakt hat der Kickers-Chefcoach trotz des Aufstiegs nicht bekommen. Am Samstag beim Zweitliga-Auftakt gegen den FC Erzgebirge Aue, der sich in der ersten Pokalrunde beim 0:2 gegen Regionalligist Ulm blamierte, haben die Kickers nun die Chance für einen Stimmungsumschwung zu sorgen.
„Wir hatten nicht den richtigen Glauben und die Überzeugung in unserem Spiel“, stellte Schiele am Montagabend fest. Eine beunruhigende Erkenntnis. Von einer Aufstiegseuphorie ist derzeit nichts zu spüren. Vielleicht haben die beiden Anschlusstreffer kurz vor Toreschluss ja ein bisschen Selbstvertrauen zurückgebracht. Die Kickers müssen darauf hoffen.