Am Schluss verhinderte Lukas Herzog das völlige Debakel aus Sicht der Gäste. Sein Dreier zum 65:104-Endstand sorgte dafür, dass das Bamberger 95:54 aus den Play-offs im Mai 2016 der bisher höchste Derby-Sieg im Duell Ober- gegen Unterfranken bleibt. Mehr als eine Randnotiz war die Ergebniskosmetik an diesem einmal mehr denkwürdigen Abend in der tectake Arena aber letztlich nicht.
Jahrelang waren Würzburgs Bundesliga-Basketballer nach den oft ungleichen fränkischen Kräftemessen wie geprügelte Hunde vom Feld geschlichen, hatten Hohn und Spott der Bamberger Anhänger über sich ergehen lassen. Am Freitagabend nun hatte der auf Normalmaß geschrumpfte ehemalige Serienmeister – Helau! – die Narrenkappe auf. Oder anders gesagt: Eigentlich war alles wie früher, nur andersherum.
"Was Schöneres, als mit so einem Ergebnis gegen Bamberg zu gewinnen, kann man sich als Würzburger Junge in seinem 200. Bundesliga-Spiel nicht wünschen", resümierte Kapitän und Jubilar Felix Hoffmann, der auch die "dunkle Derbyseite" zur Genüge kennt: "Ich war schon dabei, als wir die ein oder andere Packung bekommen haben. Normalerweise sind wir die Underdogs, dieses Mal haben wir ein bisschen Payback geliefert."
Es war in einer ohnehin schon bemerkenswerten Saison der Baskets ein Abend der Superlative, der die Fan-Seele in besonderem Maße gestreichelt haben dürfte. Der siebte Derby-Erfolg war selbstredend nicht nur der deutlichste im 29. Aufeinandertreffen, es war auch der höchste Baskets-Sieg in der Bundesliga überhaupt. Mit nun 13 Siegen aus 18 Partien stehen die Würzburger so gut wie nie zuvor im Oberhaus zu diesem Saisonzeitpunkt da. Nach den darbenden Corona-Jahren verbreitet die zum vierten Mal in dieser Saison ausverkaufte, altehrwürdige "Turnhölle" stimmungsmäßig wieder altbekannten Schrecken bei der Konkurrenz.
Der 39-Punkte-Differenz-Triumph gegen Bamberg war der fünfte Heimsieg in Serie. "Es gibt nichts Besseres als solche Erfolge. Es hat riesigen Spaß gemacht, in dieser Atmosphäre so ein Spiel hinzulegen. Wir hatten ein unglaubliches Energie-Level, haben in der Verteidigung Stopps erzwungen und vorne natürlich überragend getroffen", resümierte US-Flügelspieler Zac Seljaas, der mit 18 Punkten (4/4 Dreier) abermals einer der Leistungsträger war.
Friseur-Team verpasst Fans der Baskets Seljaas-Vokuhila
Mitte des dritten Viertels, als die Partie sportlich längst entschieden war, forderte Seljaas mit geballten Fäusten und rudernden Armen das Publikum zu noch mehr Unterstützung auf. "Nach meinem Geschmack saßen die Leute in diesem Moment ein bisschen zu viel rum", sagte der 26-Jährige, um im gleichen Moment laut loszulachen: "Nein, im Ernst: Das war aus der Emotion heraus. Dieser Support ist crazy, unsere Fans waren wieder fantastisch."
Seljaas genießt nicht nur wegen seiner sportlichen Leistungen längst Kultstatus bei den Baskets-Fans. Seine Vokuhila-Frisur animierte am Freitag zahlreiche Anhänger, sich im oberen Foyer der Halle von einem professionellen Friseur-Team den gleichen Look wie ihr Idol verpassen zu lassen.
Bloß Baskets-Headcoach Saša Filipovski wollte in die allgemeine Heiterkeit nur bedingt einstimmen, resümierte gewohnt sachlich und analytisch: "Natürlich war es mit Sicherheit eines unserer besten Spiele, seit ich hier in Würzburg bin. Wir haben unsere Distanzwürfe sehr gut getroffen, und auch inside ist fast alles reingegangen. Das sieht dann einfach aus, es ist aber nicht einfach. Im Laufe einer Saison hat jedes Team vielleicht ein oder zwei Spiele wie wir heute."
Bamberg trennt sich von Trainer Oren Amiel
Der 49-jährige Slowene fühlte aber auch mit seinem Gegenüber Oren Amiel und setzte fast schon zu einer Verteidigungsrede für ihn an: "Oren und ich kennen uns sehr gut, wir sind gute Freunde, und ich habe viel Respekt für ihn. Solche Spiele wie heute passieren im Basketball. Ich wünsche Bamberg, dass es dieses Spiel schnell abhaken kann", so Filipovski auf der Pressekonferenz.
Genützt hat es dem Israeli freilich nichts. Noch am Samstag gaben die Bamberger die Trennung von ihrem Cheftrainer bekannt nach einem Saisonverlauf "mit unglücklichen, dummen und nun auch entsetzlichen Niederlagen", wie Bambergs Geschäftsführer Philipp Höhne in erstaunlich undiplomatisch gewählten Worten mitteilte.
Die Würzburger indes dürften bei ihrer kommenden Aufgabe deutlich mehr gefordert werden. Bereits am Aschermittwoch sind die Baskets bei Verfolger MHP Riesen Ludwigsburg (20 Uhr/MHP-Arena) zu Gast.