Die Würzburger Kickers haben nicht lange gebraucht, um die Zweifel zu zerstreuen. Vor dem ersten Pflichtspiel 2024 hatten nicht wenige ein Jahr zurückgeblickt, als die lange Winterpause für die Rothosen auch ein Einschnitt gewesen war. Als das Team mit vier sieglosen Partien zum Jahresstart alle Chancen auf die Meisterschaft verspielt hatte. Alles Vergangenheit! Diesmal gab es zum Jahresauftakt ein souveränes 4:0 (2:0) gegen die SpVgg Ansbach und für die Kickers die Erkenntnis, sich auf sich selbst verlassen können.
Schließlich war dieser Erfolg auch das Produkt der Trainingsarbeit in der Winterpause. Gegen einen Gegner, der sich zum Ziel gesetzt hatte, sich möglichst vielbeinig den Würzburger Angriffen in den Weg zu stellen, waren es wieder einmal die Standardsituationen, die die Kickers auf die Siegesstraße brachten. Zwei Eckbälle und eine Freistoßflanke bereiteten die ersten drei Pflichtspieltore des Jahres vor, ehe zum Abschluss noch ein hübsch heraus kombinierter Treffer fiel.
Sind die vielen Standardtore ein Makel? Sicherlich nicht! "Die Standards bekommst du ja nicht geschenkt, sondern die musst du dir erspielen", stellte Trainer Marco Wildersinn fest. Und die Effizienz, mit der die Rothosen die Ecken und Freistöße nutzten, war beileibe kein Zufall.
Auch auf Mallorca haben die Würzburger Kickers Standards trainiert
Es war im Trainingslager der Würzburger Kickers auf Mallorca. Da hatte Co-Trainer Dominik Lang mit Hütchen zwei kleine Rechtecke im Strafraum markiert. Immer wieder traten verschiedene Schützen den Ball von der Eckfahne so, dass er genau in den markierten Zonen einen sich dorthin bewegenden Mitspieler traf. Grundlagentraining war das. "Es geht darum, sich über Übung in Sachen Timing zu verbessern", erklärte Lang damals.
Er ist bei den Kickers gemeinsam mit Torwarttrainer Daniel Bernhardt auch für die Analyse der Standard-Stärken und -Schwächen jedes Gegners zuständig. Ein zeitraubender Teil der täglichen Arbeit ist das. Sämtliche Standardsituationen des Gegners in den fünf bis sieben vorangegangen Spielen werden am Bildschirm analysiert. "Je nachdem wie ein Gegner verteidigt, gibt es immer ein paar Angebote. Es geht darum zu erkennen, welche Räume sich bieten, wo der Gegner seine Schwächen hat", so erklärte Lang bei einem Treffen auf Mallorca die Herangehensweise. "Sie sind sehr akribisch", lobte Wildersinn am Samstag seine Assistenten: "Und bei den Standards haben sich ja tatsächlich dort die Räume ergeben, wo wir sie vermutet hatten."
Zufall waren die Kopfballtreffer von Saliou Sané (26.), Peter Kurzweg (43.) und Marius Wegman (55.) also keineswegs. "Wir haben da schon eine unheimliche Wucht", stellte Wildersinn mit Blick auf die vielen kopfballstarken Akteure fest. Mit Winter-Neuzugang Lukas Gottwalt ist nun sogar noch ein weiterer hinzugekommen. Aber nicht nur, was die Torschützen angeht, sind die Kickers bei Standards schwer auszurechnen. Gegen Ansbach waren es drei verschiedene Akteure, die nach ruhendem Ball die Vorlage lieferten: Ivan Franjic, Dardan Karimani und Fabian Wessig.
Womit wir auch schon bei der zweiten aus Kickers-Perspektive erfreulichen Erkenntnis des Samstags sind: Die Breite im Kader ist trotz einiger kleinerer Verletzungen in den Wintermonaten eher noch gewachsen. Dass ein vermeintlicher Schlüsselspieler wie Ivan Franjic aufgrund eines schmerzhaften Blutergusses, mit dem er sich bereits in der Trainingswoche herumplagte, frühzeitig ausgewechselt wurde, sorgt für keinen Bruch im Spiel. Ein Unterschied zur Vorsaison, als auch Ausfälle und Formschwächen von Leistungsträgern das Zwischentief im Frühjahr mit verursachten.
Fabian Wessig macht auf sich aufmerksam
Anstelle von Franjic bekam mit Wessig ein anderer Akteur eine Bewährungschance und zeigte eine ansprechende Vorstellung. "Für ihn war es extrem bitter, dass er zunächst draußen sitzen musste, nachdem er in den letzten Testspielen immer gespielt hat. Aber die anderen sind eben derzeit noch einen kleinen Tick vor ihm." Doch nicht nur im Mittelfeld scheint die Konkurrenzsituation größer geworden zu sind. Zum einen, weil sich manche Spieler aus der zweiten Reihe, durch die Blessuren anderer in den Testspielen in den Vordergrund spielen konnten und weil mit den Verpflichtungen von Torhüter Johann Hipper und dem fast schon gesetzten Innenverteidiger Lukas Gottwalt zusätzliche Qualität ins Team gekommen ist.
So habe ihm auch die misslungene Generalprobe bei Süd-West-Regionalliga-Tabellenführer Stuttgarter Kickers (0:2) keine allzu großen Sorgen bereitet, verriet Wildersinn. "Wie die Jungs im Training arbeiten, wie sie nach dem Stuttgart-Spiel untereinander in den Austausch gegangen sind, das hat mich schon sehr zuversichtlich gestimmt."
Die Kickers haben gleich zum Jahresstart in der Regionalliga eine Duftmarke gesetzt, auf dem Rasen und auch in der Tabelle, wo sie nun wieder zwei Zähler vor Verfolger DJK Vilzing liegen und noch ein Spiel mehr zu absolvieren haben als der Tabellenzweite. Es soll keinen Zweifel geben, dass die Rothosen heuer Großes vorhaben. "Wir wollen alle ein Ziel erreichen, das ist der Aufstieg", so Torschütze Wegmann am Samstag.
Fußball: Regionalliga Bayern, Männer
FC Würzburger Kickers – SpVgg Ansbach 4:0 (2:0)
Würzburg: Friedsam – Hemmerich (61. Haas), Wegmann, Gottwalt, Kurzweg – Franjic (39. Wessig), Zaiser, Meisel – Karimani (61. Caciel), Sané (79. Sausen), Junge-Abiol (74. Moll).
Ansbach: Heid – Bayerlein (84. Oberseider), Weeger, Brekner – Abadjiew, Haag (74. Sauerstein), Kestel (71. Frisch), Seefried, Schmidt (63. Belzner) – Kroiß, Sperr (74. Herzner).
Schiedsrichter: Johannes Hamper (Kulmbach).
Zuschauende: 2439.
Tore: 1:0 Saliou Sanè (26.), 2:0 Peter Kurzweg (43.), 3:0 Marius Wegmann (55.), 4:0 Saliou Sané (79.).
Wie wollte denn Ansbach das Spiel gewinnen ( Eigentore der Kickers)
Grausam was Ansbach anzubieten hatte.