Mehr als zwölf Stunden Anreise nach Patras, dann fällt auch noch der beste Verteidiger krankheitsbedingt aus und es folgt eine erste Halbzeit zum Vergessen, in der Gegner Patras über seinem Limit spielt. Bei den FIT/One Würzburg Baskets ging es am Mittwochabend im zweiten Gruppenspiel der Basketball Champions League zur Pause eigentlich nur noch um Schadensbegrenzung. Da waren sich auch beim Public Viewing der Sponsoren im Trainingszentrum alle einig.
Nur die Mannschaft war wohl anderer Meinung. "Wir haben uns in der Kabine in der Halbzeit gesagt, dass wir hier nicht hingeflogen sind, um uns abschlachten zu lassen", meinte Interimstrainer Dejan Mihevc, der den ebenfalls erkrankten Sasa Filipovski ersetzte. Die Ansprache zeigte Wirkung. Außerdem machte der Slowene seinen Spielern Mut, indem er eine einfache Rechnung aufstellte. "Wenn wir jede Minute nur einen Punkt aufholen, dann gewinnen wir am Ende mit vier Punkten", erläuterte er seinem Team in der Halbzeit die Mathematik eines Basketballspiels.
Den Sieg widmet Mihevc den Verletzten und Kranken
Ganz linear verlief die Aufholjagd zwar nicht und am Ende sprang nur ein 79:77 (34:50)-Erfolg heraus, aber an Kleinigkeiten muss man sich bei der nächsten sensationellen Aufholjagd der Baskets im europäischen Wettbewerb nicht aufhalten. Jhivvan Jackson entschied die Partie schließlich mit einem Sprungwurf aus der Mitteldistanz 1,5 Sekunden vor Schluss. "Weil wir als Trainerteam nie aufgegeben haben, haben auch die Spieler weiterhin daran geglaubt", ist sich Mihevc sicher. Den Sieg widme er Filipovski und den Spielern, die nicht auf dem Feld stehen konnten oder sogar verletzt in Würzburg bleiben mussten.
Die erste Halbzeit hatte der 46-jährige Co-Trainer der slowenischen Nationalmannschaft schnell analysiert und seiner Mannschaft vor allem mitgegeben, dass es nicht helfe, sich in der Defensive zurückzunehmen. "Wir haben in der ersten Halbzeit vorsichtig gespielt, waren dann einen Schritt zu spät und haben entweder Körbe oder Fouls kassiert", erklärte Mihevc, der nicht zum ersten Mal Filipovski vertrat. Er habe seine Spieler motiviert, mehr an sich zu glauben, weil sie sonst sowieso chancenlos seien.
Mehr Mut und Defense machen den Unterschied
Nach 50 Punkten in der ersten Halbzeit kassierten die Baskets nach Mihevc' Ansprache nur noch 27 Zähler. Der Schlüssel zum zweiten Erfolg in der Zwischenrunden-Gruppenphase, der die Baskets vor der Länderspielpause in eine sehr angenehme Ausgangsposition gehievt hat. Mehr Mut und eine strategische Veränderung waren die zwei Faktoren, die diese Verbesserung ermöglichten.
Beim Pick and Roll ließ Mihevc in der Verteidigung letztendlich den Gegenspieler tauschen, was zu vielen Eins-gegen-Eins-Situationen von kleinen, schnelleren Aufbauspielern bei Patras gegen die Würzburger Center-Spieler führte. "Klar war das ein Nachteil, aber wir haben ihnen damit die anderen Dimensionen im Spiel genommen. Sie konnten sich nicht mehr aussuchen, wie sie punkten wollen, sondern waren limitierter", versuchte sich Mihevc an einer vereinfachten Erklärung. "Die erste Halbzeit war Basketball vom Spielplatz, die zweite dann mehr Schach", fügte er noch hinzu.
Sonderlob für Williams, Dawkins und Klassen
Ein Sonderlob erteilte er dabei nicht nur Tyrese Williams, der elf seiner 15 Punkte im dritten Viertel erzielte, und Aubrey Dawkins, der elf seiner 18 Punkte im Schlussviertel auflegte, sondern vor allem Owen Klassen. Der kanadische Centerspieler war mit sieben Punkten und sechs Assists nicht übermäßig auffällig. "Er hat in der Defensive und beim Rebound enormen Einfluss gehabt. Wie oft Klassen Pässe abgefälscht hat, war entscheidend", analysierte Mihevc aber.
Dann musste er seinen Koffer packen, denn in fünf Stunden klingelte der Wecker. Zwölf Stunden Rückreise standen bevor und außerdem "ist alles, was in der Vergangenheit war, im Sport nicht mehr so wichtig", philosophierte Mihevc. Damit kam der Filipovski-Zögling noch nicht ganz an die Sprüche seines Meisters heran, aber im eng getakteten Spielplan der Baskets mit zwei weiteren Spielen innerhalb von einer Woche hat er auch ein bisschen recht.
Basketball: Champions League
Promitheas Patras – FIT/One Würzburg Baskets 77:79 (29:21, 21:13, 15:21, 12:24)
Patras: Iwundu 16, Varnado 15, Davis 14, Shittu 9, Karagiannidis 8, Bazinas 6 (11 Assists), Chrysikopoulos 5, Williams 4, Reese, Prekas, Walker (alle drei nicht eingesetzt),
Würzburg: Jackson 21, Dawkins 18, Williams 15, Lewis 9, Steinbach 9, Klassen 7 (6 Assists), Skladanowski, Ugrai, Gerhard (nicht eingesetzt).
Rebounds: 32 – 32. Vorlagen: 23 – 19. Ballverluste: 8 – 13. Treffer aus dem Feld: 31/67 (46%) – 28/55 (51%). Dreier: 3/20 (15%) – 8/22 (38%). Freiwürfe: 12/15 (80%) – 15/17 (88%). Schiedsrichter: Boris Krejic (SLO), Gvidas Gedvilas (LTU), Alexandre Deman (FRA).
