Eine symbolischere Szene gab es in den gesamten 40 Minuten nicht: Es war nicht einmal mehr eine Minute noch zu spielen im dritten Viertel, und die hoffnungslos unterlegene Mannschaft lag konsequenterweise mit 24 Punkten (46:70) zurück, also bereits seit längerem schon im Grunde spielentscheidend, eigentlich seit der Halbzeit (34:51). Der wiedergenesene Nils Haßfurther dribbelte zum Korb, traute sich dann aber nicht zu versuchen, das Spielgerät hineinzulegen, obwohl das kein allzu großes Kunststück gewesen wäre. Er passte doch noch mal nach außen zu Florian Koch. Der ließ die Kugel an der 6,75-Meter-Linie entlang weiterwandern zu Perry Jones. Das schaute ganz nett aus, was selten genug vorkam in dieser Begegnung. Jones schmiss den Ball beim Versuch, Alex King anzuspielen, dann einfach ins Seitenaus.
Auf den Spuren der Harlem Globetrotters
Es war einer der letztlich insgesamt 22 Ballverluste von Bundesligist s.Oliver Würzburg bei den Basketball Löwen Braunschweig, und es war, weiß Gott, noch nicht einmal der dilettantischste. Dass die Würzburger bei ihrer 21. Saisonniederlage mit dem Endergebnis von 80:90 noch sehr gut bedient waren, lag nicht so sehr daran, dass sie sich gegen Ende der Partie doch noch einmal etwas zusammenrissen und Ergebniskosmetik betreiben durften, sondern vielmehr an dem Schongang, den die gastgebenden Südniedersachsen im Schlussabschnitt einlegten. Fast schon übertrieben lässig begaben die Hausherren sich auf die Spuren der Harlem Globetrotters, also jenem aus Chicago stammenden Show-Team, das kunstfertigen Basketball mit Party-Elementen und Slapstick-Einlagen garniert. Am Donnerstagabend in Braunschweig freilich boten allenfalls die Baskets zwischendurch fast schon ein bisschen Slapstick. Ungewollt natürlich!
Im Grunde hatten die Unterfranken zu keinem Zeitpunkt der Partie den Hauch einer reellen Chance auf ihren zehnten, den Klassenerhalt endgültig sichernden Saisonerfolg bei dem Start-Ziel-Sieg der Gastgeber, der lediglich Mitte des ersten Viertels ein einziges Mal von einem Remis (7:7) kurzzeitig aufgehalten wurde. So gerieten die Baskets im ersten Abschnitt bereits mit elf Zählern in Rückstand (10:21), im zweiten dann mit 19 (32:51) und im dritten sogar zwischenzeitlich mit 27 (40:67).
Entsprechend bedient war Baskets-Trainer Denis Wucherer im Anschluss. Sehr, sehr selten in dieser Spielzeit klang der 47-Jährige derart angefasst bei seinen Analysen wie am Donnerstagabend, als er sich sogar genötigt sah, den Anhang um Verzeihung zu bitten: "Für unseren blutleeren Auftritt in den ersten drei Vierteln muss ich mich bei all unseren Fans, die das live verfolgt haben, entschuldigen." Nachvollziehbare Gründe für diese nach den durchaus Mut machenden Leistungen gegen Bamberg und in Hamburg gänzlich unerwartete desolate Vorstellung hatte er direkt nach der enttäuschenden Begegnung freilich auch noch nicht: "Für einige waren wohl die vier Tage Regeneration nach dem kräftezehrenden Doppelspieltag zu wenig. Andere waren mit dem Kopf vielleicht schon woanders, und wiederum andere waren heute damit überfordert, einen einfachen Pass zu spielen."
Viel punktgenauer kann man diese in jedem Fall bundesligauntaugliche Darbietung nicht umschreiben. Und dennoch könnten die Baskets bereits an diesem Freitagabend den Klassenerhalt auf dem Sofa erleben. Sollten die Kellerkinder Gießen (in Chemnitz) und Vechta (gegen Berlin) ihre Spiele verlieren, hätten sie, selbst wenn sie ihre dann verbleibenden drei Spiele allesamt gewinnen, auch rechnerisch gar nicht mehr die Chance, die Würzburger einzuholen, auch wenn die alle ihre restlichen vier Spiele verlieren.
Die Baskets würden freilich auch einen derartigen Ligaverbleib mit Handkuss annehmen, nach einer– wie Wucherer meinte – "Saison voller Überraschungen, Erlebnissen und auch Enttäuschungen. Da denkst du, du hast schon alles in dieser Saison gesehen und erlebt, und dann so was wie heute . . . Das war, das muss man so klar sagen, über weite Strecken einfach kein Bundesliga-Niveau, weder individuell, noch als Mannschaft."
Auf jeden Fall dürfen sich seine Spieler glücklich schätzen, in dieser Spielzeit nicht mehr auf Dienstreise gehen zu müssen. "Würden wir noch ein Auswärtsspiel haben, dann würden wir mit der Regionalbahn anreisen, denn mehr haben wir nicht verdient", meinte Wucherer noch. So aber ging es mit dem Bus durch die Nacht zurück nach Würzburg, wo nun die ganze Konzentration den letzten vier Heimspielen innerhalb von acht Tagen gilt. Am Sonntag (20.30 Uhr) empfangen die Unterfranken Titelverteidiger Alba Berlin, der zuletzt die sich offensichtlich auf ihr Euroleague-Viertelfinale konzentrierenden Münchner Bayern in deren Audi Dome beim 100:62-Triumph brutalst demütigte. Am Mittwoch darauf (20.30 Uhr) kommt Chemnitz, ehe es noch am Freitag (19 Uhr) im Nachholspiel gegen Frankfurt und am Sonntag (15 Uhr) dann passend zum Saisonabschluss gegen Schlusslicht Vechta geht.
Aber vielleicht kommt es unterm Strich auf all diese Partien ja gar nicht mehr an. Wie meinte Florian Koch in Braunschweig mit Blick auf die nächste Aufgabe so treffend: "Berlin ist ja jetzt tendenziell eher ein Gegner, der uns nicht so liegt." Mit so einer Ein- und Vorstellung wie am Donnerstag schon gar nicht.