Er ist einer von drei Israelis in der Handball-Bundesliga. Geboren in Rehovot, einer Stadt südlich von Tel Aviv, etwa so groß wie Würzburg, und seit dieser Saison beim Zweitligisten DJK Rimpar Wölfe. Gestatten: Yonatan Dayan, zweikampfstarker Spielmacher mit schnellem Antritt - 20 Jahre jung, 1,84 Meter groß, 94 Kilo schwer. Er wirkt ruhig, selbstbewusst und interessiert, als er vor dem ersten Heimspiel in einem Café in Rimpar in fast perfektem Deutsch von sich erzählt.
Yonatan Dayan: Ich versuche, diesem Motto zu folgen. Aber wenn ich mich manchmal frage, warum ich hier in Deutschland bin und nicht in Israel bei meiner Familie und meinen Freunden, dann gucke ich das Tattoo an - und dann weiß ich es wieder.
Dayan: Weil es immer mein Traum war, in Deutschland Handball zu spielen, seit ich mit zehn Jahren angefangen habe. Die Bundesliga ist die stärkste Liga der Welt, und Handball ist alles für mich. Man muss schnell, clever und stark sein. Mein Traum ist es, mal in der Champions League zu spielen und mit Israel bei einer WM.
Dayan: Direkt nach dem Trainingslager bekam ich ein Angebot für die A-Jugend-Bundesliga und die U23 in der Dritten Liga.
Dayan: Meine Eltern und meine kleine Schwester wussten sofort, dass ich unterschreibe. Sie haben nur gefragt: Wann ziehst du aus? In Israel macht man das eigentlich erst mit Mitte 20.
Dayan: Ehrlich gesagt kann ich gar nicht beschreiben, wie krass schwer es am Anfang war. Ich hatte keine Freunde, nicht einen Freund. Ich ging aufs Gymnasium und verstand kein Wort Deutsch. Mit der Sprache kamen langsam Freunde. Diese Zeit hat mich stark, selbständig und erwachsen gemacht. Ich weiß, was es heißt, alleine und einsam zu sein.
Dayan: Ja, das ist geil, wir treffen uns fast jedes Wochenende. Mit Snir Natsia vom TVG war ich zwei Jahre auf der Akademie und in einem Zimmer.
Dayan: ...ich stand vor der Wahl: Bundesliga oder weiter Schule. Es war keine Frage, was ich machen würde. (grinst)
Dayan: Als Dorf, in dem es nicht so viel zu tun gibt und in dem jeder jeden kennt. (lacht) Ich telefoniere jeden Tag mit meiner Familie. In der langen Pause war ich in Israel und hatte Angst, ob ich rechtzeitig hier ankommen würde. Ein Freund besuchte mich zu Hause, zwei Tage später rief er mich an und sagte mir, dass er Corona hat. Das war fünf Tage vor Beginn der Vorbereitung. Zum Glück waren meine zwei Tests negativ.
Dayan: Alle denken, wir haben die ganze Zeit Krieg, aber das stimmt nicht. Die letzte Rakete ist 2014 über mein Zuhause geflogen. Viele Israelis und Araber leben und arbeiten zusammen, auch ich habe viele arabische Freunde. Fast jeder kennt jemanden aus einer anderen Religion.
Dayan: Ich gehe manchmal in die Synagoge. In Würzburg wurde ich beim ersten Besuch nicht reingelassen. Stattdessen bekam ich es mit der Polizei zu tun.
Dayan: Der Hausmeister sagte mir, ich muss mich vorher anmelden. Ich hab mich vorgestellt und wollte noch ein paar Dinge wissen. Danach sind wir zum Vorbereitungsspiel nach Großwallstadt gefahren. Später hab ich rausgefunden, dass der Hausmeister aus Angst die Polizei angerufen hat, weil ein Unbekannter da war und Fragen gestellt hat. Dann kamen Polizisten und haben mit Waffen die Synagoge bewacht. Nach dem Spiel hat die Polizei mich angerufen.
Dayan: Nicht die schlausten, wenn ich darüber nachdenke. Ich wollte halt wissen, wann Gottesdienst ist, wann sie hier in der Synagoge einen bestimmten Feiertag feiern und wie viele da kommen. Einen Terrorist würde das auch interessieren. Dann musste ich zur Polizeistelle und drei Stunden lang Fragen beantworten.
Dayan: Das Essen. Ich esse nicht ganz koscher, aber kein Schwein, und vermisse sehr die Suppe und das Schnitzel von meiner Mama. An den Deutschen mag ich, dass sie so höflich sind. Israelis sind ein bisschen frech. Wir Männer sind Machos, haben viel Ego (richtet sich auf mit breiten Schultern) und keine Angst. (grinst) Zumindest würde ein Israeli nie Angst oder Schwäche zeigen. Auch wenn mir im Training etwas weh tut, sage ich das nicht.
Dayan: Sie ist schon manchmal Thema - und etwas, an das wir uns immer erinnern sollten, um daraus zu lernen. In Israel fliegt man mit 17 mit der Schule für eine Woche nach Polen zum Besuch im KZ. Deutsche fragen mich manchmal, ob ich böse auf sie bin. Ich sage dann immer nein. Keiner heute ist schuld daran, was damals passiert ist. Aber wir sind verantwortlich dafür, dass es nie wieder passiert.
Dayan: Nein, es gab nur ein paar schlechte Witze.
Dayan: 'Pass auf, wenn du duschen gehst.'
Dayan: Nur einmal in der A-Jugend. Ich war in einem Spiel auf den Rücken gefallen. Da sagte ein Gegenspieler: 'Steh auf, scheiß Ausländer!' Ich hoffe, er ist inzwischen erwachsen geworden. Aber sonst waren die Menschen bisher sehr lieb und warm. Keiner sollte sich in dieser Welt, in der sich überall Kulturen vermischen, über Nationalität oder Hautfarbe definieren. Nur dumme Menschen sind Rassisten.