Der Erfolg, heißt es gemeinhin, habe viele Väter. Und tatsächlich: Wer den Garanten für den 87:75-(46:33)-Erfolg des Basketball-Bundesligisten Würzburg Baskets am Freitagabend gegen Rasta Vechta ausmachen wollte, stieß gleich auf mehrere Protagonisten auf Seiten der Hausherren, denen diese Auszeichnung hätte zugesprochen werden können.
Nicht nur, dass sich gleich fünf Würzburger Spieler mit einer zweistelligen Punkte-Ausbeute (Max Ugrai 18, Zac Seljaas 17, Otis Livingston II 17, Isaiah Washington 14 und Darius Perry 10) in den Scouting-Bogen eintrugen: Es war ein Erfolg des Kollektivs, zu dem jeder auf seine Weise einen Beitrag geleistet hatte. "Ein großes Lob an die Mannschaft und meinen Coaching-Staff. Vechta ist ein richtig gutes Team, hat viel Talent und spielte zuletzt mit sehr viel Selbstvertrauen. Ich finde, wir haben unsere bislang beste Saisonleistung gezeigt", resümierte Baskets-Cheftrainer Sasa Filipovski sichtlich zufrieden in den Katakomben der tectake Arena.
Nur drei Tage blieben den Baskets Zeit, sich nach dem 88:72-Erfolg am Montagabend beim Mitteldeutschen BC auf das Gastspiel des Überraschungs-Aufsteigers vorzubereiten. Doch die Würzburger präsentierten sich vor in dieser Saison erstmals über 3.000 Zuschauerinnen und Zuschauern perfekt eingestellt, und spätestens zu Beginn des zweiten Viertels waren sie klar der Herr im eigenen Haus.
Unter den Augen von Bundestrainer Gordon Herbert, der als Weltmeister-Trainer seiner alten Wirkungsstätte einen Besuch abstattete und mit großem Applaus von den Rängen begrüßt und von den Baskets vor Spielbeginn mit einem Jahrbuch aus der Saison 2000/01 und einem Trikot geehrt worden war, zogen die Baskets im letzten Viertel zwischenzeitlich auf 74:55 davon.
"Bis auf die Schlussphase, als uns Vechta mit der Press- und Zonenverteidigung ein wenig überrascht hat, war das über weite Strecken sehr gut von uns", befand auch Center Max Ugrai. Der gebürtige Heckfelder (Main-Tauber-Kreis) rutschte für den erkrankten Owen Klassen in die Startformation – und legte am Ende mit 18 Punkten einen neuen Bestwert im Baskets-Trikot auf.
Mehr noch als darüber freute sich das vor der Saison aus Heidelberg zurückgekehrte Eigengewächs aber nach bislang drei Auswärtssiegen nun über den zweiten Heimsieg der Saison: "Das war extrem wichtig für uns. Denn mit Erfolgen vor den eigenen Fans entfachst du die Euphorie, die du brauchst, um die Arena wieder zu einer Festung zu machen", sagte Ugrai.
Wie groß die Erleichterung auf Seiten der Baskets über diesen Erfolg war, zeigte sich nach Ertönen der Schlusssirene auch bei Zac Seljaas, der mit einem Urschrei und geballten Fäusten in Richtung des Fanblocks jubelte. Der US-Flügelspieler mit der kultigen Vokuhila-Frisur und dem markanten Schnauzer erzielte abermals ein "Double-Double" mit 17 Punkten und zehn Rebounds – sieben (!) davon am offensiven Brett –, und war wertvollster Spieler (MVP) der Partie.
Der heimliche Matchwinner war allerdings ein anderer: Seljaas' Landsmann Javon Bess brachte es fertig, den bislang effektivsten Korbjäger der Liga, Vechtas Spielmacher Tommy Kuhse, nahezu komplett aus dem Spiel zu nehmen. Das 27-jährige Kraftpaket übernahm Mitte des ersten Viertels Kuhses Verteidigung, und dieser fügte seinen bis dahin erzielten sieben Punkten nur noch vier weitere als Ergebniskorrektur in der Schlussminute hinzu.
Drei der Wurfversuche von Kuhse blockte Bess, und am Ende hatte dieser mit einem Plus-Minus-Wert von -15 den schlechtesten aller eingesetzten Spieler. Bedeutet: Während Kuhse im Spiel war, erzielten die Würzburger 15 Zähler mehr als die Gäste. "Javon war fantastisch. Jeder schaut immer nur auf die Statistik und die Punkte. Aber er ist ein High-Level-Spieler, der der Mannschaft mit so vielen Kleinigkeiten hilft", lobte Filipovski seinen Guard, den kurz vor Spielende vom Feld holte, damit sich dieser die stehenden Ovationen der Fans abzuholen konnte.
Gut ein Viertel der Saison ist nun gespielt, die Würzburger sind – bei einem ausstehenden, noch nicht terminierten Nachholspiel zu Hause gegen den Drittletzten Göttingen – mehr als im Soll und mittendrin im Kampf um die Play-off-Plätze.
"Eine 5:4-Bilanz nach neun Spielen hätte ich vor der Saison sicher unterschrieben, auch wenn wir mit etwas Glück sogar noch besser dastehen könnten. Jetzt gilt es, auch mal ein enges Spiel für uns zu entscheiden", sagte Ugrai, der sich mit seinen Kollegen auf ein paar freie Tage freuen darf. Denn erst am Samstag, 16. Dezember, geht es in der Liga weiter: Dann ist Vizemeister und Champions-League-Sieger Bonn zu Gast in Würzburg.