
Nach dem 2:1 (1:1) gegen Fortuna Düsseldorf machten die Würzburger Kickers eine Welle. Vor der Hintertor-Tribüne, auf deren Stufen früher einmal, bevor ein Virus auf dieser fußballrunden Welt das Kommando übernahm, die lautstärksten Rothosen-Fans standen, hatten sich die siegreichen Akteure aufgereiht. Sie schmissen vor den leeren Rängen die Arme nach oben, als würden sie gerade mit ihren Anhängern feiern. Eine Geste sollte das wohl sein. Die Mehrzahl der Spieler im Würzburger Kader haben noch nie im Kickers-Trikot vor Zuschauern am Dallenberg gespielt.
Es wird dieser Tage oft über eine mögliche Entfremdung des Fußballs von seinem Publikum gesprochen. Wie sehr fiebern die Anhänger derzeit überhaupt mit, mit ihrem Verein? Insofern war das Banner, dass in Würzburg vor Spielbeginn zu sehen war, schon erwähnenswert: "Eine Stadt, ein Verein, ein Ziel: Kämpfen für den Klassenerhalt" stand da auf gut 50 Metern Länge geschrieben. Sicher nicht das Werk eines Einzelnen. Am Ende hielt das Stück dem Wind nicht Stand. Doch die Botschaft des Zusammenhalts, sie scheint angekommen zu sein.
Es war schon auffällig, wie sehr Doppeltorschütze Ridge Munsy den Teamgeist bei seinen Ausführungen nach der Partie in den Mittelpunkt stellte. Da war nichts zu spüren von persönlicher Genugtuung. Obwohl gerade der 30-jährige Schweizer doch allen Grund dazu gehabt hätte, wo er doch beinahe schon als Fehleinkauf abgestempelt worden war. Den Rang als Stürmer Nummer eins hatte er längst verloren.
Doch nun bildet er mit Marvin Pieringer eine Doppelspitze. Das 4-4-2-System, mit dem die Rothosen an den vergangenen beiden Spieltagen agierten, scheint aber nicht nur bei Munsy ein bislang selten sichtbares Potenzial herauszukehren. Am Freitag zeigte auch Mitja Lotric, dass ihm die zentrale offensive Mittelfeldrolle besonders liegt. Er hatte bei fast jedem der vielen Konter in der zweiten Halbzeit seine Füße im Spiel. Und dabei war mit David Kopacz ein in dieser Saison gesetzter Mittelfeld-Akteur diesmal gelbgesperrt. Es erscheint längst nicht sicher, dass er gleich ins Team zurückkehrt.
Der Kickers-Kader scheint sich gerade neu zu ordnen, neue Hierarchien scheinen zu entstehen. Und aufgrund der großen Anzahl von Akteuren hat Trares viele Variationsmöglichkeiten. Die Tiefe des 31-Mann-Kaders hat bisweilen ihre Vorteile. So schenkte der Kickers-Coach am Freitag Douglas als Innenverteidiger das Vertrauen. Einem Akteur also, der nach seinen bisherigen Auftritten eher skeptisch gesehen wird im Kickers-Umfeld. Auch Trares setzte kaum noch auf ihn. Diesmal aber schien ihm der Brasilianer genau der richtige Mann zu sein. "Mit Douglas war ich auf jeden Fall zufrieden. Es war sein Spiel. Bei den Platzverhältnissen hast du viele Luftduelle. Er hat fast fehlerfrei gespielt", sagte Trares über den Routinier, der anstelle des gelbgesperrten Hendrik Hansen aufgelaufen war.
Ein Anfang ist gemacht. Aber die Konkurrenz schläft nicht. Weil sowohl St. Pauli (4:3 in Heidenheim) als auch Sandhausen (2:0 gegen Nürnberg) gepunktet hat, haben die Kickers sechs Zähler Rückstand auf Relegationsplatz 16. Ohne den Sieg vom Freitag hätte es schon ganz finster ausgesehen. Es braucht eine Erfolgsserie, um wieder Anschluss zu finden. In der Zweitliga-Tabelle des Jahres 2021 liegen die Würzburger nach sieben Spielen auf Rang elf - unteres Mittelfeld. Die Kickers werden sich noch weiter steigern müssen.