Jetzt oder nie! An diesem Mittwoch (18.30 Uhr) treffen die Zweitliga-Fußballer der Würzburger Kickers auf den FC St. Pauli. Es ist das Spiel des Letzten gegen den Vorletzten und die vielleicht schon letzte Chance für die Rothosen, sich aus dem selbst eingebrockten Schlamassel doch noch zu befreien. Trainer Bernhard Trares versucht gar nicht erst davon zu sprechen, dass die Saison ja auch nach diesem Kellertreffen noch 21 Spiele bereithält. "Es gibt nur eins: Wir müssen dieses Spiel gewinnen", sagt er. Die letzten drei Partien haben er und die Kickers verloren.
Trares hat sich offenbar vorgenommen, Entschlossenheit und Tatkraft ausstrahlen zu wollen. Da können die Sprachbilder auf der Internet-Pressekonferenz ruhig mal etwas einfacher ausfallen. "Jetzt geht es einfach um Eier", sagt er einsam auf dem Podium im Presseraum des Stadions am Dallenberg sitzend, blickt ernsthaft in die Kamera und verweist auf einen ähnlichen Spruch von Ex-Bayern-Keeper Oliver Kahn. Nicht, dass noch jemand denkt, heuer käme der Osterhase statt des Christkinds. Er meint etwas anderes: Keine Ausreden, kein Wenn und Aber. Trares nimmt seine Mannschaft in die Pflicht: "Wir brauchen jetzt nicht aufgrund unserer Situation jammern. Wir haben die Chance, das Blatt in eine andere Richtung zu drehen. Das ist das einzige Ziel."
Der Geist von Edelfingen
Das soll auch jeder wissen. Eine Art Kurztrainingslager soll die Sinne schärfen. Am Dienstagmittag machte sich das Kickers-Team auf den Weg nach Bad Mergentheim. Dort im Stadtteil Edelfingen hatte Trares bereits die erste Woche seines Engagements bei den Kickers mit seinen Schützlingen verbracht. Danach folgte der bislang einzige Saisonsieg gegen Hannover (2:1). Der Geist von Edelfingen soll es wieder richten. "Die Wichtigkeit dieses Spiels ist einfach zu hoch, um einen normalen Ablauf zu haben. Da muss man andere Maßnahmen ergreifen", sagt Trares.
Auf Komplimente für das engagierte Auftreten beim 1:2 beim 1. FC Nürnberg am Sonntag kann der Trainer verzichten: "Trotzdem haben wir am Ende den einen oder anderen Fehler zu viel gemacht." Und dann sei auch alles andere nichts mehr wert: "Wir brauchen Ergebnisse." Vor allem gegen ein Kellerkind wie St. Pauli. Die Hamburger seien, so Trares, "eine sehr spielstarke Mannschaft." Aber eben auch ein Team, das in dieser Saison schon viele Erwartungen enttäuscht hat. Und so sehen sich die Kickers vor dem Aufeinandertreffen, bei dem sie ihr Punktekonto von vier auf sieben aufbessern und bis auf einen Zähler an den Kiezklub heranrücken könnten, durchaus auf Augenhöhe.
Da spiele es dann auch gar keine so große Rolle, dass speziell in der Abwehr derzeit in Würzburg Personalnot herrscht, findet Trares: "Wer spielt, ist fit. Diejenigen, die auf dem Platz stehen, müssen es richten. Egal, wer aufläuft." Ewerton ist noch einmal rotgesperrt. Lars Dietz plagt noch immer seine Fußverletzung, Douglas musste in Nürnberg mit Oberschenkelbeschwerden schon in der ersten Halbzeit ausgewechselt werden. Danach fehlte es den Kickers sichtbar an Körpergröße. Mit Folgen: die Würzburger verloren fast 70 Prozent der Kopfballduelle. Auch im eigenen Strafraum kamen die Kickers nur bei zwei von neun Luftzweikämpfen an den Ball. Das entscheidende Gegentor in der Nachspielzeit fiel durch einen Kopfball nach einer Ecke.
Auch Nzuzi Toko musste in Nürnberg angeschlagen das Feld verlassen. Bei ihm scheint Trares noch Hoffnung zu haben, dass es mit einem Einsatz gegen St. Pauli klappt. "Er ist ein wahnsinnig wichtiger Spieler", sagt der Kickers-Trainer über den Schweizer. Auch weil Toko "extrem viel kommuniziert" , sei er der richtige Mann für die Mittelfeld-Zentrale. Trares wünscht sich am Mittwoch "eine laute Mannschaft", in der für Tokos Landsmann Ridge Munsy derzeit kein Platz zu sein scheint. Der mit vielen Vorschusslorbeeren vom FC Thun verpflichtete Angreifer blieb am Samstag über die kompletten 90 Minuten außen vor. Schon gegen Sandhausen (2:3) war er erst in den Schlussminuten eingewechselt worden. "Er muss hart arbeiten, dass er stabil ist, damit er, wenn er spielt, seine beste Leistung bringen kann. Es kommt nicht auf den Namen oder das Alter an", sagt Trares über seine Aufstellung.
"Ich trage hier die größte Verantwortung"
Da spiele dann auch das Nervenkostüm keine Rolle. Drucksituationen, wie die derzeit bei den Kickers, müsse ein Profi aushalten: "Im Fußball muss man solche Dinge abschalten können. Den Druck muss man in Energie umwandeln." Was aber wenn die Sache schief geht? Wenn auch gegen St. Pauli nicht der zweite Saisonsieg gelingt. Ist die Saison für die Kickers dann schon gelaufen? "Ich denke derzeit nicht an die Saison, sondern nur an dieses eine Spiel", sagt Trares, für den aber auch feststeht: "Ich trage hier die größte Verantwortung."