Zumindest einer hätte einen Anlass gehabt, ein wenig zu feiern. Aber natürlich war ihm am frühen Sonntagabend danach auch nicht zumute. Florian Koch schlich mit gesenktem Kopf und mindestens genauso hängenden Schultern wie seine Kollegen von Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg nach der 68:80 (40:38)-Niederlage gegen den Syntainics MBC vom Parkett, nach der vierten Niederlage im vierten Heimspiel und der fünften in der siebten Begegnung. Mit seinem Korbleger ein paar Sekunden vor Schluss erzielte der 28-Jährige die letzten Zähler für die Baskets – und damit seinen 999. und 1000. Punkt in seinem 244. Bundesligaeinsatz. Die aktuelle Situation – nicht zwingend die durch Corona bedingte, eher die aktuelle sportliche seines Arbeitgebers – verbot aber auch kleinere Feierlichkeiten von selbst.
Gegen den MBC gelang den Baskets in den letzten knapp vier Minuten außer Kochs zweien kein einziger Zähler mehr – sie kassierten aber 14. Die Schlappe in dieser zwar bis gut zwei Minuten vor Ultimo spannenden, aber zwischendurch auch reichlich hektischen Partie alleine auf den Unterschied der Treff(un)genauigkeit aus der Distanz zu reduzieren, greift freilich zu kurz. Klar, vor allem in der zweiten Hälfte hatten die Gäste das Fernrohr gut nachjustiert: Acht von zwölf Versuchen von jenseits der 6,75-Meter-Linie fanden den Weg durch den Ring (67 Prozent) – bei den Baskets waren es drei bei gleichfalls zwölf Anläufen (25 Prozent).
Aber die wirklichen Gründe der Niederlage liegen tiefer. Viele Stunden, um wiederaufzuerstehen haben die Würzburger nicht. An diesem Dienstag (20.30 Uhr), zwei Tage vor jenem, an dem Christen die Geburt Jesu feiern, haben sie die Chance zur Wiedergutmachung. In Bayreuth treffen Denis Wucherers Schützlinge nun zum fünften Mal in dieser Runde auf einen Gegner, der ungefähr in derselben Preisklasse angesiedelt sein dürfte: Nach den Partien in Vechta und Chemnitz und gegen Braunschweig und MBC lautet die Bilanz für die Baskets: 2:2. Die Oberfranken haben bislang lediglich mit neuneinfünftel Mann gespielt, weil zwei im Zwölf-Mann-Kader noch gar nicht zum Einsatz kamen und einer gerade mal gut zwei Minuten. Trotzdem haben sie schon dreimal gewonnen (gegen Bonn, MBC und in Vechta) – ein Sieg mehr als die Unterfranken. Am Wochenende hat sich Bayreuth freilich von den zuvor bestimmt nicht überzeugenden Frankfurtern 104 Punkte einschenken lassen und mit 18 Unterschied verloren. Nicht zwingend gut fürs Selbstbewusstsein.
Baskets-Trainer Wucherer meinte am Sonntag – ganz bestimmt, ohne die detaillierte Statistik im Kopf zu haben –, dass Bayreuth ziemlich viele Punkte zulasse. 88 sind's im Schnitt (sie machen aber auch durchschnittlich gut 83). Die Baskets kassieren laut Statistik 83 pro Partie – und werfen 75. Was wäre Basketball, ohne all diese Zahlenhuberei? Vielleicht manchmal ein bisschen einfacher – weil Leistung in einer Mannschaftssportart, egal welcher, sich eben nicht immer zwingend in ein Zahlenkorsett und in Statistiken pressen lässt.
Wie dem auch sei: Wucherer hofft jedenfalls, dass seine Mannschaft "während des Spiels genügend Selbstbewusstsein aufbauen kann, um dann hinten raus, falls es eng werden sollte, einen vernünftigen Job zu erledigen". Was sie gegen den MBC eben nicht tat. Dazu braucht's aber auch einen, der - wenn es eng wird - das Kommando übernimmt. Und so einen haben die Baskets nicht. Weil die dafür Angedachten in richtig brenzligen Situationen meist viel zu viel mit sich beschäftigt sind, um die Kollegen anführen zu können. Insofern sollte es nicht erstaunen, wenn der Klub zeitnah versucht, sich ein nachträgliches Weihnachtsgeschenk zu machen – in Person eines weitestgehend stressresistenten Spielmachers. Nachdem solche Guards mit deutschem Pass sehr rar gesät sind und überdies dann für die Baskets unbezahlbar wären, darf man davon ausgehen, dass sie nach einem Ausländer Ausschau halten.
Was in diesem – dem Söldnertum huldigenden – Sport systemimmanent ist und aufgrund des Budgets offenbar dann notwendig wäre, auch zur Folge hätte, dass ein aktueller Importspieler seinen Vertrag nicht erfüllen dürfte: Die Baskets können (oder wollen?) sich keinen siebten Ausländer leisten wie zuletzt. Erster Streich-Kandidat aktuell: Zach Smith, der zwar verheißungsvoll in die Runde gestartet ist, aber seit der Rückkehr von Justin Sears so was von der Rolle ist, dass es die Grenze zum Mitleid zumindest tangieren darf.
Also, wer weiß: Vielleicht machen die Baskets sich in diesen komischen Zeiten ja auch zwei Weihnachtsgeschenke – eines vor Heiligabend und eines danach.