
Yonatan Dayan verkörperte pure Freude: Er lachte übers ganze Gesicht, während ihm der Schweiß auf der Haut perlte. "Überragend" nannte der Mittelmann der DJK Rimpar Wölfe am späten Donnerstagabend das Gefühl, soeben gegen seinen Ex-Klub gewonnen zu haben. Das ist nicht irgendeiner, sondern der ruhmreiche VfL Gummersbach und trotz der Niederlage Tabellenzweiter in der Zweiten Handball-Bundesliga.
28:24 leuchtete es da noch rot auf der Anzeigentafel in der s.Oliver Arena: ein erstaunliches Ergebnis, aus mehreren Gründen. Nicht nur, weil die beste Abwehr der Liga den besten Angriff auf fünf Treffer unter seinem Durchschnitt gehalten und selbst fünf Tore über Durchschnitt erzielt hatte. Sondern auch, da die Mannschaft, für die es "nur" um Prestige und Punkte für einen möglichst guten Mittelfeldplatz gegangen war, viel mehr gekämpft hatte – und nicht jene, die zurück in die erste Liga strebt.
Sigurdssons indirektes Lob für die Wölfe
"Wir brauchen nicht über den Aufstieg reden, solange wir so spielen", meinte der sichtlich bediente VfL-Coach Gudjon Valur Sigurdsson. "Es stört mich gewaltig, wie diese Niederlage zustande gekommen ist. Ich kann mit verworfenen Bällen leben, aber ganz schwer akzeptieren, dass wir gegen eine Mannschaft verloren haben, die es mehr gewollt hat", sprach der Isländer klare Worte. Rimpar habe "200 Prozent gekämpft" und seiner Mannschaft gar vorbildlich gezeigt, "wie man sich als Handballer auf dem Spielfeld verhalten kann und soll".
Sein Rimparer Kollege Ceven Klatt lobte seine Spieler dagegen für ihre "Einstellung, Courage und Leidenschaft". Es freue ihn, "dass sie das erste Mal in dieser Saison einen großen Gegner geschlagen haben".
Rimpar auch sportlich der verdiente Sieger
Gerade in der zweiten Halbzeit, als sie die komfortable 16:10-Führung aus der ersten Halbzeit Tor um Tor einbüßten und vier teils diskussionswürdige Zeitstrafen binnen vier Minuten kassierten – darunter eine doppelte gegen den bereits vorbestraften Abwehrchef Philipp Meyer, der somit die rote Karte sah –, kämpften sich die Gastgeber wieder aus dem Schlamassel heraus.
Auch sportlich war Rimpar dank seiner geschlossenen Mannschaftsleistung der verdiente Sieger. Marino Mallwitz gewann mithilfe seiner galligen Abwehr das Torhüterduell gegen Diogo Valerio, der den erkrankten Matthias Puhle vertrat, mit 15:11 Paraden und hielt in der dramatischen Schlussphase zwei Siebenmeter.
Die erfolgreichsten Wölfe-Werfer Steffen Kaufmann (sieben Tore) und Lukas Siegler (sechs) stellten, gut geführt von Kapitän Patrick Schmidt, den Gummersbacher Rückraum kollektiv in den Schatten. Und der "Joker", den Ceven Klatt gegen die nach der Pause auf 5:1 umgestellte Abwehr der Gäste brachte, stach: Das war Yonatan Dayan.
Der israelische Nationalspieler erzielte vier Treffer im Eins-gegen-Eins, davon die beiden vorentscheidenden zum 26:24 vier Minuten vor Schluss. "Das ist mein Job. Ich muss in die Lücken, wo es weh tut, und hab es halt gemacht", kommentierte er gewohnt bescheiden.
Erinnern an sechs Millionen Tote
Für den 21-Jährigen war der Tag nicht nur wegen des Coups gegen seinen Ex-Klub "sehr emotional", wie er sagte. Am 8. April war auch Jom Haschoa, der Holocaust-Gedenktag. In Israel werden traditionell sechs Fackeln entzündet – als Symbol für die sechs Millionen jüdischen Opfer der Schoa. Auch der Handballprofi veröffentlichte in seiner Instagram-Story ein Foto einer brennenden Kerze mit dem Judenstern und dem Wort "Remember".
"Für alle Menschen in meiner Heimat ist das ein wichtiger Tag, auch für mich", sagte Dayan später in der Halle, und sein lachendes Gesicht nahm plötzlich einen ernsten, nachdenklichen Ausdruck an. "Wir dürfen niemals vergessen, was im Holocaust passiert ist, um zu verhindern, dass es noch einmal passiert."