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Fußball: Dritte Liga
Kickers-Chef Sauer sieht keine Wettbewerbsverzerrung
Nach der Mehrheit für Drittliga-Geisterspiele: Wie geht es nun weiter? Fragen und Antworten zur Situation der Rothosen.
Er setzt wie die Mehrzahl seiner Drittliga-Kollegen auf Geisterspiele, um die Saison zu beenden: Kickers-Vorstandsvorsitender Daniel Sauer.
Foto: foto2press/Frank Scheuring | Er setzt wie die Mehrzahl seiner Drittliga-Kollegen auf Geisterspiele, um die Saison zu beenden: Kickers-Vorstandsvorsitender Daniel Sauer.
Frank Kranewitter
 |  aktualisiert: 16.12.2021 12:04 Uhr

Das Resultat ist knapp und doch unzweifelhaft. Die Vertreter der Fußball-Drittligisten haben sich am Montag bei einer Abstimmung im Rahmen einer Videokonferenz mit zehn zu acht Stimmen bei zwei Enthaltungen für eine Fortführung der Saison mit Geisterspielen und gegen einen Abbruch ausgesprochen. Die Würzburger Kickers hatten schon im Vorfeld klar gemacht, dass sie sich wünschen würden, die Saison zu Ende zu bringen. Wie es nun weitergeht:

Ist mit dem Abstimmungsergebnis klar, dass die Saison zu Ende gespielt wird?

Nein. Als Kickers-Vorstandschef Daniel Sauer am Dienstag bei einer Telefonkonferenz die Fragen von Medienvertretern beantwortet, ist es ihm wichtig, klarzustellen: "Die Gesundheit und die Vorgaben aus der Politik stehen über allem. Das wurde in der Diskussion der letzten Wochen oft vergessen. Wir wollen keine Sonderbehandlung." Wenn Bundesregierung und Ministerpräsidenten bei einer ihrer nächsten Konferenzen über den Wunsch der Profifußballer beraten, Geisterspiele durchführen zu dürfen, soll diese Entscheidung auch für die Dritte Liga gelten. Der Drittliga-Ausschuss des DFB, dem auch Kickers-Chef Sauer angehört, hat sich einstimmig für das vorliegende Konzept für Geisterspiele ausgesprochen. Dieses entspricht weitgehend dem in erster und zweiter Liga mit strengen Hygienevorgaben und engmaschigen Testungen.

DFB-Vizepräsident Peter Frymuth im Interview bei Magenta-Sport:

Anzeige für den Anbieter Facebook Video über den Consent-Anbieter verweigert
Wie könnte ein Zeitplan aussehen?

Am Dienstag sickerte ein möglicher Terminplan für die Restsaison durch. Danach wären nach dem Start am 16. Mai insgesamt fünf englische Wochen geplant. Am 25/26. Juni und 29./30. Juni könnten dann die Relegationsspiele zwischen dem Drittliga-Dritten und dem Zweitliga-16. steigen.

Muss die Saison in jedem Fall bis 30. Juni beendet sein?

"Es ist der Wunsch aller Vereine, die Saison bis Ende Juni abzuschließen, um arbeitsrechtlichen Fragestellungen aus dem Weg zu gehen", sagt Rothosen-Aufsichtsratschef Sauer. Dann enden nämlich die Arbeitsverträge vieler Trainer und Spieler. Wenn allerdings der Zeitrahmen aufgrund von Vorgaben aus der Politik nicht zu halten wäre, hat Sauer die Hoffnung auf eine Lösung. Schließlich arbeite man auch beim Fußball-Weltverband Fifa bereits daran, in einem solchen Fall zumindest im sportrechtlichen Bereich Sicherheit zu schaffen.

Bei elf Drittligisten wird inzwischen wieder in Kleingruppen trainiert, beim Rest ruht der Trainingsbetrieb. Ist das nicht eine Wettbewerbsverzerrung?

Dies ist ein Argument, das Befürworter eines Abbruchs immer wieder vorbringen. Sauer hat da eine andere Sicht. So sei längst nicht gesagt, dass Vereine im Heimtraining benachteiligt seien. In Würzburg habe man sich zum Beispiel ganz bewusst dafür entschieden, später als andere bayerische Klubs auf den Trainingsplatz zurückzukehren. "Wir haben in harten Video-Einheiten zu Hause ganz gezielt an Schwachpunkten gearbeitet", sagt Sauer, der offensichtlich auch nicht bei jedem Klub große Anstrengungen vermutet, ins Training wieder einzusteigen: "Wenn ein Klub seine Spieler auf null Prozent Kurzarbeit gesetzt hat und deshalb nicht trainieren kann, ist das eine wirtschaftliche Entscheidung. Dann kann man aber auch nicht von Wettbewerbsverzerrung sprechen."

Welche Gründe sprechen aus Sicht der Kickers für eine Saisonfortsetzung? 

1860-Geschäftsführer Günther Gorentzel hatte in der Vergangenheit bereits vorgerechnet, ein Saisonende mit Geisterspielen käme seinen Klub deutlich weniger teuer zu stehen als ein Abbruch. Kickers-Chef Sauer will eine solche Rechnung nicht anstellen. Letztlich sei es eine Mischung aus verschiedenen Gründen, die für ihn entscheidend sei, sich um eine Fortsetzung der Spielzeit zu bemühen. So gebe es im Falle eines Abbruchs ein Sonderkündigungsrecht der zahlenden TV-Partner. Außerdem sei ein vorzeitiges Saisonende mit enormen haftungsrechtlichen Risiken verbunden.  Vor allem gehe es aber darum, den sportlichen Wettbewerb zu Ende zu bringen.

Was passiert mit den 7,5 Millionen Euro aus dem Bundesliga-Solidartopf?

Das Geld, das die Champions-League-Teilnehmer bereitstellen, wird über den Deutschen Fußball-Bund (DFB) verteilt. Der Verband will davon zunächst die Corona-Tests bezahlen, die nötig sind, um den Spielbetrieb fortzuführen. Anschließend soll mit jedem Spieltag eine anteilige Summe ausbezahlt werden, um die Mehrkosten, die die Klubs durch den Geiterspielbetrieb haben, zu ersetzen. Die 7,5 Millionen Euro sind freilich nicht nur für die Drittligisten, sondern auch für die Vereine der Frauen-Bundesliga bestimmt.

Welche Bedingungen und Auflagen müssen die Kickers für eine Zweitliga-Lizenz erfüllen?

Dazu wollte sich Sauer am Dienstag noch nicht äußern. Sportlich ist der Aufstieg trotz Platz zehn bei nur drei Punkten Rückstand auf Rang zwei noch möglich. Am Montag ging auch ein Schreiben von der Deutschen Fußball-Liga (DFL) bei den Kickers ins Haus. Die Lizenz wurde erteilt, es gibt aber Auflagen und vermutlich auch Bedingungen, die die Rothosen erfüllen müssen. "Wir wissen ja selbst, dass wir, was die Infrastruktur angeht, noch große Aufgaben haben. Trotzdem ist diese erste Antwort ja schon einmal positiv," so Sauer. 

Welche Folgen hat die Verzögerung eines Urteils in Sachen Stadionumbau?

Noch immer steht ein Urteil des Verwaltungsgerichts München aus, das sich mit Klagen von Anwohnern gegen die Genehmigung des Stadionausbaus im Jahr 2015 richten. Nun wurde bekannt, dass sich die Urteilsfindung durch die Corona-Krise verzögert. Für Sauer ist dies aber kein Problem. Nach einem Ortstermin im vergangenen Jahr hätten die Kickers "einen Schriftsatz erhalten, der deutlich positiv für uns ist". Die Kickers bevorzugen in der Debatte um einen Standort für ein mögliches neues Stadion ihre alte Heimat am Dallenberg.

Wie geht steht es mit einer Vertragsverlängerung von Trainer Michael Schiele?

In der Frage gibt es, so Sauer, nichts Neues zu verkünden. Auch bei Vertragsgesprächen mit Spielern gebe es noch viel zu viele Unwägbarkeiten. Neben der ungeklärten Frage, wie und wann die nächste Saison überhaupt starte, sei ja auch die Liga-Zugehörigkeit der Kickers noch längst nicht geklärt, so Sauer.

 
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  • baeckerei.mahler@t-online.de
    Wie bitte wollen die Fußballvereine die Hygienevorschriften einhalten?
    Im kleinsten Laden müssen Verkäufer und Kunde einen "Mund-Nasen--Schutz" tragen, und beim Fußball soll das ohne gehen?
    Folgende Szene: Eckball, 92. Minute, der Torwart rennt noch nach vorne in den Strafraum und es tummeln sich 22 Spieler auf engstem Raum. Hygieneschutz mit Füßen getreten, aber nicht so schlimm weil alle Fußballer werden ja zigmal auf Coroanviren getestet mit Tests die in Krankenhäusern und anderswo viel dringender gebraucht werden.
    Was soll die ewige Diskussion, entweder die Saison fertig spielen wenn auch der Breitensport wieder anfangen darf ohne Hygienevorschriften oder die Saison abbrechen!
    Aber die Basketballer sind ja auch nicht besser, oder spielen die etwa ihre "Turnier" alle mit Mund-Nasenschutz?
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  • euroknacki
    Man kann wirklich alles übertreiben und bei der Wahrheit bleiben! Das sind alles junge gesunde Männer, die ihrer Leidenschaft und ihren Beruf nachgehen. Tatsache ist auch, es sind doppelt soviel Testangebote vorhanden als gebraucht werden und bezahlt werden sie vom DFB bzw. den dazugehörigen Organisationen. Es wird also niemanden etwas weggenommen, ausserdem würde die Politik das garnicht zulassen! Populistische äusserungen sind hier völlig fehl am Platze und dienen nur einer speziellen Kaste!
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  • aboehnke
    Mit dem Aspekt der Kurzarbeit auf 0 trifft er den Nagel auf den Kopf. Dass die Abstiegskandidaten es nicht wollen, ist eh klar. Ebenso, dass der gute alte Waldhof seine - wohl einmalige - Chance zum Durchmarsch gerne angenommen hätte, statt sich evtl in einem zweiten 3.-Liga-Jahr den üblichen Abfällen von Aufsteigern aus der Vorsaison auszusetzen. Ob die „Argumentation“ dahin von einem Übermaß an Pietät geprägt war, sei mal dahingestellt. Sportlich zu Ende spielen ist das Beste. Und auch, sich nicht irgendwelchen Ultra-Einflüssen hinzugeben - deren Verantwortung kann sich im organisierten Zu-Hause-Bleiben äußern, dann ist der sportlichen „Gerechtigkeit“ am besten gedient 👍
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