Wird er gebeten, ein kleines Fazit zu ziehen nach nunmehr sechs Wochen Vorbereitung auf die neue Saison, nimmt sich Denis Wucherer erst ein wenig Bedenkzeit, ehe er schließlich sagt: "Ordentlich." Und die heftige 63:100-Klatsche beim Turnier in Rostock gegen Liga-Kontrahent Hamburg nennt der Cheftrainer von Basketball-Bundesligist s.Oliver sogar "gut". Auch wenn er das direkt nach dem Spiel auf der Heimfahrt im Bus so "bestimmt noch nicht eingeschätzt" hat. Die Abfuhr habe die Mannschaft näher zusammenrücken lassen, meint Wucherer, und "die Qualität im Training der letzten zwei Wochen" habe sich kräftig gesteigert. Was man beim 82:86 im Test gegen Bonn auch gesehen habe. Ein guter Schritt nach vorne sei das gewesen.
Und jetzt also das erste Pflichtspiel: Am Sonntag (15 Uhr) geht's in Weißenfels im Pokal-Wettbewerb gegen die MHP Riesen Ludwigsburg, am Wochenende darauf dann in Ulm am Samstag gegen Bamberg und am Sonntag gegen die Gastgeber. "Losglück sieht anders aus", sagte Felix Hoffmann bereits bei der Bekanntgabe der Gruppen vor einigen Wochen, und er wiederholt es an diesem Donnerstag nach dem für die Medien - natürlich unter coronakonformen Hygienebedingungen und mit Maskenpflicht - zugänglichen Training.
Der frisch gebackene Vater Hoffmann ist mit 31 inzwischen der Bundesliga-Erfahrenste im Team und nach Neuverpflichtung Micah Downs (34) der Zweitälteste. Seit geraumer Zeit ist Hoffmann schon als Papa der Kompanie auch eine Art Integretationsbeauftragter für die Neuen. Nun ist er das auch offiziell - als von Wucherer ernannter Kapitän. Auf die Verantwortung in der dann aber doch neuen Rolle freut er sich genauso wie über das Vertrauen des Trainers. Gerne übernehme er die Aufgabe, "verlängerter Arm von Denis" auf dem Parkett zu sein, und er hat auch bereits festgestellt: "Die Jungs hören auf mich."
Und welche Bilanz der Vorbereitung zieht der Kapitän? "Wir hatten einige negative Überraschungen, aber auch einige positive", sagt Hoffmann, der aus Erfahrung weiß, dass die Eindrücke auch nicht überbewertet werden sollten, da Pflichtspiele immer eine ganz andere Hausnummer sind: "Wir hatten auch schon Vorbereitungen, die waren wirklich super, und dann sind wir ziemlich schlecht in die Saison gestartet." Hoffmann verweist auch darauf, dass "wir eine ganz junge neue Mannschaft haben" und meint wohl auch, dass damit Überraschungen programmiert sind, negative wie positive. "Gegen Hamburg hat man gemerkt, dass jeder mit sich selbst beschäftigt war und von der aggressiven Verteidigung in der Bundesliga vielleicht auch etwas überrascht war. Aber gegen Bonn haben wir sehr gut Basketball gespielt, das war ein Fortschritt."
Nicht nur die Baskets, die gesamte Liga ist dank Corona heuer noch ein wenig mehr Wundertüte als üblicherweise. Wucherer umschreibt das so: "Man weiß vorher nie, was passiert, wenn das Licht angeht." Der Coach vermisste das Trainingslager, weil in der Fremde nicht nur der körperliche Grundstock gelegt wird, sondern die Spieler durch das ständige Zusammensein sich im besten Falle noch besser kennen lernen und zusammenrücken. Mit dem Teambuilding zu Hause sei das nicht zu vergleichen, selbst wenn er seine Mannen zweimal am Tag zum Üben bittet. Für Wucherer sind die drei Pokalpartien mehr als Vorbereitungsspiele - es gehe schließlich gegen drei heiße Play-off-Kandidaten. Ein Wiedersehen feiern die Baskets am Sonntag mit Jordan Hulls, der die letzten Jahre für Würzburg Körbe verteilte und inzwischen in Ludwigsburg untergekommen ist.
Zuschauer sind in Weißenfels übrigens zugelassen - im Gegensatz zu den Partien in Vechta, wo außer den heimischen Rastafari Gießener, Göttinger und Frankfurter wetteifern. Wegen zu vieler Corona-Neuinfektionen: Bei über 77 lag der Inzidenzwert im niedersächsischen Landkreis, der entschied, trotz strengem Hygienekonzept keine Zuschauer zuzulassen.